GK170 - Die mordenden Bilder
geworden. Der Mann hatte offenbar Halluzinationen gehabt, hatte jemanden, den keiner sah, händeringend angeheult, ihm nicht das Leben zu nehmen, war dann aber doch gestorben. Ein gesunder Mann in den besten Jahren. Und was hatte der Arzt festgestellt? Herzstillstand! Wie bei einem alten Menschen, der einfach zu leben aufhört.« Ich konnte verstehen, dass Frank dies eigenartig fand.
»Ich kann mir nicht helfen, Tony, aber irgendetwas stimmt an Gibbsons Tod nicht. Aus diesem Grund wollte ich dich bitten, der Sache nachzugehen. Vielleicht irre ich mich. Vielleicht ist alles in Ordnung. Vielleicht gibt es diesen Instinkt gar nicht, der mir sagt, dass hier eine teuflische Gemeinheit im Gange ist.«
Wir vereinbarten alles Nötige. Dann legte ich auf.
Bevor ich mit Vicky sprach, gurgelte ich mit Whisky. Hinterher brachte ich ihr so schonend wie möglich die kleine Programmänderung bei.
Sie war davon zwar nicht gerade erbaut, aber sie sah ein, dass ich Frank in dieser undurchsichtigen Situation nicht im Stich lassen konnte.
Wir flohen am nächsten Tag.
Und nun saßen wir in der Maschine der BOAC und hatten nur noch dreißig Flugminuten vor uns.
Die Stewardess kam vorbei. Ich ließ mir von ihr einen Scotch on the rocks bringen und genoss jeden einzelnen Schluck.
Bald danach meldete sich der Flugkapitän über Bordlautsprecher.
Er sagte, New York wäre bereits in Sicht, die Landung stünde kurz bevor, man möge das Rauchen einstellen und sich anschnallen.
Silver öffnete die Augen. Er hatte nicht geschlafen. Wir legten den Gurt an.
»Wovon hast du geträumt?«, fragte ich meinen Freund.
Er schmunzelte hintergründig. »Ich habe nicht geträumt, Tony.«
»Sondern?«
»Ich habe versucht, mich in deine Gedanken einzuschalten«, erwiderte der Ex-Dämon.
»Und? Ist es dir gelungen?«, wollte ich wissen.
»Nicht auf Anhieb«, sagte Silver.
Er war ein Mann voller Geheimnisse. Eigentlich wusste ich nur sehr wenig von ihm. Er liebte es nicht, über seine Vergangenheit zu sprechen.
Ich wusste nur, dass ihn der Dämonenrat einst ausgestoßen hatte, weil er verschiedentlich zu weich gewesen war und mehrmals sogar gute Taten vollbracht hatte. Seither war der Geächtete zum erbittertsten Feind der Dämonen geworden.
Viele seiner früheren Eigenschaften waren verkümmert. Auch heute befand sich Mr. Silver immer noch mitten in einem undurchschaubaren Wandlungsprozess. Er beherrschte zahlreiche Fähigkeiten von einst, die für ihn damals eine Selbstverständlichkeit waren, nicht mehr. Er war im Laufe der Zeit zu einem anderen geworden und veränderte sich immer noch.
Dieses ununterbrochene neue Werden machte meinen Freund unsicher. Er wusste heute selbst nicht mehr genau, wozu er noch fähig war, und es bedurfte manchmal einer ausweglosen, beinahe tödlichen Situation, damit er sich an seine Fähigkeiten von einst erinnerte.
Unser Düsenklipper durfte nicht sofort auf dem Kennedy Airport landen. Wir wurden in einen Luftwarteraum gelotst, wo wir kreisend die Landeerlaubnis abwarten mussten.
Dreißig Minuten später rollte der Jet vor dem gewaltigen Flughafengebäude aus. Wir betraten New Yorker Boden. Die Zollformalitäten gingen glatt vonstatten.
Und dann erblickte ich Frank. Er trug einen taubengrauen Anzug, sah aus wie ein Typ, der noch vor wenigen Minuten in einem Herrenmoden-Journal aus Paris zu bewundern gewesen war.
Lachend kam er auf uns zu. Wir schüttelten uns die Hand. Er begrüßte Mr. Silver ebenso herzlich wie mich.
Eine von Franks ersten Fragen lautete: »Was hat Vicky gesagt?«
»Sie hasst dich.«
Frank erschrak ehrlich. »Im Ernst, Tony?«
Ich grinste Silver an. »Weißt du, was mir an Frank so sehr gefällt? Man kann ihn prima auf den Arm nehmen.«
Wir luden unser Gepäck in Esslins Wagen. Er fuhr uns zu sich nach Hause. Ein schönes altes Gebäude im Tudor-Stil. Erst kürzlich renoviert. Nähe College Point in Queens.
Frank hatte einen Innenarchitekten bemüht, um seinem Heim eine besondere Note zu geben. Er führte uns durch alle Räume, zeigte uns die Gästezimmer. Unser Rundgang endete im Living-room. Auf der fahrbaren Hausbar standen ausschließlich Markengetränke. Ich ließ mir einen Johnnie Walker aufdrängen.
Frank wies mit dem Daumen nach oben. »Wenn ihr euch frisch machen wollt…«
»Später«, fiel ich ihm ins Wort. »Erst hätte ich noch gern alles das über M. G. Black erfahren, was ich noch nicht weiß.«
Wir saßen uns gegenüber. Frank versuchte uns ein Bild zu vermitteln,
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