GK439 - Der Mahdi des Satans
sträubten sich meine Nackenhärchen. Mein sechster Sinn signalisierte mir große Gefahr. Ich suchte sie nervös - und sah einen der Tuaregs, der sein Gewehr auf mich angelegt hatte.
Der Kerl hatte mich genau im Visier.
Ich war in diesem Augenblick schon so gut wie tot…
***
Nachdem Tarso seine Frau Bara grausam ermordet hatte, verließ er In Salah auf dem Rücken eines Kamels. Er verbrachte die Nacht im Freien und ritt im Morgengrauen nach Norden.
Der Meister hatte ihn wissen lassen, daß er im Teufelswadi auf Gleichgesinnte stoßen würde. Tarso erfuhr vom Mahdi des Satans, daß aus allen Himmelsrichtungen Auserwählte der Hölle zu jenem Teufels wadi unterwegs waren, und der Erwartete teilte ihm über eine große Entfernung mit, daß er, Tarso, die Auserwählten befehligen und zum Plateau von Tademait führen solle.
Die Sonne war Tarsos Feindin.
Er haßte das Tageslicht.
Er spürte, daß es ihn geringfügig schwächte. Er fühlte sich am Tage wesentlich weniger wohl als in der Nacht. Die Dunkelheit hüllte ihn wie ein schützender Mantel ein. Sie war die Verbündete alles Bösen. Sie stärkte Wesen wie Tarso, verlieh ihnen zusätzliche Kräfte. Aber es gab nun mal auch Tage. Dagegen konnte Tarso nichts tun. Er mußte sich damit abfinden.
Er verbarg sein Gesicht hinter dem Litham.
Das Kamel lief unermüdlich durch die heiße Wüste.
Als Tarso das Teufelswadi erreichte, atmete er erleichtert auf. Er freute sich auf die anderen Auserwählten. Gemeinsam würden sie sich um die Hölle verdient machen. Auf dem Plateau von Tademait würden sie für Grauen und Schrecken sorgen. So war es geplant, und so würde es geschehen. Alle Vorbereitungen waren bereits getroffen.
Für zwanzig Menschen gab es keine Rettung mehr.
Tarso trieb sein Kamel in das Teufelwadi hinein. Die Hitze flirrte über dem sandigen Boden. Das Wadi krümmte sich durch die Landschaft. Nach einer Meile entdeckte Tarso hinter einer sanften Biegung zwei Kamele. Sie lagen auf dem Boden. In ihrem Schatten saßen zwei verschleierte Männer.
Auserwählte des Bösen wie Tarso.
Sie hoben den Kopf, als sie das Schlagen der tellergroßen Kamelhufe vernahmen, und blickten Tarso entgegen. Er fühlte sich mit ihnen auf eine eigenartige Weise verbunden.
Sie gehörten ab sofort zusammen, bildeten eine Einheit, waren ein untrennbares Ganzes und gleichzeitig auch ein Teil des Erwarteten. Die Männer erhoben sich.
Tarso zügelte sein Kamel.
Er stieg ab.
»Ich bin Tarso«, sagte er.
Die verschleierten Männer nickten. »Du sollst uns anführen, das ist der Wunsch des Mahdi, dem wir uns beugen.«
»Seid ihr schon lange hier?« fragte Tarso.
»Seit einer Stunde.«
»Woher kommt ihr?«
»Hassi Bel Guebbour.«
»Ein weiter Weg bis hierher.«
»Wir brachen rechtzeitig auf.«
Tarso setzte sich mit ihnen auf den Boden. Er unterhielt sich eine Weile mit seinen Gefährten und lernte sie im Verlaufe des Gesprächs kennen. Sie neideten ihm seine Führungsposition. Aber sie stellten sich nicht gegen den Willen des Mahdi. Sie wollten nur wissen, weshalb die Wahl des Erwarteten auf ihn gefallen war.
Er zuckte mit den Schultern. »Das weiß ich nicht. Vielleicht deshalb, weil ich Bara, meine Frau, getötet habe…«
Tarso unterbrach sich. Von Norden her ritt ein Tuareg auf sie zu. Ein großer, kräftiger Mann mit breiten Schultern und stechenden Augen. Sein Name war Ibna. Tarso kannte ihn. Ibna war ein gefährlicher Bursche. Aufsässig, hinterhältig und gemein.
Nachdem er vom Kamel gestiegen war, durchbohrte sein Blick Tarso.
»Setz dich zu uns, Ibna«, sagte Tarso.
Er spürte die unverhohlene Feindschaft, die von Ibna ausging. Dieser Mann neidete ihm seine Führungsposition mehr als alle anderen. Ibna wollte sich nicht damit abfinden, von Tarso Befehle entgegenzunehmen. Dazu war er zu trotzig und zu stolz. Mürrisch nahm er Platz, beteiligte sich aber nicht an dem Gespräch, das die anderen fortsetzten.
Nach und nach trafen auch die anderen Auserwählten der Hölle ein.
Auch ein Mädchen war dabei.
Sura!
Sie war verschleiert wie die Männer, trug die gleiche Kleidung wie diese und war genauso bewaffnet wie sie. Wenn man nicht genau hinschaute, konnte man sie für einen Mann halten.
Sieben Tuaregs - einschließlich Sura - sollte Tarso befehligen. Sie wußten, daß sie vollzählig waren, daß niemand mehr zu ihnen stoßen würde, daß sie auf niemanden mehr zu warten brauchten.
Sieben Tuaregs neideten Tarso seine Befehlsgewalt, die ihm der Mahdi des
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