GK189 - Dämonen an Bord
sagst du dazu?« fragte ihn Achat.
Torrez hob die Schultern. »Soviel Reichtum fiel uns schon lange nicht mehr in die Hände.«
Achat nickte. Er kniff die Augen zusammen und blickte zur verdüsterten Sonne. »Alaara möchte ihren Anteil haben.«
»Sie verdient ihn«, sagte Torrez mit ernster Miene.
Alaara war die Galionsfigur des Piratenschiffes. Sie wurde von Kapitän Achat und seinen Männern wie eine Göttin, verehrt. Geheimnisvolle Kräfte wohnten in ihr. Magische Kräfte. Dämonische Kräfte. Es gab nichts, wovor Kapitän Achat Angst gehabt hätte. Doch Alaara fürchtete er. Sie führte ein rätselhaftes Eigenleben, schützte die Piraten vor Stürmen und Unheil, verlieh ihnen die Kraft, bei Überfällen zu siegen, forderte dann aber ihren Anteil an der Beute. Und noch niemals hatte es einer der Piraten gewagt, zu sagen, dies oder jenes wäre zu schade, um Alaara geopfert zu werden.
Es gab eine flache Schale vorne am Bug.
Alaaras Schale. Da hinein mußten Kapitän Achat und seine Leute alles das legen, was die magische Galionsfigur haben wollte.
Mehr und mehr verfinsterte sich der Himmel. Alaaras unheimlicher Geist breitete sich über das Piratenschiff. Die harten, grausamen Piraten beugten ihre Knie vor Alaara. Ihre angespannten Gesichter waren der schwarzen Opferschale zugewandt. Fauchend sprang in dieser Schale plötzlich eine hochlodernde Flamme an. Das rotglühende Feuer tanzte nervös leckte zum düsteren Himmel empor, nahm die Gestalt eines Mädchens an.
»Alaara«, seufzten die Piraten ängstlich.
Auch Kapitän Achat beugte seine Knie vor dieser unheimlichen Erscheinung. Er dachte an den prachtvoll verzierten Obsidiandolch, den er bei dem jungen spanischen Kapitän gefunden hatte. Alaara konnte alles von ihm verlangen, nur diesen Dolch nicht. Den wollte er behalten. Sorgsam verbarg Achat die Waffe in seinem Wams.
Das brennende Mädchen streckte einen Arm aus. Sie nahm nun nacheinander mit allen Piraten telepathischen Kontakt auf. Jeden sprach sie persönlich an. Und der Angesprochene erhob sich, um Alaara jenes Opfer zu bringen, das sie von ihm verlangte.
Achat beobachtete seine Leute. Einer nach dem anderen begab sich zur Opferschale, legte etwas hinein, wandte sich schweigend um und kehrte an seinen Platz zurück. Alaara verschlang die Opfergaben mit großer Gier. Kaum lagen sie in der Schale, legte sie ihre Feuerhände darauf. Und Sekunden später war nichts mehr davon vorhanden.
Achat wartete.
Er bemerkte, wie durch Torrez’ Körper ein Ruck ging. Nun erhob er sich. Und genau wie alle anderen brachte er Alaara widerspruchslos sein Opfer.
»Und nun zu dir, Achat!« hörte der Kapitän Alaara sagen.
»Was darf ich dir opfern?« fragte Achat, ohne zu sprechen.
Alaara lachte. »Du weißt schon, was ich haben möchte.«
»Tut mir leid, ich habe keine Ahnung.«
»Ich möchte das haben, was du so eifrig vor mir verbirgst.«
Achat seufzte. »Wie kommst du denn darauf, daß ich etwas vor dir verberge, große Alaara?«
»Achat!« herrschte Alaara den Kapitän wütend an. »Wofür hältst du mich?«
»Du bist unsere Beschützerin…«
»In mir wohnt der Geist der Finsternis. Ich gehöre den Wesen des Schattenreiches an. Ihr habt mich um meinen Schutz gebeten, und ich war bereit, euch diesen Schutz zu gewähren. Mit den beiden Bedingungen, die ich daran knüpfte, wart ihr restlos einverstanden. Du warst bereit, auf diesem Ozean grausam zu herrschen, und du hast gelobt, mir jedes Opfer darzubringen, das ich verlange.«
»Ich stehe zu diesem Gelöbnis, große Alaara«, behauptete Kapitän Achat mit gesenktem Haupt.
»Das tust du eben nicht!« schrie Alaara in Achats Geist. »Du versuchst mich zu hintergehen. Du möchtest mich betrügen. Du willst mir etwas vorenthalten, das ich haben möchte!«
»Wovon sprichst du, Alaara?«
»Ich warne dich, Achat. Reize mich nicht länger!«
Die anderen Piraten hoben zaghaft den Blick. Noch nie hatte das Feuer in der Opferschale so hell und so hoch gebrannt. Es zischte, knisterte und knackte in dem großen, flachen Behälter. Eine sengende Hitze breitete sich an Deck aus. Die Piraten schwitzten. Jene, die in der vordersten Reihe knieten, wichen furchtsam zurück.
»Du kannst meinetwegen die Hälfte des Goldes haben«, bot Achat an.
»Du wirst jetzt den Obsidiandolch aus deinem Wams holen und ihn mir bringen, Achat!«
»Warum begnügst du dich nicht mit dem Gold?«
»Ich will den Dolch haben! Hör auf, mir zu widersprechen, Achat! Zum Teufel, ich
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