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GLÄSERN (German Edition)

GLÄSERN (German Edition)

Titel: GLÄSERN (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Walter
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leisen Lächeln an den Kaminsims, damit ihm der Feuerschein eine möglichst dämonische Kulisse bot, beäugte jeden Einzelnen von uns und begann endlich, nachdem er wohl genügend Atmosphäre geschaffen hatte, mit dem Lesen.
    »Wie wäre es also mit einer Groteske vor dem Schlafengehen?«

    Am Anfang der Zeit, als sich die Sterne noch um das unendliche Firmament stritten, existierte eine Puppe. Eine Porzellanpuppe, die ihrem Besitzer, einem kleinen Mädchen, mit Augen wie Saphiren, einst so wertvoll war. Aber da sie träumen konnte – eine seltene Gabe für eine Puppe – und in ihrer Reise durch das Reich der Träume einen Blick in die Zukunft erhaschen konnte, wusste sie bereits, dass alles enden und sich verändern musste. Und als die Zeit verstrich und das Mädchen heranwuchs, geriet die Puppe nach und nach in Vergessenheit. Mit Augen von Smaragden versuchte sie so sehr, sich an ihre Vergangenheit zu klammern. Aber man kann die Zeit nicht anhalten. Jahre verstrichen und bald auch die Jahrzehnte. Noch immer vergessen und allein, blieb der Puppe nichts, bis auf das Träumen. Doch dann, eines Tages, die Puppe konnte nicht sagen, wie viel Zeit vergangen war, fühlte sie, wie sich ihr jemand näherte. Es war kein Mensch, jedoch etwas anderes. Vielmehr ein Geist oder ein Wesen von der anderen Seite. Als das Wesen die Puppe sah, konnte es nicht anders, als sich ihr zu nähern. Es ist unnötig zu sagen, dass es selbst auch einsam war. Die Puppe sah den Geist mit leblosen Augen an. Ihre Lippen trugen zwar ein Lächeln, doch sie war lediglich auf diese Weise gezeichnet worden. Der Geist näherte sich und nahm die Puppe auf seine schattenhaften Arme. ›Wir beide sind einsam‹, flüsterte das Wesen. ›Wenn dies also kein Traum ist, wenn es wirklich ist, so lass uns zusammen fortgehen. Wir werden nie wieder allein sein.‹ Das Wesen sank zum Boden hinab, die Puppe noch immer gegen seine Brust gedrückt, als es plötzlich allmählich verschwand und die Puppe allein zurückließ. Aber wenn man genau hinsah, so konnte man erkennen, wie Leben in den Augen der Puppe erstrahlte. Langsam hob sie ihren Kopf und sah zum Mond. ›Von nun an werden wir als Eines leben‹, sagte sie und lächelte. Sie wusste, sie würde niemals wieder allein sein. (*)
(*) Textteile aus „My Friend Skeleton“ („Al!ve“) - Kapitel 4

    Kieran blickte von dem dünnen Leinenbändchen auf und ließ seine Augen durch den stillen Raum wandern. Die Damen blicken ihn mit großen Augen an.
    »Was für eine seltsame Geschichte«, meinte Eirwyn versonnen und blickte auf ihre Hände.
    Lord Sandy saß mit verkniffenem Gesicht da und suchte wahrscheinlich noch immer nach der Botschaft in der Erzählung. Er schien jedoch wieder schnell aufzugeben und entschied sich stattdessen dazu, dem Whiskey zuzusprechen und das Schachbrett mit den aufwendigen Zinnfiguren zu ergründen.
    »Wer ist der Verfasser?«, wollte Eirwyn wissen.
    »Das steht hier nicht«, sagte Kieran und widmete sich weiter dem Labyrinth aus Büchern.
    Giniver träumte vor sich hin, den Blick in den tanzenden Flammen versenkt.
    Bald kam Eirwyn auf mich zu und blickte verstohlen auf ihre müden Gäste. »Ich habe eine Idee«, sagte sie mit spitzbübischem Lächeln.
    Ich sah zu Lord Sandford hinüber und dachte an meine Nagelschere, die in meinem Kulturbeutel steckte und an eine Vision, wie ich diesem widerlichen Kerl damit unelegant die Halsschlagader öffnete – zur Sicherheit mehrmals.
    »Ich auch. Was ist deine?«, fragte ich versonnen.
    Sie deutete mit einem Kopfnicken auf die große Terrasse, die dort draußen im kalten Mondlicht erstrahlte. Ich griff mir einige Wolldecken von einem Schemel und die letzte halb volle Flasche Wein und folgte ihrem wehenden Rocksaum. Die Nacht war klar und ich wickelte uns beide galant in die Decken. Über uns die blinkenden Sterne und der zunehmende Mond – ich fühlte mich wohl, wie ausgesetzt im endlosen Himmel, wie das empathische Kinderspielzeug im Reich der Träume. Der Wald rauschte und wehte seine herben und lieblichen Düfte zu uns herüber, obwohl das wegen der hauchdünnen Eisschicht auf jedwedem Grün eigentlich unmöglich war. Es schien beinahe, als würden sich die dunklen Bäume langsam wankend dem Haus nähern. Eine optische Täuschung, die mich hypnotisierte. Die Figurensträucher im Garten verneigten sich im steten Wind vor ihm, winkten ihm, sich ruhig zu nähern bis … Eine von Eirwyns schwarzen Locken wehte mir in die Augen, doch ich ließ

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