GK470 - Die Teufelsschlange
der Lage, Apoloon diesen Platz streitig zu machen.
Es war Ytlars Wille, daß nach ihm Apoloon herrschte, und das Volk der Vogelbestien war damit einverstanden. Manche meinten sogar, daß Apoloon der bessere Führer war. Er war nicht so ruhmsüchtig, nicht so herrschsüchtig, nicht so impulsiv wie Ytlar. Er überlegte sich jeden Schritt, den er tat, zuerst sehr gewissenhaft, während Ytlar sofort losstürmte.
»Der Heiltrank wird Ugar bald wiederhergestellt haben«, sagte Ytlar zu Apoloon. »Sobald er den Qpfertod gefunden hat, greifen wir die grünen Schatten an.« Ytlar lachte aus vollem Halse. »Ich freue mich auf diesen Kampf. Wie ein Sturmwind werden wir über die Schattenwesen hinwegfegen, und wer sich uns in den Weg stellt, dessen Widerstand wird erbarmungslos gebrochen.«
»Hoffentlich unterschätzt du die Schattenwesen nicht«, warnte Apoloon.
»Sie sind als Krieger nichts wert!« tönte Ytlar. »Ich habe schon gegen sie gekämpft.«
»Sie haben immerhin einen unserer Krieger getötet, obwohl sie in der Minderheit waren.«
»Es wird natürlich Opfer auf unserer Seite geben, das ist klar. Aber der Sieg wird letztlich uns gehören.« Ytlar schlug sich auf die Schenkel. »Ich werde mir die Prinzessin holen und sie peinigen und demütigen. Ich werde sie bis aufs Blut quälen.«
»Wozu?« fragte Apoloon.
»Um sie meine Macht spüren zu lassen. Sie soll sehr stolz sein. Aber ich werde ihren Stolz innerhalb kürzester Zeit brechen, und sie wird mir aus der Hand fressen.«
Apoloon trank. Solange Ytlar über die Vogelbestien herrschte, hatte er zu bestimmen, was geschah. Apoloon war nicht mit allen Entscheidungen einverstanden, aber er hatte keine Möglichkeit, sie zu verhindern.
Eines Tages würde er an der Spitze dieses Volkes stehen, und er würde anders regieren, das wußte er.
***
»Konntest du Waffen organisieren?« fragte Ugar.
»Nur zwei Schwerter und einen Dolch.«
»Das reicht. Wo sind die Schwerter?«
»Ich habe sie außerhalb des Lagers versteckt.«
»Gut.«
»Den Dolch habe ich bei mir«, sagte Massas. »Wenn das einer der Krieger wüßte, würde mich das das Leben kosten. Es ist keinem Sklaven erlaubt, eine Waffe zu tragen. Man hat Angst, wir könnten sie eines Tages dazu benützen, um unsere Freiheit zu erzwingen.«
Der Jüngling sank neben Ugar auf die Knie. Er reichte ihm wieder das Holzgefäß und forderte ihn auf, zu trinken, es würde ihn stärken, und für die Flucht würde er sehr viel Kraft brauchen.
Nachdem Ugar getrunken hatte, verließ Massas das Zelt, ohne zu sagen, was er vorhatte. Wieder mußte Ugar warten. Als Massas zurückkehrte, schob er zwei Goldschimmernde Flügel unter das Stroh.
»Es war viel Arbeit, sie anzufertigen«, erzählte Massas. »Niemand durfte es sehen, deshalb hat es doppelt so lange gedauert.«
»Macht nichts«, gab Ugar leise zurück. »Hauptsache, sie sind endlich fertig. Schneide mich los.«
»Ja.« Massas griff nach dem Dolch. Plötzlich zuckte er entsetzt zusammen. Jemand näherte sich dem Zelt, und gleich darauf trat der Priester ein. Massas versteckte den Dolch zitternd. Man würde ihm den Kopf abschlagen, wenn es herauskam, daß er Ugar zur Flucht verhelfen wollte. Zuvor aber würde man ihn entsetzlich foltern. Ytlar selbst würde es tun.
Der Priester betrachtete Ugar. »Wie geht es dem Gefangenen?« wollte er wissen.
»Seine Genesung macht große Fortschritte«, beeilte sich Massas zu sagen. »Der Heiltrank hilft ihm sehr.«
»Werden wir ihn morgen den Göttern opfern können?«
»Das ist durchaus möglich«, sagte Massas.
Der Priester wies auf Ugar. »Ich hoffe, du bist dir dieser großen Ehre bewußt, Ugar. Du bist ein Auserwählter. Dein Tod wird die Götter milde stimmen. Sie werden dein Blut trinken und uns die Kraft geben, dein Volk zu besiegen.«
»Mein Volk wird euch aus dem Reich der grünen Schatten verjagen!« sagte Ugar trotzig. »Unsere Krieger sind tapfer und wissen ihre Waffen gut zu führen.«
Zorn funkelte in den Augen des Priesters. Einen Moment sah es so aus, als wollte er Ugar einen Tritt versetzen, doch dann wandte er sich um und verließ das Zelt. Er wollte Ugars Genesung unter keinen Umständen verschleppen. Je eher das Schattenwesen auf dem Opferstein endete, desto früher konnten die Vogelbestien angreifen.
Massas faßte sich ans Herz und stöhnte auf. »Ich dachte schon, nun wäre alles aus. Wenn er die künstlichen Flügel gesehen oder meinen Dolch bemerkt hätte, hätte er Alarm geschlagen. Das wäre
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