GK470 - Die Teufelsschlange
einem furchtbar schlechten Gewissen. Das muß doch einen Grund haben.«
»Ich wollte Äste sammeln. Du hast mich erschreckt«, stieß Massas hastig hervor.
»Ich glaube dir kein Wort!« knurrte die Vogelbestie. »Kannst du mir verraten, warum mich dein Freund nicht ansieht?«
»Ihm ist schlecht«, log Massas. »Man hat ihm erlaubt, von einem eurer Krüge zu trinken. Er hat es nicht vertragen.«
»Sag ihm, er soll sich umdrehen. Ich möchte sein Gesicht sehen.«
Ugar stand unter Strom. Sie durften sich nicht aufhalten lassen. Jeden Moment konnte jemand das Zelt betreten und feststellen, daß der Gefangene nicht mehr da war. Ugars Blick fiel auf die Schwerter. Sie lagen hinter Massas. Die Vogelbestie brauchte nur einen Schritt zur Seite zu treten, dann würde sie die Waffen sehen.
»Hast du nicht gehört?« rief der Krieger mit zornig erhobener Stimme. »Ich sagte, du sollst dich umdrehen!«
Ugar rührte sich nicht.
Die Vogelbestie kam näher, und genau das bezweckte Ugar. Als der Gegner nahe genug heran war, holte sich der grüne Schatten eines der Schwerter und drehte sich um.
Ein heiserer Schrei entrang sich der Kehle des Kriegers. Er riß sogleich sein Schwert aus der Scheide und stürzte sich auf das Schattenwesen. Ugar wehrte den Angriff ab und drängte die Vogelbestie zurück. Er kämpfte mit einer Wildheit, der sein Gegner nichts entgegenzusetzen hatte. Sein Schwert traf den Widersacher tödlich. Sobald die Vogelbestie wie ein gefällter Baum gefallen war, wandte sich Ugar an Massas.
»Komm. Die Freiheit winkt.«
Massas hob sein Schwert auf und hastete mit Ugar in die grüne Nacht hinein. Aber ihre Flucht blieb nicht unbemerkt. Lagerwachen entdeckten den toten Krieger. Sie hielten es nicht für nötig, das ganze Volk in Aufruhr zu versetzen.
Zehn Krieger begaben sich auf die Suche. Sie stiegen in die Lüfte und hielten nach Ugar Ausschau. Aufmerksam zogen sie ihre Kreise. Immer weiter entfernten sie sich dabei vom Lager.
Es dauerte eine Weile, bis sie die Ausreißer ausgemacht hatten. Sie sammelten sich in großer Höhe und stießen dann auf Ugar und dessen Begleiter herab. Das Schattenwesen bemerkte sie nicht. Aber Massas witterte mit einemmal die Gefahr.
Er schaute zum grünen Nachthimmel hoch und entdeckte sie.
»Vogelbestien!« schrie er entsetzt. »Sie greifen uns an!«
Der Einäugige stoppte. Auch sein Blick richtete sich zum Himmel. Zehn Feinde stürzten wie Steine herab. Nur zehn! Wenn sie Glück hatten, wurden sie mit ihnen vielleicht fertig.
»Nicht nervös werden, Massas. Zeig, daß du Mut hast!«
»Sie werden uns umbringen.«
»Kämpfe um dein Leben, Massas! Laß dich nicht unterkriegen! Denk an das, was die Vogelbestien deinem Volk angetan haben! Laß deinen Haß dein Schwert führen!«
Der erste Angreifer stürzte sich auf Massas. Der Jüngling sprang aufschreiend zur Seite und hieb mit dem Schwert nach seinem Gegner, ohne zu schauen, wohin er schlug, deshalb überraschte ihn der Todesschrei der Vogelbestie.
Massas versuchte sich auf den nächsten Gegner vorzubereiten.
Ugar kämpfte mit zwei Vogelbestien. Es gelang ihm, eine zu verletzen und die andere auszuschalten.
Massas wurde von zwei Gegnern zu Boden gerissen. Er zog den Dolch aus der Scheide und stach wie von Sinnen um sich. Harte Schläge trafen seinen Kopf. Er drohte die Besinnung zu verlieren.
Verzweifelt versuchte er sich seiner Widersacher zu entledigen. Er schaffte es auch, sich freizustrampeln, und es gelang ihm, aufzuspringen. Dabei verlor er aber sein Schwert, und mit dem Dolch hatte er nur eine geringe Reichweite: Panik befiel ihn.
Er hatte nicht den Mut und die Kraft, zu bleiben. Wozu besaß er Flügel? Er sah sich außerstande, Ugar beizustehen. Wenn er nicht sterben wollte, mußte er davonfliegen.
Atemlos schnellte er sich ab. Eine Vogelbestie folgte ihm. Er drehte sich in der Luft, schlug kraftvoll mit seinen Schwingen, stieg steil nach oben, schwenkte seitlich ab, doch der Verfolger ließ sich nicht abschütteln.
Massas kassierte einen harten Schlag gegen die Schläfe. Er sah auf einmal nichts mehr, merkte nur, daß er fiel, spannte die Flügel verzweifelt aus, um den Sturz zu mildern, spürte noch den Aufschlag, und dann registrierte er nichts mehr.
Indessen kämpfte Ugar tapfer gegen die Übermacht. Aber seine Niederlage zeichnete sich bereits ab. Es waren zu viele Gegner. Sie flatterten immer wieder hoch und stürzten sich auch von oben auf ihn.
Er konnte diesen ungleichen Kampf nicht gewinnen.
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