GK198 - Der Stierdämon
ausgelöscht worden, wo er dem Stierdämon zur Gefahr hätte werden können. Mir fiel ein, daß ich die Sache dem Inspektor melden mußte.
Der Verkehr wurde dichter, als ich die Stadtgrenze von Teheran erreichte. Ich ließ den Mercedes des Anwalts im Wagenpulk die Straße entlangrollen, änderte zweimal die Fahrtrichtung und bog schließlich in den Boulevard Elizabeth II. ein.
Kurz darauf ließ ich Musas Mercedes auf dem Parkplatz des INTO-Hotels stehen. Verdammt noch mal, ich kam nicht zur Ruhe, seit ich meinen Fuß auf persischen Boden gesetzt hatte.
Der Dämon hielt mich ganz schön in Trab. Ich hoffte, nun eine kleine Verschnaufpause einlegen zu können, fuhr zu meinem Zimmer hoch und setzte mich neben das Telefon.
Ich schaute den Hörer nachdenklich an, und im Geist formulierte ich den Bericht, den ich an Aftabe Jamshid weitergeben wollte. Als ich die Geschichte beisammen hatte, hob ich den Hörer ab und ließ mich von der Telefonistin mit dem Büro des Inspektors verbinden.
Ich hatte Glück. Jamshid war da. »Ah, Mr. Ballard«, sagte er. Es klang erfreut.
Das veranlaßte mich, zu fragen: »Den Ford Pinto schon gefunden, Inspektor?«
»Leider nein. Rufen Sie deshalb an?«
»Nein. Dafür habe ich einen anderen Grund«, erwiderte ich, und dann schnurrte ich die Story ab, wie ich sie mir vorhin im Geist aufgesetzt hatte. Meine Erzählung erstaunte ihn offensichtlich. Vermutlich hätte er mir kein Wort geglaubt, wenn wir nicht schon persönlichen Kontakt miteinander gehabt hätten. Er kannte mich und wußte, daß ich nicht flunkerte, sondern die reine Wahrheit sagte.
Hinterher meinte ich noch: »Ich möchte, daß Sie vor allen Dingen deshalb davon Kenntnis haben, daß es zu einem späteren Zeitpunkt nicht etwa heißt: Ballard hat Mahmud Musa umgebracht und anschließend das Haus über seinem Leichnam angezündet.«
Der Inspektor lachte. »Aber Mr. Ballard, wem sollte dieser Unsinn denn einfallen?«
»Ich wurde mit Musa zusammen hier im Hotel gesehen. Wir fuhren miteinander weg. Da ist schnell irgendein belastendes Indiz zusammengereimt. Ich möchte dieser Lanze rechtzeitig die Spitze nehmen, verstehen Sie.«
»Natürlich.«
Er erneuerte sein Versprechen, mich anzurufen, sobald der Ford Pinto gefunden war. Dann legten wir gleichzeitig auf.
In diesem Moment flog von hinten eine Gestalt auf mich zu. Etwas wischte über mein Gesicht. Eine Schlinge. Mit einem Ruck zog sie sich um meinen Hals zusammen und nahm mir schmerzhaft den Atem.
***
Als die Schrecksekunde vorüber war, flogen meine Hände hoch. Meine Finger versuchten sich zwischen Hals und Schlinge zu schieben, doch die Schnur schnitt so tief in mein Fleisch ein, daß für meine Finger kein Platz mehr war.
Mir flimmerte es vor den Augen. Jetzt spürte ich, daß mir der Kampf gegen die Flammen in Musas Haus doch wesentlich mehr Kräfte geraubt hatte, als ich annahm. Ich hatte mich auf der Rückfahrt zwar erholt, aber ich war noch nicht wieder ganz der alte.
Der Mann, der mich erdrosseln wollte, stemmte mir sein Knie ins Kreuz. Er zerrte wie verrückt an seiner Schlinge. Ich ließ meine Ellenbogen nach hinten zucken, verfehlte mit beiden Schlägen jedoch seinen Körper.
Mein Kehlkopf schmerzte entsetzlich. Ich sah nur noch eine Chance, freizukommen. Blitzschnell ließ ich mich fallen. Keuchend fiel der Mann mit der Schlinge mit mir.
Die Schnur lockerte sich um einige Millimeter. Ich bekam kurz Luft. Doch der nächste kraftvolle Ruck machte ein Atmen schon wieder unmöglich.
Mit beiden Armen faßte ich nach hinten. Ich versuchte den Kopf des Kerls zu fassen. Meine Hände schlossen sich um seinen Schädel. Ich riß ihn nach vorn, krümmte gleichzeitig den Rücken, zerrte ihn über meine rechte Schulter und stemmte mich beidbeinig hoch, als er mit seinem Oberkörper über meiner Schulter war.
Das raubte ihm den festen Stand.
Er schlug ein Rad in der Luft und knallte dann mit dem Kreuz auf den Boden. Seine Hände waren von der Schlinge abgeglitten. Ich fegte sie mir mit einer wilden Handbewegung vom Hals, hustete, massierte die schmerzende Kehle und warf mich meinem Gegner entgegen, als dieser herumrollte und auf die Beine schnellte.
Verblüfft starrte ich in sein Gesicht.
Es war Dr. Werner Krause!
***
Krause – mein Todfeind!
Das war mir unbegreiflich. Warum wollte er mich töten? Haß loderte in seinen Augen. Ich hatte ihm in der vergangenen Nacht das Leben gerettet. Das hinderte ihn jedoch nicht daran, mir das meine jetzt nehmen zu
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