GK467 - Der Killer-Geist
Nicola kalt.
»Na schön, dann werde ich dir helfen, um wenigstens bei dir zu sein, wenn es brenzlig wird.« Er atmete schwer aus. »Aber das eine sage ich dir: Wir riskieren dabei unser Leben.«
»Dessen bin ich mir bewußt«, sagte das Mädchen.
»Trotzdem schreckst du nicht zurück?«
»Ich habe Rance sehr geliebt. Ich muß das einfach für ihn tun.«
»Wie willst du vorgehen?« erkundigte sich Corby.
»Wir begeben uns in den Hafen, dorthin, wo Rance gestorben ist.«
»Und?«
»Dann werden wir weitersehen.«
***
Wir wollten uns noch in der Nacht mit Jir Karobeç in Verbindung setzen, um ihn zu fragen, woher er die Information hatte, daß Miles Mandas Rückkehr bevorstand.
Aber der Wahrsager war nicht aufzutreiben. Im Verieté trat er erst wieder am nächsten Tag auf, in seinem Hotel war der Zigeuner nicht zu erreichen, und niemand konnte oder wollte mir sagen, wo wir den Mann finden konnten.
Also mußten wir warten.
Ich studierte den Wälzer von Lance Selby sehr gründlich. Vor allem den Bericht über Miles Manda las ich mindestens viermal. Einzelne Passagen sogar öfter.
Ich wollte ein Verhaltensmuster des Mörders herausfinden, versuchte festzustellen, ob er mit seinen Opfern in irgendeiner Beziehung gestanden oder ob er wahllos gemordet hatte.
Letzteres schien der Fall gewesen zu sein, und damit war Miles Manda für uns ein unberechenbarer Gegner, bei dem wir auf alles gefaßt sein mußten. Ich kannte alle seine Schandtaten, kannte die Namen seiner zahlreichen Opfer, wußte über ihn beinahe ebensogut Bescheid wie er über sich selbst.
Ich versuchte mich in seine Lage zu versetzen. Er war zurückgekehrt; welche voraussehbaren Schritte würde er nun unternehmen? Würde er seine unheilvolle Tätigkeit im Hafen wiederaufnehmen? Würde er sich ein anderes Jagdgebiet suchen?
Viele Fragen drängten sich auf, und ich war nicht in der Lage, sie zu beantworten. Ich konnte nur Mutmaßungen aufstellen.
Meine große Hoffnung war Jir Karobec. Vielleicht konnte er uns einen großen Schritt weiterbringen.
Vicky Bonney besorgte für Mr. Silver und mich Eintrittskarten für Karobecs Vorstellung, und dem Ex-Dämon und mir blieb nichts weiter übrig, als auf den Abend zu warten.
***
Um halb fünf setzte die Dämmerung ein. Nicola Dunn und Tom Corby trieben sich im Hafengebiet herum. Sie tranken in der Kneipe, in der Corby und Dunn die Schlägerei gehabt hatten, einen heißen Grog, der sie wärmen sollte, denn es war an diesem Abend des 5. Dezember empfindlich kalt.
Der Wirt verlor kein Wort darüber, daß gestern einiges zu Bruch gegangen war. Er hatte in der Zeitung gelesen, was Dunn zugestoßen war und hätte es taktlos gefunden, jetzt über solche Nichtigkeiten zu reden.
»Hier wart ihr gestern also«, sagte Nicola. »Ich verstehe nicht, warum ihr euch immer in solchen Spelunken herumtreiben müßt.«
»Erstens ist hier der Schnaps billig, und zweitens hat das Lokal Atmosphäre.«
Nicola rümpfte die Nase. »Das rieche ich. Man erstickt hier drinnen beinahe, so schlecht ist die Luft.«
Corby schürzte die Lippen. »Das macht mir nichts aus.«
»Wohin gingt ihr von hier?« wollte Nicola wissen.
»Zu Mama Broschiks Kneipe. Auf dem Weg dorthin entdeckte ich dann die Wasserleiche.«
»Zeig mir, wo das war«, verlangte Nicola und erhob sich. Ihre Handtasche klemmte sie fest unter den Arm. Corby bewunderte das Mädchen. Zum erstenmal sah er sie mit anderen Augen. Sie war bildhübsch. Ein Filmstar konnte nicht schöner sein. Sie hatte eine wohlgeformte Figur, lange Beine und einen prachtvollen Busen. Bisher war sie für Tom Corby immer nur die Schwester seines Freundes gewesen. Tabu für ihn, weil er nicht wußte, wie Rance über eine Verbindung zwischen ihm und Nicola gedacht hätte. Er hatte befürchtet, Rance würde das nicht gern sehen. Doch nun, wo Rance nicht mehr da war, erwachten in Tom Corby Empfindungen, die ihn überraschten.
Er stand ebenfalls auf, legte Geld auf den Tisch und verließ mit Nicola das Lokal. Inzwischen war es stockdunkel geworden. Wieder zogen Nebelschwaden auf, aber diesmal waren sie nicht so dicht wie gestern.
Im Geist ging Tom Corby die Strecke noch einmal mit seinem Freund. Sie waren gut gelaunt gewesen, hatten sich gefreut, mit diesen vier Schlägern fertiggeworden zu sein, waren bester Dinge gewesen.
Und dann…
Wie ein Blitz aus heiterem Himmel hatte es sie erwischt. Corby sah wieder Rance Dunn in der Luft hängen, und sofort schnürte sich seine Kehle unangenehm zu.
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