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Glaenzende Geschaefte

Glaenzende Geschaefte

Titel: Glaenzende Geschaefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Muenk
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Mirandas Hygiene-Gel, das noch auf dem Tisch stand, und fuhr fort: »Wir waren lange glücklich hier mit unserer Erdbeerzucht. Er hatte der Wirtschaft den Rücken gekehrt seit seiner Auszeit. Und als er die ersten Käfer importieren ließ und sich einen Forschungsassistenten nahm, habe ich mir noch nichts dabei gedacht. Ich hielt es für ein Steckenpferd und eine Möglichkeit für ihn, sich in eine kleinteiligere Welt zu versenken, den Dingen auf den Grund zu gehen.« Schlick ließ einen dicken Klecks des Gels auf ihre Handfläche tropfen. »Aber jetzt, jetzt will er wiedernach draußen, diesen Vermögensverwalter der Dangasts einbinden und eine große Sache daraus machen.« Sie schien zunehmend beunruhigt. Es lag vielleicht am Tee.
    »Was spricht dagegen, wenn die Holding doch Geld braucht? So viel Schaden wird er wohl nicht damit anrichten können? Es sind doch nur Käfer.« Miranda verstand immer noch nicht. Gerade hatte man ihr nahegelegt, sie solle die Dinge sachlich sehen.
    Schlick war fast schon wieder an der Tür und drehte sich im Gehen nochmals um: »Sie kennen ihn nicht. Er ist genial. Er sieht Dinge anders. Ganz anders. Es ist, als trage er ein Gen oder einen Rezeptor in sich für die großen Deals. Dann hält ihn nichts mehr, dann will er nur noch austesten, wie weit er gehen kann. Es ist klinisch. Wie damals.«
    »Was meinen Sie mit ›wie damals‹?«
    »Das erzähle ich Ihnen ein anderes Mal.« Schlick blickte auf ihre Armbanduhr und rollte die Augen. »Wo ist er eigentlich gerade? Er hat doch heute Nachmittag den Termin bei diesem Kesch, oder?«
    Natürlich saß Winter bei den Käfern. Miranda hatte sich durchgefragt. Man hatte ihn zuletzt in Zone 11 gesehen, wie er sich auf allen vieren auf die Suche nach seinen Krabbelkumpels gemacht hatte. Und nun hockte er tatsächlich auf einer Matte unter einem der großblättrigen Sträucher, bei denen sich Miranda nicht sicher war, ob diese nicht eher als Schutz für Winter als für die Käfer dienten. Er wollte nicht gefunden werden, da war sie sich mittlerweile fast sicher, und wenn man ihn dann doch endlich irgendwo entdeckte, hatte man stets das Gefühl, als betrete man fragiles Neuland, in dem Besucher nur in sehr begrenzten Gruppen zugelassen waren. Andererseits erhöhte aber auch genau das den Reiz an der Sache.
    Miranda verlangsamte ihren Schritt und schlich auf ihn zu wie auf einen seltenen Vogel, dem man sich nähern wollte, ohne ihn aufzuschrecken. Es gab Tage, an denen Winter schon überstürzt den Raum verließ, wenn sie diesen zu schnell oder gar unangemeldetbetrat. In der Kantine erkannte er sie nicht, weil er sie dort nicht erwartete. Dieses Mal jedoch blieb er verhältnismäßig ruhig, denn er war im Dickicht, also in seinem Revier.
    »Sie machen Lärm, Beck.«
    »Ich wollte Sie nur an den Termin mit dem Vermögensberater erinnern. Sie müssen bald los.«
    »Wirke ich so, als hätte ich dafür keinen Platz mehr im Kopf?« Er starrte immer noch auf die Erde und winkte Miranda zu sich herüber.
    Sie schlich näher an ihn heran und sah sich dabei um. Es war weit und breit niemand in der Nähe, und er hätte alles Mögliche mit ihr anstellen können. Aber was sollte sie sonst tun? Er war ihr Chef. Und immerhin galt Winters Interesse den Tieren, nicht den Menschen. Wenn er wenigstens hässlich gewesen wäre, dachte Miranda, als sie sich schließlich etwas abseits neben ihn hockte.
    Winter zeigte stumm auf eine Dungkugel, die von einem Käfer, der um ein Vielfaches kleiner war als die Kugel, in beeindruckender Geschwindigkeit fortbewegt wurde. Er lief auf deren Oberfläche, dass ihm die Füße heiß werden mussten, und drehte sich ständig um die eigene Achse. Winter gab der Kugel einen sanften Schubs mit dem Zeigefinger, der Käfer kam aus dem Takt und fiel herunter.
    »Scarabaeus nigroeneus. Er glänzt nicht. Wir halten ihn nur zu Forschungszwecken. Und jetzt sehen Sie genau hin.« Winter zeigte auf den Käfer. Dieser erklomm jetzt die Kugel erneut und begann wieder, wie wild auf deren Oberfläche loszumarschieren, als habe man ihn dressiert. »Ich habe ihn so lange gestört und wieder von vorn beginnen lassen, bis ich es ergründet hatte.«
    »Was?«
    »Er orientiert sich am Stand der Sonne.« Winter legte den Kopf in den Nacken und starrte durch die Blätter nach oben, wo eine Plane das Licht zwar dämpfte, aber die Sonne noch klar erkennen ließ. »Sie müssen die Sonne sehen. Sonst gehen sie verloren.«
    Mirandas Rocksaum wurde langsam feucht

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