GK249 - Die Furie
können. Jeder Muskel im Körper des großen Mannes wurde hart. Sein stechender Bück richtete sich auf einen der Heizkessel. Er war mit einemmal sicher, daß sich das Mädchen dahinter verborgen hielt. Bevor er weiterging, berührte er das fünf Zentimeter große Silberkreuz, das auf seiner behaarten Brust lag. Er hatte den Eindruck, daß es ihm zusätzliche Kräfte verlieh. Mit gefurchter Stirn versuchte er eine wirksame Formel der Weißen Magie zusammenzubekommen, doch das klappte nicht. Er war viel zu aufgeregt, um gründlich genug nachdenken zu können. Dann wollte er das Mädchen also noch einmal mit jenem Bannspruch geißeln, der ihm geläufig war.
Langsam schlich Herb Wancey auf den Heizkessel zu.
Als er ihn erreicht hatte, legte er seine Hand auf das Metall. Er holte tief Luft und schrie den Bannspruch sodann mit voller Lautstärke heraus. Der Erfolg stellte sich augenblicklich ein.
Ein markerschütterndes Geheul flog durch den Keller.
Das Mädchen wirbelte zischend und fauchend hinter dem Heizkessel hervor. Sie war halb Mensch, halb Dämon. Ihre glutroten Augen hefteten sich auf Wancey. Sie hob die krallenbewehrten Hände und wollte sich auf den großen Mann stürzen, aber da erblickte sie das Silberkreuz an seiner Brust. Ein Lichtreflex traf sie. Sie kreischte geblendet auf, schlug die Arme vor die Augen, warf sich herum und jagte davon.
Herb Wanceys Wagemut trieb ihn hinter der Bestie her.
Das Mädchen erreichte eine Metallleiter. Wieselflink turnte sie die Sprossen nach oben. Wancey erreichte die Leiter wenige Augenblicke später. Er folgte dem Mädchen unerschrocken. Er war zuversichtlich, daß er den Dämon in die Schranken weisen konnte. Ein heißes Jagdfieber brachte seine Stirn zum Glühen. Endlich konnte er alles, was er in der Theorie oftmals durchexerziert hatte, in der Praxis anwenden.
Er würde seinen ersten Dämon vernichten!
Dieser Triumphgedanke peitschte ihn die Leiter hoch.
Teres Pool stand auf einem schmalen Laufsteg, der über das Röhrengewirr führte.
Ihr Atem ging schnell. Sie nahm mehr und mehr das Aussehen des in ihr lebenden Dämons an. Bald war ihr Gesicht zur krebsroten Fratze geworden. Sie floh nun nicht mehr vor Wancey. Sie blieb stehen und erwartete ihn mit zuckenden Krallen.
Herb Wancey vertraute auf die Kraft seines Silberkreuzes.
Er nahm es mit einer fließenden Bewegung ab, hielt es an der Kette, ließ es vor sich hin und her baumeln.
Der Dämon knurrte wutentbrannt.
»Ich mach’ dich fertig, du Teufel!« zischte Herb Wancey mit schmalen Augen. »Ich mach’ dir den Garaus! Ich vernichte dich!«
Er machte zwei schnelle Schritte auf den Dämon zu. Eigentlich hätte das Scheusal erschrocken zurückweichen müssen, doch es blieb wie angewurzelt stehen. Das machte Herb Wancey stutzig. Wieso hatte das Kreuz auf das Schattenwesen plötzlich nicht mehr die gewünschte Wirkung? Hatte sich der Unhold mit einem magischen Schild abgeschirmt? Wancey überlegte krampfhaft, wie er diesen Schild durchbrechen konnte. Er hatte da mal etwas gelesen… Verdammt, wie war das doch gleich gewesen?
Die dunkelblaue Zunge des Monsters huschte über die Lippen. Der Satan lachte knurrend. »Jetzt bist du mit deiner Weisheit am Ende, was?«
Wancey konnte nicht wissen, daß der Dämon all seine Kräfte aufbieten mußte, um dem schmerzhaften Anblick des Kreuzes zu trotzen. Schon der nächste Schritt hätte dem Unhold schwer zu schaffen gemacht, doch Wancey unterließ ihn, weil er zu unerfahren war. Der Dämon bluffte, und Herb Wancey fiel auf diesen Bluff herein. Er verlor das Vertrauen in sein Silberkreuz, und das sollte ihm gleich darauf zum Verhängnis werden.
Der Dämon riß mit einem wilden Schrei die Pranken hoch.
Wancey erschrak zutiefst und wich mit schockgeweiteten Augen zurück. Dabei stolperte er über seine eigenen Füße. Um nicht zu fallen, klammerte er sich an das eiserne Geländer. Als sich seine Finger darum schlossen, entglitt ihm die Kette mit dem Silberkreuz. Es fiel zwischen zwei dicke Heizrohren, und Herb Wancey konnte es nicht mehr sehen.
Seine Unerfahrenheit wurde von dem schrecklichen Dämon eiskalt genützt.
Nun gab es nichts mehr, was den Unhold davon abhalten konnte, Wancey anzugreifen.
Der große Mann wollte sich die Bestie mit dem ihm geläufigen Bannspruch vom Leib halten, doch das Schattenwesen ließ ihm nicht die Zeit, ihn auszusprechen.
Wancey wurde von dem Höllenbiest gepackt und hochgerissen. Er war für den Dämon so leicht, als bestünde er
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