GK307 - Der Ghoul von Mallorca
stand.
Der Parapsychologe schüttelte den Kopf. »Sie fühlte sich nicht bedroht, und sie hatte auch keine Feinde, Capitano. Ich nehme an, danach hätten Sie als nächstes gefragt.«
»Ganz richtig, Mr. Selby. Das hätte ich. Sie haben also keine Ahnung, wer das Mädchen umgebracht haben könnte.«
»Doch.«
Manuel Alvarez’ Brauen hoben sich verblüfft. »Wie war das?«
»Ich weiß, wer Tippi Norman getötet hat, Capitano!« knirschte der Parapsychologe.
»Würden Sie’s mir sagen?«
»Es war ein Ghoul. Ein Ghoul hat diesen Mord verübt. Wissen Sie, was das ist - ein Ghoul? Das ist ein Dämon. Ein grauenerregendes Ungeheuer. Manchmal wird er als Leichenfresser bezeichnet. Doch dieses Scheusal ernährt sich nicht nur von Toten…«
Lance Selby wunderte sich nicht darüber, daß ihn Capitano Alvarez ziemlich ungläubig ansah. Jemand, der keine Ahnung hatte, daß Dämonen tatsächlich existierten, konnte das nicht so einfach schlucken.
Manuel Alvarez wollte etwas erwidern, aber da trat der Polizeiarzt aus dem Schlafzimmer und sagte kopfschüttelnd: »Ich kann mir beim besten Willen nicht erklären, womit dem Mädchen diese furchtbaren Verletzungen zugefügt wurden.« Er sprach spanisch, aber Lance verstand ihn.
Der Arzt war ein hagerer Mann Mitte vierzig. Er hatte schütteres Haar und einen dünnen Oberlippenbart, über den er jetzt mit dem Daumen strich.
Seine Miene war nachdenklich. Er sah dem Capitano in die Augen und meinte: »Ich habe Menschen gesehen, die von jungen Haien angefallen wurden. Sie haben ähnlich ausgesehen wie dieses Mädchen. Diesmal kann es aber kein junger Hai gewesen sein.«
Manuel Alvarez warf Lance Selby einen kurzen Blick zu und sagte dann nickend: »Es ist gut Doktor. Ich danke Ihnen vorläufig. Ich rechne im Laufe des morgigen Tages mit Ihrem Bericht.«
Der Arzt ging.
Und der Capitano seufzte: »Ein Ghoul. Ehrlich gesagt, Mr. Selby, bis zum heutigen Tag wußte ich nicht, daß es so etwas gibt. Wie sieht so ein Ungeheuer denn eigentlich aus?«
»Die Ghouls können sehr unterschiedlich aussehen. Es bleibt zumeist ihnen überlassen, für welche Gestalt sie sich entscheiden.«
»Und es sind wirklich Dämonen? Keine Menschen?«
»Es sind Schattenwesen, die sich in menschlicher Gestalt in unserer Mitte aufhalten, ohne daß wir sie erkennen können. Nur wenn sie sich verwandeln, wissen wir, mit wem wir es zu tun haben. In den meisten Fällen ist es dann aber bereits für eine Rettung zu spät. Ein Ghoul gehört zur widerlichsten Dämonenart, die ich kenne. Selbst andere Dämonen begegnen ihm mit Abscheu.«
Lance sprach von Marion Handschmann, die den Ghoul gesehen haben mußte. Der Parapsychologe erwähnte auch, daß ihn das Biest niedergeschlagen hatte, als er versucht hatte, es zu stellen.
Der Capitano massierte sein Kinn mit Daumen und Zeigefinger. »Und so ein schreckliches Ungeheuer treibt plötzlich auf unserer schönen Insel sein Unwesen. Wie kommt das, Mr. Selby? Wer hat es geschaffen? Wer hat es geschickt?«
Lance hob die Schultern. Er ging auf die Zeitungsberichte ein, die mehrere Grabschändungen gemeldet hatten. Er lastete dem Ghoul auch den Einbruch in die Leichenhalle von Palma an.
Capitano Alvarez drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus. »Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie das, was Sie mir erzählt haben, für sich behalten würden, Mr. Selby. Wir wollen doch keine Panik heraufbeschwören, nicht wahr?«
Lance versprach dem Capitano, die Sache nicht an die große Glocke zu hängen, und er fuhr fort: »Wie ich bereits erwähnte, bin ich mit einem Privatdetektiv befreundet. Sein Name ist Tony Ballard. Tony ist jedoch kein gewöhnlicher Detektiv. Er ist ein Dämonenjäger. Ich habe ihn und seinen Freund Mr. Silver gebeten, herzukommen, denn das…« Lance wies in Richtung Schlafzimmer, »… glauben Sie mir, Capitano, das ist kein Fall für die Polizei. Ich habe nicht die Absicht, an Ihrer Tüchtigkeit zu zweifeln, aber mit dem Ghoul würden Sie nicht fertigwerden, das ist sicher. Da muß ein Mann wie Tony Ballard her.«
***
Es war Abend, als wir den Flugplatz von Palma de Mallorca anflogen. Unter uns ein Lichtermeer. Ich genoß die Aussicht.
Mr. Silver saß neben mir, ohne auch nur einen einzigen Blick aus dem Fenster zu werfen. Die herrlichste Aussicht konnte meinem Freund und Kampfgefährten nicht besser gefallen als die schnuckelige Stewardeß, von der er andauernd etwas haben wollte.
Vorhin hatte er sich sogar von ihr anschnallen lassen. Er
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