GK317 - Das zweite Leben der Marsha C.
kommen.
Die große Erregung nahm allmählich ab. Er wischte sich mit einer fahrigen Bewegung über die Augen. Großer Gott, beinahe hätte er die größte Dummheit seines Lebens gemacht.
Selbstmord hatte er verüben wollen.
Er, ein Mann, der dem Leben gegenüber immer positiv eingestellt gewesen war. Ein Glück, daß es zu dieser Kurzschlußhandlung nicht gekommen war.
Greenpoint. Clark Kenna fiel ein, daß es nicht weit bis Williamsburg war, und in Williamsburg wohnte Glenn Gibbon.
Glenn mußte ihm beistehen. Mit Glenn konnte er reden. Glenn hatte ebensoviel Butter auf dem Kopf wie er. Glenn Gibbon war ein Gesinnungsgenosse. Ihn wollte Kenna unverzüglich aufsuchen.
Gemeinsam mit Glenn Gibbon wollte er dann überlegen, was er zu seinem Schutz unternehmen konnte.
Nein, so schnell würde er sich nicht geschlagen geben. Kenna glaubte daran, daß er noch eine Chance hatte. Er klammerte sich daran wie ein Ertrinkender an den Strohhalm.
Noch lebte er. Noch war er nicht verloren. Mit Glenns Hilfe würde er das hoffentlich niemals sein.
Das Haus, in dem Glenn Gibbon wohnte, befand sich in der Roebling Street. Ein moderner Apartmentbau. Strahlendweiß. Mit viel Glas.
Von der Terrasse seines Penthouse aus hatte Glenn Gibbon einen herrlichen Blick auf den East River.
Der Expreßlift katapultierte Kenna nach oben. Er hoffte, daß Glenn Gibbon zu Hause war. Seine Hoffnung erfüllte sich.
Als Glenn die Tür öffnete, fiel Clark Kenna ein Stein vom Herzen. Gibbon riß die Augen hinter den Gläsern seiner Hornbrille auf.
»Junge, wie siehst du denn aus? Komm herein. Was ist passiert?«
Kenna begab sich mit Gibbon ins Wohnzimmer. Er setzte sich auf die Couch und streckte die Hände aus, damit Gibbon sehen konnte, wie sie zitterten. »Glenn, es geht mir miserabel.«
»Die Schuldgefühle wegen des Unfalls, nicht wahr?«
»David Atkins und Hank Parnaby sind tot.«
»Hank auch?« fragte Gibbon erschrocken.
»Ich weiß, wer sie umgebracht hat«, sagte Kenna.
»Wer?«
»Marsha Caan. Vor wenigen Minuten kündigte sie mir an, daß ich die Nummer drei sein werde.« Clark Kenna berichtete lückenlos, was sich ereignet hatte. Glenn Gibbon traute seinen Chren nicht.
Als Kenna geendet hatte, holte Gibbon zwei Drinks.
»Laß uns gemeinsam überlegen, wie wir uns vor diesem rachelüsternen Mädchen schützen können, Glenn!« sagte Kenna mit belegter Stimme.
»Ich habe bereits mit meinem Freund Frank Esslin über unser Problem gesprochen. Er hat sich mittlerweile mit einem Dämonenjäger namens Tony Ballard in Verbindung gesetzt.« Gibbon blickte auf seine Armbanduhr. »Ich glaube, Ballard ist bereits in New York eingetroffen. Wenn wir uns unter seinen Schutz stellen, kann uns Marsha Caan nichts mehr anhaben.«
»Bist du sicher?« fragte Kenna leicht zweifelnd.
»Ballard ist ein As«, sagte Gibbon überzeugt.
»Wann können wir mit ihm reden?«
»Heute noch.«
Kenna atmete erleichtert auf. Er leerte sein Glas in einem Zug, betrachtete seine immer noch zitternden Hände und sagte: »Hast du was dagegen, wenn ich mich ein bißchen hinlege, Glenn? Meine Nerven haben ein paar Minuten Ruhe dringend nötig.«
Gibbon geleitete den Freund ins Gästezimmer. »Mach es dir bequem. Ich werde inzwischen bei Frank Esslin anrufen und fragen, wann wir zu ihm kommen sollen. Frank meint, Ballard sollte uns alle kennenlernen, damit er sein Sicherheitsprogramm darauf abstimmen kann.«
Kenna legte sich auf das Sofa, lockerte den Krawattenknoten und öffnete den Kragenknopf. »In fünfzehn Minuten bin ich wieder okay«, versprach er.
»Laß dir Zeit«, sagte Gibbon und schloß die Tür.
Und dann kam die Kälte.
Sie strömte in den Raum und erfüllte ihn bis in den letzten Winkel. Kenna erkannte nicht sofort, was hier vor sich ging-Er fröstelte, rollte sich auf dem Sofa zusammen, klapperte mit den Zähnen. Als er begriff, daß diese Kälte nicht irdischen Ursprungs war, konnte ihm bereits kein Mensch mehr helfen.
Er merkte ganz plötzlich, daß er nicht allein im Raum war.
Wie von der Tarantel gestochen zuckte er hoch.
Da war sie wieder: Marsha Caan!
Clark Kennas Augen weiteten sich in namenloser Angst. Entsetzt starrte er auf die schreckliche Verletzung an Marshas rechter Wange.
Er sprang vom Sofa.
»Ihre Zeit ist um, Mr. Kenna«, sagte das Mädchen.
Kenna wich bis zur Wand zurück. Sein Herz hämmerte wie verrückt gegen die Rippen. Wie hatte er nur glauben können, noch eine Chance zu haben, mit dem Leben davonzukommen?
Seine
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