GK195 - Totentanz im Hexenclub
Sie waren aufgeputscht von den Zeitungsmeldungen und wollten sich gern mal einen ganz persönlichen Schauer holen.
»Wo hat die Kent gehangen?« fragte neben mir ein Mädchen seinen Freund.
»Dort — glaube ich«, sagte der langhaarige Junge. An seinem Kinn wuchs ein dünner Ziegenbart.
»Und der Sergeant? Wie hieß er doch gleich?«
»Phil Smallbridge.«
»Ja. Wo hing der?«
»Auch dort — glaube ich.«
»Huch!« rief das Mädchen aus und kicherte. »Ist das gruselig.«
Auf dem Podium zuckten die nackten Leiber von zwei attraktiven Gogo-Girls zu den kochenden Rhythmen, die aus den Lautsprechern jaulten. Ich schaute mich interessiert um. An der Innenausstattung der Diskothek war kaum etwas verändert worden. Nur was kaputtgegangen war, war von Henry Magoon und Lissy Vandem erneuert worden. Magoon machte seine Sache gut. Besser als Avery Joyce, der Disc-Jockey vor ihm. Magoon lockerte die Darbietungen mit Scherzen auf. Er animierte die Gäste zum Tanzen und brachte eine Bombenstimmung in die Bude.
Ich bekam nur noch einen Stehplatz an der Theke.
Lissy Vandem bediente mich mit einem Pernod. Sie hatte so viel zu tun, daß sie kaum zum Atemholen Zeit fand. Ich blieb, bis das Lokal schloß. Alle Gäste gingen heim. Nur ich nicht. Ich setzte mich auf einen der Hocker. Magoon kam zu mir. Er war mir nicht böse, weil ich die Diskothek nicht mit den anderen Gästen verlassen hatte. Wir kamen ins Plaudern. Ich beglückwünschte ihn und Lissy zu ihrem Erfolg. Er lud mich zu einem Drink ein. Ich erzählte ihm, was mich mit dieser Diskothek verband.
Er versicherte mir, daß es, seit der Witch Corner seine Pforten wieder geöffnet hatte, zu keinerlei außergewöhnlichen Vorfällen gekommen wäre.
Lissy bestätigte das.
Magoon lachte. »Sie hatte entsetzliche Angst, den Betrieb hier aufzunehmen. Doch nun hat sie eingesehen, daß diese Angst völlig unbegründet war.«
Ich bemerkte, daß ich in den nächsten Tagen öfter kommen wollte.
»Wir freuen uns über jeden Gast, Mr. Ballard«, sagte Henry Magoon freundlich. Ich ging.
***
»Ein netter Mensch, dieser Ballard, findest du nicht auch, Lissy?« fragte Magoon, als er mit seinem Mädchen allein war.
»Sehr nett«, sagte Lissy Vandem geistesabwesend.
Magoon machte Kassensturz. Er zählte die Einnahmen und lachte dabei ununterbrochen. Seine Augen glänzten. Er war restlos begeistert. »Baby, unsere Einnahmen übertreffen meine kühnsten Erwartungen!« rief Henry übermütig aus. Er nahm seine Freundin bei den Hüften. »Lissy, wir haben eine Goldgrube gekauft! Wir sind auf dem richtigen Wege, reich zu werden!« Lachend hob Magoon das Mädchen hoch.
»Henry, was soll das?« protestierte Lissy. »Was machst du denn?«
Er trug sie ins Büro, versetzte der Tür einen Tritt, sie knallte ins Schloß.
»Laß mich sofort runter, Henry!«
Er warf das Mädchen auf die Couch und bedeckte ihr Gesicht mit heißen Küssen.
»Henry! Sag mal, Henry, bist du verrückt geworden?«
»Verrückt!« keuchte Magoon und lacht heiser. »Ja. Verrückt nach meinem Baby.« Seine Hände tasteten ihren geschmeidigen Körper ab. Er suchte den Reißverschluß ihres Kleides.
»Henry, das geht doch nicht!«
»Warum nicht? Wir sind allein. Wir lieben uns… Ich sehe nicht ein, warum wir es nicht tun sollten.«
»Doch nicht hier.«
»Gerade hier. Wir sind hier zu Hause, Baby.«
Lissy ließ ihn gewähren, doch sie fand keinerlei Gefallen daran. Es war ihr — und das war ihr noch nie passiert, wenn sie mit Henry zusammen gewesen war — sogar unangenehm, denn sie fühlte sich während der ganzen Zeit beobachtet.
***
Danach half ihr Henry lächelnd ins Kleid.
»Wir werden noch in diesem Jahr heiraten, einverstanden, Baby?«
»Okay«, sagte Lissy. Sie küßte Henry und war froh, daß er nicht gemerkt hatte, mit welchem Gefühl sie sich ihm hingegeben hatte.
»Jetzt machen wir den Laden dicht und fahren nach Hause.«
»Ich wollte die Bestellisten noch durchsuchen.«
»Hat das nicht bis morgen Zeit?«
»Was du heute kannst besorgen…« Henry Magoon verschloß dem Mädchen mit einem Kuß den Mund. »Das ist mein Baby«, sagte er grinsend. »Emsig wie eine Biene. Wir beide müssen einfach reich werden.«
Lissy legte ihrem Freund die Hand auf die Lippen. »Pst!« machte sie. Ihr Blick wanderte unruhig zur ledergepolsterten Tür. Jetzt hörte es auch Magoon. Jemand schien in der Diskothek Flöte zu spielen. Zunächst klang das nicht mal so schlecht, aber dann paßten die Harmonien nicht
Weitere Kostenlose Bücher