Glaesener Helga
Schachtel mit einem roten …«
»Die auch!«, brüllte Rossi.
»Bevor ich es vergesse«, sagte Cecilia. »Signora Secci hat uns eingeladen – dich und mich – zu einem Diner. Morgen Abend. Ich habe zugesagt, auch für dich.«
Bruno murmelte dazwischen: »Das Komödiantenpack …«
»Die Schauspieler bleiben, bis die Aufführung vorüber ist. Dass du darüber jaulst, machst die Zeit nicht kürzer«, wies Rossi seinen Sbirro zurecht. Und Cecilia fragte er: »Warum ich auch?«
»Weil es sein muss.« Denn sonst würde das nächste Gerücht womöglich lauten, dass Rossi und sein Schätzchen sich zerstritten hätten. Den Klatschmäulern die Stirn bieten, hätte Großmutter gesagt, und in diesem Punkt musste Cecilia ihr beipflichten. Sich zu ducken, nicht präsent zu sein, war die größte Dummheit, die man begehen konnte, wenn der Ruf in Gefahr geriet. Die zweitgrößte bestand darin, eine Signora Secci vor den Kopf zu stoßen.
Die Seccis bewohnten eine Villa in einer Seitengasse der Stradone delle Terme unten bei den Bädern. Rossi zügelte die Vittoria und half Cecilia aus dem Wagen. Signora Secci hatte Gewächshauspflanzen erworben und ihre geschwungenen Treppen durch üppig gefüllte Kübel in eine Verheißung des Frühlings verwandelt, die von etlichen Fackeln beleuchtet wurden.
Das war hübsch, aber erst, wenn der Besucher durch die Eingangstür schritt, traf er auf ihre wahre Leidenschaft: Affen. Sie schwangen sich als putzige Stickfiguren durch ihre Vorhänge, waren auf Bildern verewigt, auf Porzellantässchen, schmückten als Meißener Figuren die Vitrine. Ein lebendiges Äffchen hockte im Salon in der Nachbildung einer Palme, mit dem Bein an den Palmenstamm gekettet und an einer Ananas knabbernd.
»Sie mag Affen«, stellte Rossi, der aufmerksame Beobachter, fest.
Cecilia verlor ihn rasch aus den Augen. Das Haus war geräumig, und Signora Secci hatte großzügig eingeladen. Etliche Herrschaften kannte sie – beispielsweise das Ehepaar Fabbri, den Apotheker, dann die nette Dame mit dem steifen gelben Manteau, mit der sie einmal einige Schritte auf ihrem Spaziergang gegangen war, deren deutschen Namen sie sich jedoch nicht hatte merken können, Signora Danesi … Aber viele Gäste waren ihr auch fremd. Unter ihnen befanden sich zahlreiche von Signora Seccis Schwestern und Nichten, die eigens aus Pistoia, ihrer Geburtsstadt, angereist waren. Cecilia nahm einem Lakaien ein Glas Champagner ab und zog sich in einen Armlehnensessel zurück.
Signora Secci hatte sämtliche Räume in Gelb- und Grüntönen einrichten lassen, was unbestreitbar gemütlich wirkte. Das Kaminfeuer prasselte. Es roch nach brennendem Holz und nach dem Wachs von Kerzen, das mit Citrus-Parfümen angereichert war. Cecilia warf einen Blick zu Rossi, der es sich auf einem Sofa bequem gemacht hatte. Neben ihm saß Secci. Beide schwiegen.
»Signorina Barghini, wenn es erlaubt ist …?« Eine junge Frau, braunhaarig, kurzhalsig und ein bisschen mollig, setzte sich zu Cecilia. Auf ihrem herzförmigen Mund lag ein Schmollen, als hätte man sie zu dieser Unterhaltung abkommandiert, was wahrscheinlich auch der Fall war. Sie hieß Giorgia, den Nachnamen konnte Cecilia nicht verstehen. »Meine Tante hat erzählt, dass Sie die Wohnung ihrer Schwiegermutter bezogen haben. Wie reizend.«
»Ja, ich bin froh, dass sie so freundlich war, sie mir anzubieten.« Aber nicht im Geringsten darauf erpicht, mich stundenlang darüber zu unterhalten. Entfliehe, Giorgia, bat Cecilia stumm. Wir werden einander anöden. Sie hatte ganz vergessen, wie langweilig Empfänge sein konnten.
Giorgia blickte sich um. »Gefällt Ihnen die Einrichtung?«
Gütiger, sehe ich so aus, als würde ich mich in einem Zoo wohlfühlen? »Sie liebt Äffchen, nicht wahr?« »Sie wählt für ihre Gesellschaften Themen. Jedes Mal ein neues. Geselligkeiten sind ihr besonderes Geschick, sagte Mamma immer. In Pistoia hat sie sich um die Empfänge im Haus meiner Großmutter gekümmert. Als ich das letzte Mal hier war, hatte sie sich Piraten ausgesucht.«
Ob sie einen davon an ihre künstliche Palme gekettet hatte? Cecilia suchte nach einer höflichen Antwort, aber da quietschte die junge Dame plötzlich auf. Das Äffchen war von der Palme entwischt. Es sauste wie ein Blitz durch den Salon, packte eine Vorhangfalte und kletterte bis auf die Gardinenstange, wo es triumphierend keckerte.
»Das war Claudio. Da wette ich drum«, gluckste Giorgia. »Mein Cousin. Er macht immer solchen Blödsinn. Tantchen
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