GK266 - Die weiße Göttin
stöhnte Vicky verzweifelt.
»Hast du Schmerzen?« fragte ich sie. Sie war gefesselt wie ich. Sie so zu sehen, schmerzte mich seelisch. Mein Herz krampfte sich bei ihrem Anblick zusammen.
»Schmerzen?« mischte sich Birunga ein. Es klang höhnisch. Ich hätte ihn erwürgen können. »Noch hat sie keine Schmerzen. Aber sie wird bald mehr davon haben, als sie ertragen kann!«
In meinem Kopf überstürzten sich die Gedanken. Was konnte ich für Vicky tun? Ich erklärte, ich wäre bereit, die schlimmste Pein zu ertragen, wenn man dafür Vicky laufenlassen würde.
Birunga lachte wie über einen guten Witz. »Diese Pein bleibt dir ohnedies nicht erspart, Ballard. Ob wir das Mädchen nun laufenlassen oder nicht. Im Gegenteil. Wenn wir auch sie hierbehalten, wird es dich noch viel schlimmer quälen.«
Sie waren Bestien in Menschengestalt. Und ich konnte nichts gegen sie tun. Meine Hände waren im wahrsten Sinne des Wortes gebunden.
Ich forderte Birunga zum Zweikampf auf, doch er ging nicht darauf ein.
Um dieses Ziel dennoch zu erreichen, begann ich ihn zu provozieren. »Du bist der feigste Hund, dem ich jemals begegnet bin!« schrie ich den Anführer der Kaiman-Bande an.
Er lachte.
»Wenn ich dich ansehe, wird mir schlecht!« zischte ich.
Er lachte und lachte.
»Du weißt, daß du mir nicht gewachsen bist, deshalb wagst du nicht, mir die Fesseln abzunehmen. Und so etwas will im Ansehen der Unterwelt steigen. Alle werden zwar erfahren, daß du Tony Ballard fertiggemacht hast, sie werden aber auch hören, wie du es gemacht hast, und sie werden dich deswegen verachten.«
Plötzlich lachte er nicht mehr.
Er kam auf mich zu und trat mich in die Rippen. »Großmaul! Verdammter Sprücheklopfer! Meine Freunde und ich werden dich zerfetzen! In Stücke reißen werden wir dich! Aber zuerst wirst du dabei zusehen, wie wir auf die gleiche Art mit deinem Mädchen verfahren!«
Um mich drehte sich alles.
Vicky durfte nichts passieren!
Aber wie sollte ich es verhindern?
Birunga gab seinen drei Freunden ein herrisches Zeichen. Die Neger legten sich daraufhin flach auf den Boden. Auch Birunga legte sich hin. Er murmelte unverständliches Zeug. Die Luft begann über den vier Schwarzen kurz zu flimmern. Die Konturen ihrer Körper zerfaserten, und als die Luft sich wieder beruhigt hatte, waren aus den vier Negern vier Kaimane mit böse funkelnden Augen geworden…
***
Die mit Schuppen gepanzerten Tiere krochen träge auf Vicky zu. Mir gerann das Blut in den Adern, als das Mädchen grell zu schreien anfing. »Tony, hilf mir!« Die senkrecht geschlitzten Pupillen der Kaimane starrten Vicky mordlüstern an. Mein Mädchen zitterte am ganzen Leib. Ich bäumte mich auf.
»Silver!« keuchte ich in großer Panik. »Verdammt noch mal, laß dir schnell etwas einfallen, sonst ist Vicky verloren.«
Der Hüne zappelte in seinem Netz. Das war alles, was er für Vicky tun konnte. Es war zum Ausder-Haut-Fahren.
Die ekeligen Echsen kamen immer näher.
»Tony!« schrie Vicky verstört.
Einer der Kaimane riß sein gefräßiges Maul weit auf. Ich blickte in einen glutroten Rachen. In diesen Schreckensminuten war guter Rat verdammt teuer. Ich versuchte, wie schon mehrmals, meine Fesseln abzubekommen. Es gelang mir wieder nicht. Das einzige, was ich damit erreichte, war, daß mich die Handgelenke schrecklich schmerzten.
Vicky von vier Kaimanen getötet!
Wenn das wirklich passierte, würde mein Verstand aushaken, dessen war ich sicher.
Ich trat mit den beiden Beinen nach einem der Mord-Monster. Der Kaiman fauchte böse und wich zur Seite. Ich war wütend über meine Ohnmacht. Vicky schrie verzweifelt. Und ich war nicht in der Lage, ihr zu helfen.
Es war schrecklich.
Die Kaimane hatten sie schon fast erreicht.
Gleich würden sie zubeißen. Es durfte nicht geschehen.
Es durfte einfach nicht geschehen.
Ich kroch gehetzt über den Boden, wollte mich zwischen Vicky und die Kaimane wälzen, aber ich erkannte, daß ich es nicht mehr rechtzeitig schaffen würde. Die Schuppenbiester waren bei Vicky angelangt.
Meine Freundin schien verloren zu sein.
Niemand konnte ihr mehr helfen. Sie schrie in ihrer namenlosen Panik, als die Kaimane zum tödlichen Angriff ansetzten.
Auch Mr. Silver versuchte vergeblich, aus dem magischen Netz freizukommen. Diesmal schien es uns tatsächlich allen dreien an den Kragen zu gehen. Ich sah die blitzenden Kaimanzähne und hielt den Atem an.
Gleich würden sie zubeißen.
Es fehlte nur noch der Bruchteil einer
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