GK249 - Die Furie
Schrank.
Teres mußte all ihren Mut zusammennehmen, um die Schranktür zu öffnen. Der Dämon wußte natürlich, was sie vorhatte, und er wollte sie mit der Kraft seines Geistes zwingen, es nicht zu tun.
Aber Teres Pool trotzte seinem Willen. Sie ignorierte seine schwarzen Befehle. Sie konzentrierte sich auf das Kreuz. Ihre Hand legte sich in großer Eile auf die Schmuckschatulle. Sie klappte den Decke auf, und als ihr Blick auf das Kruzifix fiel, spürte sie einen heftigen, stechenden Schmerz, der ihr mitten durchs Herz fuhr.
Sie wankte und mußte sich an den Schrank klammem.
Kleine Schweißperlen glänzten auf ihrer Stirn. Es kostete sie eine übermenschliche Anstrengung, dem Bösen zu widersagen.
Das Wesen aus der Unterwelt tobte vor Wut.
Teres Pool war für einen Moment wie gelähmt. Sie konnte ihre Arme nicht bewegen. Der Dämon ließ es nicht zu. Sie kämpfte verzweifelt gegen ihn an. Ihr Vorhaben mußte gelingen. Jetzt gleich, denn ein zweitesmal würde sie nicht mehr die Kraft aufbringen, sich dem unbändigen Willen des Unholds zu widersetzen.
Er quälte sie.
Teres Pools hübsches Gesicht verzerrte sich. Sie stieß einen heiseren Schrei aus und überwand die lähmende magische Hürde, die der Teufel für sie errichtet hatte. Ihr war klar, daß sie rettungslos verloren war, wenn es ihr heute nicht gelang, sich aus der dämonischen Umklammerung zu befreien. Der Höllenbastard würde sie für diese Tat hart bestrafen. Er würde sie so grausam foltern, daß ein schwerer Schwächeanfall sie vielleicht schon in wenigen Tagen dahinraffte.
Nur das Kreuz konnte ihn davon abhalten, ihrem Leben ein Ende zu setzen.
Das goldene Kruzifix würde ihn schwächen und vorübergehend zur Untätigkeit verdammen… Wenigstens bis zum Einbruch der Dunkelheit.
Bis dahin mußte getan sein, was Teres sich vorgenommen hatte.
Ein harter, beschwerlicher Weg lag vor ihr, aber sie war entschlossen, ihn zu beschreiten.
Es gab nur diese eine Möglichkeit freizukommen.
Teres Pools Finger schossen auf das Goldkreuz zu, krallten sich um die Kette, rissen sie hoch.
Der Dämon wehrte sich zornig gegen das Kreuz. Ein schrecklicher Kampf tobte im Inneren des Mädchens. Der Unhold wollte nicht zulassen, daß Teres sich das Kruzifix um den Hals hängte. Er würgte sie. Er versuchte, ihr das Herz abzudrücken. Er setzte alle ihre Nervenstränge in Brand. Teres kreischte gequält. Sie wand sich unter schrecklichen Krämpfen. Ihre Gliedmaßen zuckten und verdrehten sich wie bei einem epileptischen Anfall. Schaum flockte mit einemmal auf Teres’ Lippen. Sie röchelte und kämpfte verbissen mit sich selbst. Ihr Körper wollte ihr nicht mehr gehorchen. Es war ihr unmöglich, sich die goldene Kette um den Hals zu legen. Die Krämpfe wurden so schlimm, daß sie das Mädchen niederwarfen.
Teres rollte keuchend über den Boden.
Ihre zitternden Hände näherten sich ihrem Hals bis auf wenige Zentimeter, die sie dann nicht mehr zu überwinden vermochte. Sie war in Schweiß gebadet. In ihrem ganzen Leben hatte sie sich noch niemals so entsetzlich angestrengt. Sie merkte, wie ihre Kräfte abbauten. Sie wußte, daß sie für immer verloren war, wenn sie es heute nicht schaffte, sich das Kruzifix umzuhängen. Verzweifelt mobilisierte sie noch einmal alles, was in ihr war.
»Tu das verdammte Ding weg!« brüllte der Dämon in ihr.
»Nein! Nein! Nein!« schrie Teres Pool aus Leibeskräften. »Ich will dich aus meinem Leib verbannen! Damit kann ich es tun!«
»Du Närrin, du weißt doch, daß du mir damit nichts anhaben kannst!«
»Doch. Das Kreuz wird dich schwächen. Dein Einfluß auf mich wird nicht mehr so stark sein!«
»Ich kann dich jederzeit zwingen, das blöde Ding wieder abzunehmen!«
»Kannst du nicht! Weil es das Gute versinnbildlicht. Es wird mich stärken, wird mir neue Kräfte verleihen, die ich gegen dich einsetzen werde! Ich kriege dich aus meinem Körper! Ich schaffe es! Du wirst es sehen!«
Mit einem wilden Ruck überwand Teres Pool die Dämonensperre. Als das Goldkreuz ihre Brust berührte, stieß sie einen gellenden Schmerzensschrei aus. Beinahe hätte sie das Kruzifix von sich geschleudert. Wenn sie das getan hätte, wäre sie nicht mehr zu retten gewesen. Im allerletzten Augenblick verhinderte sie diesen verhängnisvollen Reflex.
Sie hakte die Schließe zu.
Sofort war wieder dieser entsetzliche zentnerschwere Druck auf Teres Pools Brust. Sie bekam kaum Luft. Sie warf japsend den Kopf hin und her.
»Nimm es ab!«
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