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GLÄSERN (German Edition)

GLÄSERN (German Edition)

Titel: GLÄSERN (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Walter
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über die Felder, pflückten reifüberzogene Wiesenblumen, die bei der kleinsten unvorsichtigen Berührung zu eisigem Staub zerfielen, und am Nachmittag planten wir ein Picknick in einem schnuckeligen Tal nahe dem Wald. Kieran und Eirwyn leisteten uns Gesellschaft und schafften es beinahe, nichts von ihrem wilden nächtlichen Treiben öffentlich zur Schau zu stellen. Wir alle hüllten uns in dicke Felle und Decken, und da dennoch die kalte klare Sonne schien, spannte Eirwyn eine Handvoll kleiner Schirme aus weißer Spitze auf. Ich reichte Giniver ihre randlose Sonnenbrille aus fein geschliffenem, rosafarbenem Glas, mit filigranen Bügeln aus geschwungenem Silber. Ein Geschenk der Lady, als sie damals, nach dem missglückten kannibalistisch anmutenden Angriff ihrer Brüder und ihres Vaters auf Amaranth Manor angestellt wurde; erst einen Winter zuvor und dennoch erschien es mir wie eine Ewigkeit, dass ich sie bei mir hatte.
    Die Grafentochter und der Jäger turtelten ekelhaft häufig miteinander und küssten sich noch öfter, sodass Giniver verschämt lächelte und zu Boden sah. Sie war schon immer am glücklichsten, wenn andere es waren. Allein der Oakman weiß, warum. Immerhin wirkt sich die Freude anderer nicht immer auch zugleich auf das eigene Wohlbefinden aus, wie mich das Leben des Öfteren lehrte. Wir tranken heißen und sündhaft teuren Kakao, plauderten über alles und nichts, trotz der allzu seltsamen Ereignisse, die es doch dringend anzusprechen gegolten hätte. Niemand wollte den ersten Schritt machen, und nach Eirwyns ungehaltener Reaktion am vorangegangenen Abend würde ich eher den Teufel getan haben, als zuerst auf mein Anliegen zu sprechen zu kommen – auch wenn die Zeit inzwischen drängte. Ich war unruhig und unentspannt, und dennoch schwieg ich. Eirwyn erzählte uns von den Lektüren, denen sie sich widmete und ihren Ausritten in die umliegenden Dörfer. Sie erzählte von den Servants, die das Haus mit gehütet und die bereits ihrem Vater gedient hatten. Es handelte sich um vier Männer, deren Namen allesamt seltsam ähnlich klangen, und drei Frauen mit deutschen Namen, welche klangen wie Greta und Ester und so weiter. Kieran ließ es sich nicht nehmen, uns ungefragt von den wunderschönsten Orten zu berichten, die er auf seiner Reise durch das norddeutsche Land durchquert hatte. Weite Küsten und die See, deren aztekisch blaues Licht dem des englischen Himmels so sehr glich. Einmal war er sogar auf drei ominöse Grabhügel gestoßen, die sicherlich aus der frühen Eisenzeit stammten (wie er selbstsicher behauptete und dafür auch noch bewundernde Oooo's von den Damen erntete). Die Antwort zu meiner keinesfalls ernst gemeinten Frage, ob er denn eine angenehme Besichtigungstour gehabt habe, während seine Liebste von zuhause fortlief, mit nichts am Leib als einem Kleid und Schnürstiefeln, blieb er mir schuldig. Mir glühten vor Wut die Wangen. Welch Unverfrorenheit es doch von ihm war, sich wie immer durch Schweigen aus der Affäre zu ziehen, und dafür auch noch Wohlwollen zu ernten. Offensichtlich verstand man meine Frage auch noch als befremdlich und die beiden Damen tadelten mich mit Blicken, doch ich hatte keine Intention, mich dadurch zum Schweigen bringen zu lassen.
    »Sag mir, weshalb bist du erst mit uns hier angekommen, außer, dass dich dein Interesse für altes Gestein etwas aufgehalten hat.«
    Kieran fixierte mich aus hellblau lodernden Augen. Zweifellos hatte ich mit meinen Worten in ein Wespennest gestoßen. Das gefiel mir. Schließlich ließ er sich aber doch zu einer Antwort herab.
    »Es geht dich zwar nicht das Geringste an, Van Sade, aber ich habe auch eine Verpflichtung dem Grafen gegenüber. Er hat mich kurz nach Eirwyns Flucht zu sich rufen lassen, doch ich wurde verjagt, noch ehe ich den Hof betreten konnte. Ein Mann kam mir entgegen und legte mir nahe, schnell zu verschwinden.«
    Ich stutzte. Dieser Mann war wohl letztendlich der Bote, der um den Brief Hektors geprellt worden war? Ich hob zu einer Frage an, doch er unterbrach mich wieder einmal.
    »Mehr kann ich auch nicht sagen. Versuche dich doch mal wieder darin, dich in deinen bequemen Bedienstetenstatus hineinzuversetzen, Fred, und sei zufrieden mit dem, was ich dir gern in all meiner Güte von mir aus erzähle«, ätzte er und erntete einen tadelnden Stoß in die Seite von Eirwyn.
    Damit waren die Gespräche auch weitestgehend dahin und ebenso die Chance, auf alle Spekulationen eine Antwort zu erhalten, so klar sie

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