GK266 - Die weiße Göttin
Mädchen.
»Wenn die Kofferräuber wirklich der Kaiman-Bande angehören, möchte ich nicht in der Haut Ihrer Freunde stecken. Diese Männer sind verdammt gefährlich. Sie sind böse und gemein. Niemand wagt es, sich ihnen in den Weg zu stellen, weil ihre Rache schrecklich ist.«
»Was sind das für Männer?« wollte Vicky wissen.
»Gangster sind es.«
»Warum nennt man sie die Kaiman-Bande?«
»Angeblich gibt es einen Kaiman-Götzen, den sie anbeten. Ich bin froh, daß ich nichts Genaueres weiß. Wer mehr weiß, der lebt nicht besonders lange.«
Der Fahrer lenkte das Taxi in eine enge Kurve. Gleich darauf stieß er einen erschrockenen Schrei aus.
»Was ist?« fragte Vicky.
Der Mann wies nach vorn. Quer über den Weg lag ein dicker Baum. »Sehen Sie nur, Miß Bonney. Der verdammte Baum lag vorhin, als wir hierherkamen, noch nicht auf dem Weg. Den muß jemand absichtlich hierhergeworfen haben. Man will verhindern, daß wir ungeschoren davonkommen. Hätte ich doch bloß nicht das Geld Ihres Freundes genommen. Warum war ich so verrückt, hinter dem Lincoln herzufahren? Jetzt sitzen wir in der Falle!«
»Hören Sie auf zu jammern«, schrie Vicky den Mann an. »Versuchen Sie lieber, an dem Baum vorbeizukommen.«
»Wie soll ich das denn schaffen? Sehen Sie denn nicht, was für ein Riese das ist?«
Der Fahrer riß das Lenkrad nach rechts. Die Ölwanne schrammte über den Boden. Der Wagen machte noch einen Hüpfer. Die Pneus drehten ein letztesmal pfeifend durch. Dann stand der Motor still.
»Jetzt sitzen wir in der Falle« ächzte der Taxifahrer und rollte mit seinen großen Augen.
Vicky blickte sich aufmerksam um.
Weit und breit war keine Menschenseele zu entdecken. Dennoch glaubte Vicky Bonney nicht, daß der Baum von selbst umgefallen war. Der Taxifahrer versuchte nervös, den Motor wieder in Gang zu bringen.
Vicky faßte nach dem Türgriff.
»Wohin wollen Sie?« fragte der Schwarze erschrocken.
»Ich möchte mir nur mal die Unterseite des Wagens ansehen.«
»Bleiben Sie hier! Steigen Sie nicht aus!«
»Reißen Sie sich zusammen, Mann«, sagte Vicky eindringlich. »Wir werden den Wagen schon wieder flottkriegen. Dann umfahren wir den Baum und setzten unseren Weg nach Mombasa fort.«
»Ihr Optimismus in allen Ehren, aber…«
Vicky stieg aus. In diesem Moment sprang der Motor des Taxis wieder an.
Und dann ging alles sehr schnell: Zwei Neger traten aus dem Dickicht. Vicky wollte rasch wieder in den Wagen springen, doch der Fahrer gab vor Schreck Gas, der Wagen machte einen wilden Satz nach vorn und jagte mit kreischenden Reifen durch die dichte Baumkrone. Weg war er.
Und Vicky Bonney stand den beiden Männern, die aus dem Busch getreten waren, allein gegenüber.
***
Zwanzig Fuß unter der Erde schlug ich meine Augen auf. Es war feucht und roch nach Moder. Der Boden war weich. Ich hob den Kopf. Ein heftiger Schmerz durchzuckte mich im gleichen Augenblick. Ich verzog das Gesicht und stöhnte.
Mr. Silver lag neben mir. Eingehüllt in ein widerstandsfähiges Netz. Ich bemerkte, daß ich an Armen und Beinen gefesselt war. Mr. Silver blickte mich durch die Maschen des Netzes ernst an.
Seine perlmuttfarbenen Augen sagten mir: Diesmal ist die Lage äußerst kritisch.
Ich sah wenige Meter von uns entfernt ein Moor, auf dem sich in unregelmäßigen Abständen kleine Bläschen bildeten, die kurz darauf zerplatzten. Wir waren allein.
»Wo sind wir?« fragte ich meinen Freund und Kampfgefährten.
»Im Quartier der Kaiman-Bande«, antwortete Mr. Silver. »Weißt du, was ich herausgefunden habe, während du geistig weggetreten warst?«
»Was?«
»Diese Kerle beten keinen Dämon an. Es sind Dämonen. Sie haben uns in ihre Gewalt gebracht, um uns zu vernichten. Sie wollen uns fertigmachen, um in der Dämonen-Hierarchie nach oben zu steigen. Du weißt, daß derjenige, der uns liquidiert, im Schattenreich zu Ruhm und Ansehen kommt. Diese Chance will sich Birunga, der Anführer der Kaiman-Bande, nicht entgehen lassen. Birunga ist ein besonders ehrgeiziger, geltungssüchtiger Dämon. Unser Tod wird ihn groß und mächtig machen.«
»Keine Möglichkeit, freizukommen?« fragte ich meinen Freund. Der Ex-Dämon hatte für gewöhnlich immer noch ein As im Ärmel.
Doch diesmal zuckte Mr. Silver resignierend mit der Achsel. »Sie haben mich mit einem magischen Netz eingefangen. Ich kann seine Widerstandskraft nicht sprengen.«
»Vielleicht kann ich dir helfen.«
»Womit?«
»Mit meinem Ring.«
»Gegen die Kraft
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