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GLÄSERN (German Edition)

GLÄSERN (German Edition)

Titel: GLÄSERN (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Walter
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Alb zu erwachen! Wie das Flackern eines entzündeten Schwefelholzes flammte die Befürchtung auf, dass auch Eirwyns Ableben auf dieser Reise zumindest akzeptiert war. Doch ebenso flüchtig wie die kleine Flamme, war auch der Gedanke, und er verschwand in der Dunkelheit meines Geistes. Inzwischen hatte sich Kieran von dem Schock etwas erholt. Er zielte auf den Lord, der unter mir auf dem nasskalten Steinboden lag. »Dann hast du es also nicht sonderlich mit Frauen. Dem Henker sei Dank, dass ich Eirwyn keinen Moment aus den Augen gelassen habe.«
    Lord Sandford verdrehte die Augen, sodass er den Jäger anblicken konnte. »Nicht ganz. Es ist so, dass, seit ich zum Manne wurde, Frauen mich anekelten, sobald sie den Mund aufmachten. Immer schon bezauberte mich der Anblick schöner Frauenkörper, doch ich wollte sie nur ansehen. Es war nicht einfach. Keine von ihnen hielt sich an die Regeln. Sie wollten nicht schweigen! Es war doch so einfach! Nur schweigen. Die ein oder andere besuchte sogar einmal mein Schlafgemach in der Nacht, und eine schmiegte sich an meinen Arm, als ich im Haus war. Und sie alle wollten mit mir zum Tanz oder, schlimmer noch, in die Schlafkammer. Sie mussten also zu dem werden, was ich allein wollte, dass sie waren. Stumme Objekte der Schönheit.«
    Vor Entsetzen blieb mir das Herz beinahe stehen. Und vor Ekel. Ich hob den Blick. Es gab noch Eines, das ich nun wissen musste. »Und warum Giniver?«, fragte ich tonlos und er verstand mich sofort.
    Er grinste und riss die Augen auf. Langsam reckte er mir seinen großen Kopf entgegen, bis ich zurückwich, wofür ich mich sofort hasste. Die Messer hielt ich jedoch fest umklammert.
    »Warum nicht Giniver? Sie ist eben extravagant. Ich kann eine solche Figur doch nicht einfach entschwinden lassen. Vor allem habt ihr sie mir geradezu in die Hände gelegt.«
    »Das ist eine dreckige Lüge!«, brüllte ich.
    »Nein, ist es nicht. Vielleicht nicht du, Van Sade, aber du solltest achtgeben, was du dir wünschst und wem du vertraust. Wie dem auch sei, trotz alledem besitze jedoch auch ich ein Herz und so habe ich meine Regeln aufgestellt.«
    Sandford blieb ruhig. Viel zu ruhig.
    »Regeln! Wie die, deine perverse Kammer nicht zu betreten?«
    Der Lord legte fragend den Kopf schief. »Die alten Schauermärchen also. Hat der Alte sich doch noch an die Kamingeschichten erinnert. Ich fürchte nur, er war nicht besonders aufmerksam. Es gibt eine solche Tür in meinem Schloss. Es verbirgt sich nur nichts Sonderbares oder gar Besonderes dahinter. Dennoch, wenn sich ein Weibsbild im ganzen Haus umsehen darf, nur nicht diese eine Tür öffnen soll, was glaubst du wohl, was dann passiert? Sie wussten, den Schlüssel dafür legte ich in eine Schale auf dem Kamin. Kurzum: Wer die Regeln brach, verlor. So einfach war es doch. Und ebenso war es mit Giniver. Ich riet ihr, ihre Zimmertür zu verschließen und sie nur zu öffnen, wenn du klopfen solltest. Du müsstest dann zwar einen Moment warten, bis sie aufgestanden war. Sie sollte sich dann eben beeilen. Es war zu einfach.«
    Meine Hand zitterte. Ich verstärkte den Druck auf seinen Kopf. Er schloss die Augen kurz und hypnotisierte mich dann wieder mit diesen seelenlosen Augen eines Irren.
    »Was für ein hinterlistiger Zug, Sandford, Giniver genau damit in eine Falle zu locken, was sie am allerwenigsten kontrollieren konnte – ihren Zwang, es allen recht zu machen – um sie mit voller Berechtigung zu zerstören!«, kreischte ich völlig außer mir und senkte die Klinge tiefer hinab. »Doch warum Giniver? Warum nur?! Du wusstest, was sie mir bedeutet!«, weinte ich wütend. Ich war der Ohnmacht nun näher, als jemals zuvor in meinem Leben.
    Er ignorierte das feine Blutrinnsal, das ihm von der Klinge hinab ins Auge lief. »Wie ich sagte: Sie ist einfach bezaubernd. Außergewöhnlich! Ich musste sie haben!«
    Ein unnatürliches Grinsen breitete sich über sein Gesicht aus, wie man es von irren Menschen eben kennt. Ich dachte an etwas, was ich einst las, dass psychopathische Menschen meist einen völlig normalen Eindruck machten. Gewöhnlich wirkten sie intelligent – was in diesem Falle wohl eher weniger zutrifft, zumindest auf den ersten Blick, denn an Gerissenheit hatte er uns alle übertroffen – und man unterschätzte leicht ihren tiefen und dunklen Charakter. Allerdings, und hier lief mir ein Schauer über den Rücken, wurde in dieser Lektüre auch angegeben, sie würden normale menschliche Gefühle nur nachahmen, anstatt

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