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GLÄSERN (German Edition)

GLÄSERN (German Edition)

Titel: GLÄSERN (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Walter
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mich, denn so ergab sich später vielleicht endlich die Gelegenheit, mit Eirwyn allein zu sprechen. Außerdem wurde es höchste Zeit dafür. Mit jedem Tag, den wir hier mit Nichtstun verbrachten, würde die Lady ungeduldiger werden. Ich rubbelte Giniver und mich energisch und etwas zu hektisch trocken, sodass sie mich tadelnd ansah und sich die gerötete Schulter rieb. Ich reagierte nicht auf ihren Schmerz, sondern frisierte uns beiden die Haare und entschied mich für eine anthrazitfarbene wollene Hose und ein schwarzes Hemd mit hellblauen Streifen. Giniver kramte in ihrem Koffer nach einem weiteren Dienstmädchenkleid, fand jedoch kein sauberes. Ich hielt ihr wortlos eines von Eirwyns Unterkleidern aus dem Schrank hin, eine gute Korsage über ein romantisch anmutendes knielanges Kleidchen genäht, in das ein transparentes Schultertuch eingenäht war. Sehr niedlich, wie ich fand. Ich klopfte den Staub ab, doch sie freute sich nicht sonderlich. In Ermangelung sonstiger Kleidung jedoch zog sie es schließlich über. Arm in Arm gingen wir hinab und stießen im Kaminzimmer prompt auf den anderen Hausgast.
    Selbstverständlich war es Lord Sandford, der da lässig mit einem Glas Whiskey am Kamin lehnte. Er begrüßte uns mit einem knappen Nicken, als wäre nie etwas zwischen uns geschehen. Ihm am nächsten stand Eirwyn in einem blauen Samtkleid mit dezent gerüschtem Kragen. Ihr Haar hatte sich durch die Nässe zu winzigen Korkenzieherlocken geringelt und umschmeichelte somit ihren langen Hals. Es sah einfach edel und bezaubernd aus. Ihre Wangen waren noch leicht gerötet und sie lächelte mit glänzenden Augen zur Begrüßung.
    »Wir haben uns gerade offiziell bekannt gemacht, Lord Sandford und ich. Er ist Waliser.«
    Ich blickte dem Lord in die grauen Augen, bis ich es nicht mehr aushielt und mit einem Blinzeln meine Niederlage zu erkennen gab. Er lächelte kühl und erinnerte mich erneut an einen Wolf in Menschenverkleidung.
    »Sieh an!«, sagte plötzlich eine Stimme hinter meinem Rücken. Und noch ehe ich etwas in meinem Sinne Schlagfertiges entgegnen konnte: »Unser verschollener Freund. Welche Freude.«
    Kieran ging an uns vorbei und verbeugte sich spöttisch. Sandy straffte sich und wirkte mit einem Mal unerhört massig. »Nun, das ist wohl nicht ganz wahr? Ihr habt euch alle reichlich wenig Sorgen um meinen Verbleib gemacht, wie mir scheint«, sagte er und inspizierte seine langen Fingernägel.
    »Wieso auch. Sie sind doch schon groß, alter Freund. Aber scheinbar haben Sie sich … verritten?« Kieran grinste.
    »Ein wenig. Die Karte war völlig durchnässt, als ich sie aus meiner Reisetasche zog.«
    Ich spürte, wie ich errötete. Hatte ich also doch in der Nacht im Wald kein simples Blattwerk hochgehoben, um mich darunter zu entleeren. Nun, denn …
    »Und ein wenig Waldzauberei betrieben nach der überstürzten Flucht, wie?«, fragte Kieran mit leiser Wut in der Stimme.
    »Wovon reden Sie denn nun wieder, Sie Spinner!«, brauste Sandy auf.
    Eirwyn stellte sich sogleich beschwichtigend dazwischen.
    »Frederick, Ginny, nehmt erst einmal Platz. Du auch mein Herz. Lord Sandford, möchten Sie sich zu uns setzen, um ein wenig zu spielen?«
    Sie deutete schnell auf ein Bündel vergilbter Karten. Sandy ließ sich wortlos und en vogue wie stets mit einem Ächzen in dem ledernen Sessel nieder. Außer Kieran, dessen Augen belustigt blitzten, ignorierten alle diese peinliche Szenerie. Giniver setzte sich steif auf den einzigen gepolsterten Stuhl am Kamin und folgte mit den Augen dem Flammentanz. Man merkte ihr an, dass sie sich keineswegs wohlfühlte.
    »Sarastro!« Eirwyn stampfte kurz auf den Boden und der irische Wolfshund trottete von irgendwo herbei, legte sich lang ausgestreckt zu ihren Füßen nieder und warf ihr einen langen neugierigen Blick zu. Der Jäger und ich beobachteten indes den Lord, der sorgfältig und zügig die Karten mischte. Ich rutschte etwas an Eirwyn heran.
    »Hat er dir gesagt, was er hier will«, fragte ich vorsichtig.
    Sie zögerte einen Moment, stand plötzlich ungehalten auf, nahm meinen Arm und führte mich unter den erstaunten Blicken der Männer durch das Zimmer.
    »Frederick, er sagt, er soll mich bitten, meinen Vater in Schottland zu besuchen. Aber ich muss zuerst darüber nachdenken. Du weißt, wir haben uns nicht gerade in Harmonie getrennt, und meine Mutter hasst mich ohnehin«, sagte sie hastig.
    »Aber ist es nicht Zeit, zu vergeben, angesichts seiner Krankheit?«, fragte

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