GK291 - Satan hinter Gittern
jetzt bloß mit keinem Quiz an, Silver, dafür ist mir der Augenblick zu ernst.«
»Mir auch. Ich versuche, dir nur etwas zu erklären: Der Mensch ist genaugenommen nichts weiter als ein Bündel Energie. Stirbt er, so erlischt diese Energie. Aber das tut sie nicht auf einen Schlag. Es geht langsam vor sich. Das heißt, selbst wenn ein Mensch tot ist, befindet sich noch Energie in ihm. Er ist nicht sofort leer, verstehst du?«
»Okay. Ich nehme an, du willst mich darauf aufmerksam machen, daß sich in dieser Toten keinerlei Energie mehr befindet.«
»So ist es, Tony.«
»Was schließt du daraus?«
»Daß Ron Ritchie dieses Mädchen getötet hat, weil er ihre Energie brauchte.«
»Er hat sich mit ihrer Energie aufgeladen? Um seine schwarze Seele damit zu speisen?«
Der Exdämon nickte. »Susan Keith war erst der Anfang. Er hätte immer weiter gemordet, um ständig neues Leben in sich aufzusaugen. Im Laufe der Zeit wären durch Ron Ritchie eine Menge Menschen umgekommen. Du hast gut daran getan, ihn rechtzeitig mit deinem magischen Ring auszuschalten.«
»Ob das gut war, bezweifle ich«, sagte ich nachdenklich. »Es wäre mir lieber gewesen, Ritchie hätte mir zuvor noch ein paar Fragen beantwortet: Wer ihn in diesen Zustand versetzt hat, und wie ich an diesen Kerl herankomme…«
Die Polizei traf ein. Ich machte meine Aussage, zeigte ihnen, wo Ron Ritchie lag, begleitete die Beamten anschließend ins Haus, erklärte an Ort und Stelle, was ich getan hatte, sagte den Leuten, daß ich ihnen für weitere Fragen gern zur Verfügung stünde und bemerkte, daß meine Freunde und ich die Nacht im Dorfgasthof verbringen würden.
Fünfzehn Minuten später saßen wir dann im Hinterzimmer des Dorfgasthofes. Unser Gepäck befand sich bereits auf den Zimmern. Wir tranken Ingwerbier und dachten angestrengt darüber nach, welchen zwingenden Schritt wir als nächstes tun mußten.
Tucker Peckinpah stellte die Frage in den Raum, die ich bereits in Susan Keiths Haus gestellt hatte: »Wer hat Ron Ritchie zu diesem gefährlichen Zombie gemacht?«
Mein Blick streifte Vicky Bonney und Mr. Silber, und ich sagte gedehnt: »Ich vermute, daß ich die Antwort auf diese Frage nur dort bekommen kann, wo Ron Ritchie hergekommen ist.«
Vicky schaute mich mit großen Augen an. »Du willst ins Zuchthaus gehen, Tony?«
Ich schenkte meiner Freundin ein kleines Lächeln. »Ich will nicht - ich muß.« Mein Blick richtete sich auf Tucker Peckinpah. »Mal sehen, wie gut Ihre Beziehungen wirklich sind, Partner.«
»Was soll ich für Sie tun, Tony?«
»Fädeln Sie’s ein, daß ich so schnell wie möglich ins Gefängnis komme.«
»Oh, wenn’s weiter nichts ist. Das kann ich sehr rasch arrangieren.«
»Je prompter, desto besser«, erwiderte ich, denn für mich stand zweifelsfrei fest, daß das faule Ei im Zuchthaus lag. Es mußte schnellstens entfernt werden, bevor es bis zum Himmel stinken konnte.
***
Die Zeit wollte nicht vergehen. Tim Shakespeare lag in seinem Bett und starrte zur Decke. Seine Zellengenossen schliefen längst. Er hörte ihre tiefen, regelmäßigen Atemzüge. Kein Wort hatte er zu ihnen gesagt. Sie hatten keine Ahnung, was er vorhatte.
Sein Teil der Abmachung war also erfüllt. Aber wie stand es mit Bernard Moody? Wieder kamen Tim Shakespeare Zweifel. Moody, dieser Teufel, der sich normalerweise am Unglück der Gefangenen weidete, spielte plötzlich den teilnamsvollen Helfer.
Das paßte nicht zu ihm. Weshalb also diese Wandlung? Welcher Grund steckte dahinter? Moody hatte gemeint, der Grund sollte ihm, Tim, doch eigentlich egal sein.
Nun, ganz so war das nicht. Unter Umständen war das Motiv sogar sehr wichtig. Unbewußt traf Tim Shakespeare mit diesem Gedanken den Nagel auf den Kopf. Lebenswichtig war der Grund!
Tim lauschte in die Stille. Zu dieser Stunde wirkte das Gefängnis wie ein totes Haus. Irgenwie unheimlich, fand Tim Shakespeare. Er fröstelte. Er setzte sich auf und lehnte sich an die Wand.
Morgen schon würde er frei sein, das hatte ihm Bernard Moody versprochen. Ob der Oberaufseher dieses Versprechen auch tatsächlich halten konnte? Hatte Moody schon mal einem Gefangenen zur Freiheit verholfen?
Tim Shakespeare war kein solcher Fall bekannt. Nur Ron Ritchie fiel ihm ein, der seine Haftstrafe nicht zu Ende absitzen mußte. Weil er gestorben war.
Tim leckte sich die Lippen. Also wenn er die Wahl hatte zwischen Hierbleiben und Sterben, würde er sich - jedenfalls im Augenblick - nicht gegen das Leben
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