GK398 - Gefangen in der Spiegelwelt
Aussehen, aber es konnte wohl nicht mehr lange dauern, bis er sich verwandelte. Deshalb hatte es ihn aus Franks Haus getrieben. Er schien gewittert zu haben, daß ihm von uns Gefahr drohte. Deshalb hatte er sich rechtzeitig aus dem Staub gemacht.
»Cristobal!« schrie Frank. »Komm zurück!«
Aber Gerrick lief weiter.
»Cristobal! Wohin willst du?« schrie Frank.
Mr. Silver stieß mich an. »Los, Tony. Wir müssen ihn uns schnappen, bevor das Böse in ihm durchdreht und er einen Mord begeht!«
Vielleicht war es ein Fehler, sofort loszustürmen. Weder Mr. Silver noch ich verschwendeten in diesem Augenblick einen Gedanken an Frank Esslin, obwohl der ebenso gefährdet war wie Cristobal Gerrick.
Aber Gerrick lief davon, und in unserem Kopf hatte nur ein Gedanke Platz: er darf nicht töten!
Es wäre vernünftiger gewesen, wenn entweder nur Mr. Silver oder nur ich dem Fliehenden gefolgt wäre. Dann hätte einer bei Frank bleiben können. Bei Frank und bei Vicky! Denn wenn das Böse in Frank Esslin loslegte, war meine Freundin in Lebensgefahr!
Doch, wie gesagt, wir dachten nicht daran…
Wir hasteten aus dem Gästezimmer, stürmten die Treppe hinunter und jagten aus Franks Haus. Innerhalb weniger Augenblicke hatten wir die Stelle erreicht, wo ich Gerrick entdeckt hatte.
Wir ließen die immergrünen Büsche hinter uns. Sekunden später gelangten wir auf die Straße und sahen Gerrick gerade noch um eine Ecke verschwinden.
»Hinterher!« knurrte Mr. Silver. »Wenn er uns entkommt, gibt es einen Mord mehr in dieser Stadt!«
Das peitschte mich vorwärts. Ich war bereit, alles zu geben, um zu verhindern, daß die Hölle durch Cristobal Gerrick eine weitere Seele zugeschanzt bekam.
Keuchend erreichten wir die Ecke.
Vor uns lag eine leere Straße.
Von Gerrick keine Spur. Der Mann, in dem die Zeitbombe des Bösen tickte, schien sich in Luft aufgelöst zu haben.
***
Cristobal Gerrick hatte die Ankunft der Engländer am Fenster stehend beobachtet. Beim Anblick von Mr. Silver hatte sich tief in seinem Inneren etwas geregt. Und dann war ein ekelhaftes Angstgefühl durch seinen Körper gekrochen. Der Instinkt des Bösen hatte ihn gewarnt, hatte ihm klargemacht, daß dieser Hüne mit den Silberhaaren eine große Gefahr für ihn darstellte, hatte ihn zur Flucht gedrängt.
Mehr und mehr hatte sich die Furcht vor Mr. Silver in ihm ausgebreitet. Bis er es im Gästezimmer nicht mehr länger ausgehalten hatte.
Er hatte den Ex-Dämon und Tony Ballard nicht lange auf den Fersen gehabt. Es war ihm gelungen, die beiden Verfolger abzuschütteln, und er freute sich diebisch darüber.
Eine seltsame Unruhe erfaßte ihn.
Er brauchte nicht zu denken. Alles, was er tat, passierte automatisch, Etwas lenkte ihn, und er hatte keine Möglichkeit, sich dem zu widersetzen. Er konnte nur gehorchen.
Soeben durcheilte er einen düsteren Durchlaß. Er haßte das Tageslicht. Hier, wo es sich nicht entfalten konnte, fühlte er sich wohl. Er vermeinte, in seinem Inneren etwas aufblühen zu spüren.
Was daraus werden würde, war ihm bewußt, aber es machte ihm nichts aus. Er kämpfte nicht dagegen an. Es hätte auch keinen Sinn gehabt.
Von irgendwoher drang Klaviergeklimper an sein Ohr. Er blieb kurz stehen und blickte sich um. Die Schritte der Verfolger näherten sich dem Durchlaß.
Einen Moment zögerte Gerrick. Sollte er die Flucht fortsetzen? Sollte er sich stellen?
Wenn einer der beiden nicht jener Hüne mit den Silberhaaren gewesen wäre, hätte er sich nicht vom Fleck gerührt. Mit dem anderen wäre er fertiggeworden. Aber mit dem Ex-Dämon wollte sich Gerrick nicht anlegen.
Er eilte weiter.
Plötzlich stach ihm ein blankgeputztes Messingschild ins Auge.
BALLETTSCHULE stand unter anderem darauf.
Gerrick hastete in das Haus und lief, immer schneller werdend, dem Klavierspiel entgegen. Gequält von einem eigenartigen Hungergefühl.
Er war nahe daran, zum Monster zu werden, und er wußte das auch!
***
Während wir die Straße entlangschritten, sagte Mr. Silver: »Wir müssen auf jeden Fall versuchen, ihn lebend in unsere Gewalt zu bekommen, Tony.«
»Auch dann, wenn er sich bereits verwandelt hat?«
Der Ex-Dämon nickte. »Auch dann.«
»Das wird schwierig sein. In dieser Phase verfügt er über enorme Kräfte.«
»Wenn wir ihn töten, lacht sich die Hölle ins Fäustchen.«
»Diesen Triumph soll sie nicht haben«, sagte ich. »Bestünde denn überhaupt die Möglichkeit, ihn zu töten, bevor er gemordet hat?«
»Nicht mit
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