GK388 - Der Blutrichter
her. »Was ist geschehen? Was ist mit Lance? Ist er okay?«
»Lance ist verschwunden«, sagte ich. Ich stieß Mr. Silver mit dem Ellenbogen an und verlangte: »Erzähl ihr alles, Silver.«
Der Ex-Dämon nickte und informierte meine Freundin. Vickys veilchenblaue Augen wurden riesengroß. Ich goß mir einen Pernod ein und setzte mich. Langsam trank ich. Der Drink tat mir gut. Er belebte meine Sinne. Meine Maschine kam allmählich wieder auf Touren.
Nachdem Mr. Silver geendet hatte, fügte ich hinzu: »Wir haben uns rund um Lances Haus umgesehen. Nichts. Keine Spur von ihm.«
Vicky nagte an ihrer Unterlippe. »Schrecklich ist das. Vor kurzem hat er noch hier gesessen, und wir waren bester Laune, und nun ist er verschwunden. Warum?«
»Da kann es viele Gründe geben«, sagte ich. »Nenn mir einen«, verlangte Vicky Bonney.
Ich hob die Schultern. »Lance ist ein erklärter Feind der Hölle. Allein deshalb schon lebt er stets gefährlich.«
»Was gedenkt ihr zu unternehmen?« wollte Vicky wissen.
»Keine Ahnung«, sagte ich.
»Ihr könnt Lance doch nicht einfach seinem Schicksal überlassen.«
»Diese Absicht haben wir auch nicht«, sagte ich bestimmt. »Sag mir, wo er ist, und ich unternehme alles, um sein Leben zu retten.«
»Wenn es überhaupt noch zu retten ist«, sagte Vicky.
»Das hoffe ich«, erwiderte ich ernst. »Ich komme mir wie in einer Sackgasse vor. Ich kann nicht weiter.«
Vickys Blick richtete sich auf den Ex-Dämon. »Kannst du nichts tun, Silver?«
Der Hüne mit den Silberhaaren setzte sich. »Ich werde es versuchen«, versprach er.
Ich drückte ihm die Daumen. Manchmal gelang es ihm, verschwundene Personen zu orten, herauszubekommen, wo sie sich befanden. Ich hoffte, auch etwas über die Hintergründe des heimtückischen Überfalls der Schatten zu erfahren.
Mr. Silver konzentrierte sich. Die Spannung knisterte im Raum.
Wir verhielten uns vollkommen still, während der Ex-Dämon abschaltete und sich in Trance versetzte.
Silbrig schimmerte seine Gesichtshaut. Er sah aus wie ein Mann aus Metall. Wir hörten ihn tief und regelmäßig atmen. Vicky Bonney schaute mich besorgt an. Wird er es schaffen? fragten mich ihre Augen. Ich hob die Schultern. Niemand konnte das vorhersagen.
Manchmal gelang dem Ex-Dämon beinahe alles, was er anpackte.
Und dann wiederum ging ihm alles daneben.
Sein Gesicht verkantete. Die Nasenflügel stellten sich auf. Unser Freund schien unter Hochspannung zu stehen. Plötzlich öffnete sich sein Mund. Die Lippen bebten.
Er wollte etwas sagen, doch noch kam kein Laut aus seinem Mund. Dann auf einmal ein Zischen. Ein Knurren. Haß verzerrte Mr. Silvers Antlitz. Mir fiel auf, wie er die Hände zu Fäusten ballte.
»Er ist da!« kam es rauh aus seinem Mund. »Er ist nach London gekommen!«
»Wer?« wollte ich wissen.
»Er wird richten über jene, die nicht nach den Gesetzen der Hölle gelebt haben, und er wird alle zum Tod verurteilen, die sich mit guten Taten hervorgetan haben!«
»Wer?« fragte ich noch einmal.
»Der Blutrichter!« antwortete Mr. Silver. Dann verstummte er.
***
»Rock«, sagte Judy Ziegfeld.
»Ja, Darling?«
»Hast du keine Angst, daß du mal überfallen werden könntest?«
»Eigentlich nicht.«
»Aber es könnte doch passieren. Ich muß immerzu daran denken, wenn du Nachtdienst hast.«
Rock Stevens lächelte. »Dafür denke ich überhaupt nicht daran. Bei mir ist nicht viel zu holen. Das weiß man bestimmt in den einschlägigen Kreisen, deshalb werden sie mich ungeschoren lassen, davon bin ich überzeugt.«
»Was würdest du tun, wenn du doch einmal überfallen würdest, Rock? Würdest du das Geld, das sich in der Kasse befindet, hergeben?«
»Kaum. Ich würde darum kämpfen.«
»Und wenn der oder die Täter bewaffnet wären?«
»Ich würde kämpfen«, sagte Rock Stevens noch einmal.
»Das wäre aber sehr unvernünftig von dir.«
»Sieh mal, von mir kann man so ziemlich alles haben. Aber für ein Verbrechen habe ich kein Verständnis.«
Da war es plötzlich wieder. Das Geräusch. Es kam wieder aus der Werkstatt. Es mußte also doch jemand dort sein. Stevens war der Ansicht, vorhin nicht gründlich genug nachgesehen zu haben. Vielleicht hatte sich hinter einem der Wagen jemand versteckt.
»Ich glaube, ich muß mich noch mal umsehen«, sagte Stevens zu seiner Freundin. »Rock, was ist…?«
»Mach dir keine Sorgen.«
»Du hast gut reden. Ich sitze hier wie auf glühenden Nadeln, wenn du den Telefonhörer weglegst. Und du sagst,
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