GK453 - Wolfsmond
aushelfen.«
»Du solltest mal wieder ausspannen, Ben.«
»Mach’ ich. Zum Jahreswechsel bin ich zum Skifahren in Österreich. Hoffentlich reißt keine Lawine St. Anton nieder.«
Whardley goß sich aus der großen Kanne auch eine Tasse Tee ein. Seine Gedanken kehrten wieder zu Blackburn und Rhodes zurück. »Die beiden kann wohl nur noch ein Wunder retten«, sagte er, und obwohl er keine Namen nannte, wußte Steve Remick, von wem er sprach.
***
»Mach ihn zu deinem Diener, Herr!« sagte James Blackburn mit fester Stimme. »Verleihe ihm das ewige Leben. Er wird es dir zu danken wissen.«
Lathors durchdringender Blick richtete sich auf Rex Rhodes. Der Patient fühlte eine Eiseskälte in seine Glieder kriechen. Seine Kehle war wie zugeschnürt. Er wollte etwas sagen, brachte aber keinen Laut über die Lippen. Erst nachdem er sich freigeräuspert hatte, flüsterte er: »Ja, Herr, mach mich zu deinem Diener, und ich werde mich deiner würdig erweisen.«
»Es kostet dich deine Seele«, sagte Lathor mit einer unnachahmbaren Stimme.
»Wenn ich auch ohne sie leben kann, brauche ich sie nicht mehr.«
»Du wirst nach den Gesetzen der Hölle leben.«
»Wenn ich nur nicht zu sterben brauche«, hauchte Rex Rhodes. »Für mein Leben tue ich alles.«
Lathor nickte. Er näherte sich dem Patienten. Fest und feierlich war sein Schritt. Mit kräftigem Arm hob er das Wolfsschwert, dessen Klinge fluoreszierte. Rhodes bekam es plötzlich mit der Angst zu tun. Was wurde aus ihm, wenn James Blackburn ihn hereingelegt hatte? War dieser Lathor am Ende bloß ein Mörder aus dem Totenreich? Einer, der dem Teufel Seelen verschaffte? Unter Vorspiegelung falscher Tatsachen?
Rhodes begann zu zittern.
Der kalte Schweiß brach ihm aus allen Poren.
War Lathor jetzt noch aufzuhalten?
Der Gesandte der Hölle hob das Wolfsschwert. Er richtete die Spitze der Waffe auf Rhodes’ Herz.
»Halt!« preßte der Patient heiser hervor.
Ein unwilliger Ausdruck huschte über Lathors Gesicht. »Was ist?« Er ließ das Schwert nicht mehr sinken.
»Du… du willst mich töten!« keuchte Rex Rhodes. »Davon war nicht die Rede! Damit bin ich nicht einverstanden! Weg! Geh weg mit deinem verdammten Schwert!«
Auf dem Überwachungsschirm jumpten die Lichtpunkte. Rhodes’ Herz spielte verrückt. Er hatte panische Angst vor Lathor, der immer noch mit erhobenem Wolfsschwert dastand.
»Wir haben eine Abmachung getroffen! Sie gilt!« knurrte Lathor.
»Ich will jetzt nicht mehr…«
»Für eine Umkehr ist es zu spät!« stellte Lathor fest.
Rhodes richtete sich zitternd im Bett auf. Die Spitze des Wolfsschwerts berührte seine Brust. Eiskalt war die Waffe. Ebenso kalt wie Lathor, der nun nicht mehr länger wartete. Mit dem Gewicht seines Körpers stemmte er sich gegen das Schwert. Rhodes sah die Klinge in seinen Brustkorb eindringen und stieß einen gellenden Schrei aus.
Nebenan lachte Blackburn. »Ja, Meister. Mach ihn zu deinem Diener! Ja! Ja!«
Mit wächsernem Gesicht bäumte sich Rex Rhodes ein letztesmal auf. Tief steckte das Wolfsschwert in seiner Brust. Die Kälte der Waffe ging auf ihn über. Sie riß ihm die Seele aus dem Leib und zerstörte alles Menschliche in ihm. Er war nur noch eine Hülle, in die sich finstere Kräfte einnisteten. Sein Mund öffnete sich, während er langsam zurücksank, und ein böses Wolfsknurren drang aus seiner Kehle.
***
Die medizinischen Apparaturen spielten verrückt. Dadurch wurden die Assistenzärzte Steve Remick und Ben Whardley alarmiert. »Ich hab’s befürchtet!« stieß Remick grimmig hervor. »Ich habe insgeheim damit gerechnet, daß Rhodes diese Nacht nicht überlebt, aber ich wollte es nicht sagen. Vielleicht war es Aberglauben. Vielleicht wollte ich ihm das Leben nicht absprechen.«
Remick und Whardley stürzten aus dem Bereitschaftsraum. Sie hetzten zum Fahrstuhl und fuhren eine Etage hinauf.
»Meinst du, wir haben wirklich alles für Rhodes getan?« fragte Whardley.
»Alles Menschenmögliche«, erwiderte Remick überzeugt. »Mehr war nicht zu tun. Du brauchst dir seinetwegen keinen Vorwurf zu machen, Ben. Wenn er heute stirbt, haben wir beide ihn bestimmt nicht auf dem Gewissen.«
»Vielleicht ist er noch zu retten.«
»Das glaube ich kaum.«
Der Fahrstuhl hielt. Remick und Whardley hasteten auf die Tür zu, über der INTENSIVSTATION - EINTRITT VERBOTEN stand. Der Alarm der medizinischen Geräte hatte auch andere Abteilungen erreicht. Zwei Krankenschwestern und ein Helfer waren bereits zur
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