GK198 - Der Stierdämon
wollen.
Was war mit ihm während meiner Abwesenheit geschehen? Wütend wie ein Berserker stürmte er auf mich los. Das war nicht mehr der Krause, den ich kannte.
Sein Haar war zerzaust. Sein Gesicht war von Mordlust verzerrt. Mit gespreizten Fingern stach er nach meinen Augen. Ich fing seinen Arm blitzschnell ab und setzte in derselben Sekunde einen schmerzhaften Hebel an.
Er heulte furchtbar auf, schlug mit der anderen Hand nach mir, und ich streckte ihn mit einem brettharten Handkantenschlag nieder, ehe mir einer seiner Schläge gefährlich werden konnte.
»Krause!« schrie ich ihn wütend an. »Sind Sie verrückt geworden? Warum wollten Sie mich erdrosseln?«
Er krebste auf allen vieren auf dem Boden herum und versuchte dann, mich mit einem Rammstoß umzuwerfen, doch als er mit seinem Schädel auf meinen Bauch zuschoß, ließ ich mein rechtes Bein hochschnellen.
Der Treffer warf ihn weit zurück. Er ächzte, war benommen, konnte sich nicht mehr erheben. Keuchend lag er auf dem Rücken, die Arme weit von sich gestreckt. Sein Brustkorb hob und senkte sich schnell.
»Verdammt noch mal, Krause, was ist denn bloß in Sie gefahren?« fragte ich, und dann zündete es bei mir.
Es mußte tatsächlich etwas in ihn gefahren sein .
Etwas, das sein Tun nun lenkte. Er selbst hatte nicht den geringsten Grund, mich zu ermorden. Aber jemand anderer hatte allen Grund, es zu tun.
Und dieser andere hatte Werner Krause zu seinem Werkzeug gemacht. Sofort schickte ich mich an, Krause von diesem bösen Einfluß zu befreien.
Ehe der Deutsche zu neuen Kräften kommen konnte, packte ich ihn mit der Linken am Hals. Ich drückte ihn nieder, so fest ich konnte, und preßte ihm gleichzeitig meinen magischen Ring gegen die pochende Schläfe.
»Weiche, Dämon!« brüllte ich aus Leibeskräften. »Weiche aus dem Geist dieses Menschen!«
Aus dem Mund des Arztes fuhr ein langgezogener qualvoller Schrei. Bestürzung und Schmerz entstellten Krauses Gesicht. Er versuchte sich aufzubäumen, doch meine Linke ließ das nicht zu.
Heulend mußte er den furchtbaren Schmerz ertragen, den ihm die magische Kraft meines Ringes zufügte. Plötzlich bildeten sich auf seinen Lippen schwarze Blasen. Es wurden immer mehr. Hunderte waren es im Bruchteil weniger Sekunden. Sie verdampften, stiegen auf, schwebten als schwarze Wolke durch den Raum.
Krauses Körper erschlaffte im selben Moment. Das hieß für mich, daß ihn das Böse verlassen hatte. Dort oben schwebte es, in der Gestalt dieser verfluchten schwarzen Wolke.
Mit einem Satz war ich bei ihr. Meine geballte Rechte zuckte mitten hinein in das tiefe Schwarz. Ein Schrei, der von Tausenden von Satanskehlen ausgestoßen worden zu sein schien, jagte durch den Raum. Die Wolke zerplatzte wie eine Seifenblase, war von einer Sekunde zur anderen nicht mehr vorhanden.
Erschöpft sank ich in einen Sessel.
Wie viele Teufeleien hat der Stierdämon noch auf Lager?, fragte ich mich, während ich geistesabwesend meine brennende Kehle massierte.
***
Krause brauchte lange, um zu sich zu kommen.
Ich flößte ihm Whisky ein. Er lag nun auf meinem Bett. Als er die Augen aufschlug, schaute er mich verwundert an. »Mr. Ballard!«
»Wie fühlen Sie sich, Doktor?« fragte ich ihn. In meiner rechten Hand hielt ich die Schlinge, mit der er mich erdrosseln wollte.
»Warum fragen Sie?«
»Sie wissen nicht, was geschehen ist?«
»Wie komme ich in Ihr Zimmer?«
»Auf Ihren eigenen Beinen«, antwortete ich.
Er fuhr sich über die Augen, als wollte er ein lästiges Insekt verscheuchen. »Ich fühlte mich nicht wohl, machte mir deshalb eine Injektion. Danach schlief ich ein.«
Ich schüttelte mit einem starren Grinsen den Kopf. »Sie waren verdammt munter, mein Lieber.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
Ich zeigte ihm die Schlinge und erzählte ihm, was passiert war. Er hörte mir ungläubig zu. Seine Wangen wurden grau. Seine Augen fingen bestürzt zu flattern an.
»Mein Gott, das darf doch nicht wahr sein, Ballard!« stöhnte er, als ich geendet hatte. »Ich wollte Sie tatsächlich umbringen?«
»Nicht Ihr Geist wollte es, sondern nur Ihr Körper.« Ich erzählte ihm von der schwarzen Wolke, die aus seinem Mund geflogen war. Unwillkürlich faßte er sich an die bebenden Lippen.
»Das… das alles ist so entsetzlich!« stammelte er überwältigt.
»Möchten Sie noch Whisky haben?«
»Ja. Ich glaube schon.«
Ich gab ihm zu trinken, und als er mir das leere Glas zurückgab, sagte ich mit fester Stimme: »Sie
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