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GLÄSERN (German Edition)

GLÄSERN (German Edition)

Titel: GLÄSERN (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Walter
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Ohren klingelte es bereits und ich fürchtete, wenn sich eine Räuberbande im Wald aufhalten sollte, brauchte sie nun keinen Kompass mehr, um uns zu finden.
    »Sie leidet! Ihre Familie ist beinahe verloren! Niemals würde sie ihre eigene Tochter verstoßen!«
    »Oh, sie hat sie nicht verstoßen.« Kieran konnte nur mehr keuchen.
    »Sondern!«, brüllte Sandy.
    Heute Nacht würde uns jedenfalls auch kein Getier mehr angreifen. Warum nur hatten wir keinen Gasthof angesteuert?
    »Doch nicht etwa das wahnwitzige Mordkompott, wie du uns hier weismachen willst!«, brüllte der Lord.
    Kieran hatte nun scheinbar genug und knallte dem bärtigen Riesen seine geballte Faust auf die Nase. Sandy taumelte zurück und Kieran stand breitbeinig über ihm und zischte: »Das heißt Komplott ! Und du hast ja keine Ahnung, auf was du dich eingelassen hast, Waliser.«
    »Ich verbitte mir deine Hetzreden, Jäger, denn ich glaube nicht einen Moment -«
    »Weil du die Familie so gut kennst, nicht? Weil du ebenfalls dein Leben dort verbracht hast?«, fragte Kieran keuchend.
    Der Lord ließ die großen Hände sinken, mit denen er dem Jäger gerade in den Magen boxen wollte.
    »Wohl kaum. Hätte ich auch nicht gedacht, Wolfsmann«, sagte Kieran und rieb sich wütend die gerötete Gurgel.
    Lord Sandy glaubte dem Jäger wohl dennoch kein Wort, während ich bereits hektisch gegen jedweden Zweifel an meiner Herrin ankämpfte. Er schritt die verbleibende Nacht um das Feuer wie ein wilder Eber und murmelte immer wieder Flüche vor sich hin, die ein gebildeter Leser normalerweise noch niemals gehört haben sollte. Sogar die Kutscher wurden manchmal rot. Kieran blieb als Einziger gelassen und entschied sich dazu, ein paar rhetorische Fragen zu stellen.
    »Hast du dich denn gar nicht über diese Familie erkundigt? Ein bisschen Geselligkeit im Dorfpub wäre schon ausreichend gewesen. Was denkst du wohl, warum ich in diesem Urwald hier sitze und ihr alle hier mit mir? Weil die nette Lady mit den roten Augen das liebe Töchterlein zurückhaben möchte, ihrer heilen Familie willen? Ich weiß nicht wie du das siehst, aber ich glaube das einfach nicht.«
    Giniver hatte Sandy bremsen können und drückte nun ein paar Kräuter auf die Nase des Lords, die sie vorher zerkaut hatte, damit sie ihre Wirksamkeit entfalteten.
    »Ich denke, wir sollten doch bei der förmlichen Anrede bleiben«, nuschelte dieser erstaunlich gelassen.
    Eigentlich hatte ich mich auf einen Zweikampf gefreut, mit viel Blut und Knorpelknacken. Mittlerweile konnte ich mir auch lebhaft vorstellen, wie genau sich Kieran die Narbe am Mundwinkel eingehandelt haben könnte. Stattdessen rappelte Sandy sich auf und raffte seinen Mantel.
    »Ich jedenfalls gehe meiner Wege, wie sie mir befohlen hat. Ich habe einer Dame ein Versprechen gegeben. Ihr seid mir, so wie ich das sehe, ohnehin alle nur im Weg!«
    Vor allem ihr ! Nun war ich doch etwas empört.
    »Einverstanden, Lord. Sie sollten desertieren«, sagte Kieran entspannt, »solange Sie es noch können. Und Sie sollten mir besser glauben, sonst suchen ihre bestialischen Augen Sie eines Tages auch im Schlaf heim und Sie verfallen schön langsam dem Wahnsinn.«
    Ich hielt es für besser, ihm zu verschweigen, dass dies bereits zutraf. Was hätte es auch geholfen. Dennoch packte der Lord seinen Reisesack und machte sich ohne ein weiteres Wort davon. Wir sahen ihm nach, wie er durch das Dickicht torkelte, um schnell vom Wald verschlungen zu werden. Keiner regte sich. Auch ich ließ ihn ziehen. Über uns kreischte protestierend ein Rabe.
    Kieran drehte sich routiniert noch eine von seinen Tabakmischungen und wir leerten eine weitere Flasche Wein. Wir tranken viel zu viel in den kommenden Stunden. Nebenbei gestand er mir, dass er damals keinen Moment vergehen lassen konnte, ohne Eirwyn aus den Augen zu lassen. Er war noch immer mehr als vernarrt in sie.
    »Du Schwein«, hickste ich bald übermütig.
    »Sie war damals ein Mädchen von vier … äh … zehn!«
    »Sie war fünfzehn. Es gelobt nun mal nicht jedes Mädchen, sich so lange aufzusparen, bis die Rüben nach oben wachsen, so wie du!«
    Die Kutscher grölten vor Lachen und ich warf ihnen einen mordlüsternen Blick zu. Auf Ginivers Unterstützung konnte ich nicht bauen, sie war kurz nach Sandys Aufbruch eingeschlafen. Ich brachte kaum einen klaren Satz zustande.
    »Unglaublich, wie … schweinisch du sein kannst! Du hast sie doch immer geliebt!«, lallte ich. Dann kippte ich rückwärts um. Jemand

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