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GLÄSERN (German Edition)

GLÄSERN (German Edition)

Titel: GLÄSERN (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Walter
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sie wirklich selbst zu empfinden.
    Ich überging Kierans erhobene Hand, die versuchte, mir Einhalt zu gebieten, und verbreiterte Sandfords böse Grinsefratze mit dem Messer, indem ich es quer von einem Ohr zum anderen zog. Zugleich stieß ich das andere durch seinen Schädel! Ein blutiges Lächeln erschien langsam auf seinen Zügen und wurde schnell zu einem sprudelnden Lachen, als das Gewebe aufklappte und das Blut aus den tiefen Schnitten quoll, wie aus einer Waldquelle. Genießerisch richtete ich mich auf, als das Messer in seinem Schädel nachgab und ich auf etwas Hartes stieß. Es war vorbei, und ich allein hatte es vollbracht. Ich drehte den Kopf und zeigte Kieran eine Parodie meines Lächelns. Er sah mich mit vor Entsetzen geweiteten Augen an. Erst nach wenigen Atemzügen fürchtete ich mich vor mir selbst zu Tode. Die stahlgrauen Augen des Lords waren noch immer halb geöffnet. Alles schwamm in seltsam wässrigem, hellem Blut. Wir starrten beide eine Weile auf ihn hinab, dessen Gesicht nun für immer lüstern grinsend auf seine Bräute stieren konnte.
    »Dabei wolltest du ihn einem langsamen Tod überlassen«, sagte ich leise zum Jäger, der noch immer mit schweißnassem Gesicht an der Wand lehnte. »Nun, diese Gelegenheit hast du wohl verpasst.«
    Er starrte atemlos auf die Leiche des Bärtigen, obwohl ich bezweifle, dass er irgendetwas davon wirklich sah. Ächzend erhob ich mich, überprüfte auf die Schnelle die Flecken auf meiner Manschette. Sie würden sich sicher herausbleichen lassen. Ich spürte, dass Kieran sich wünschte, ich würde schweigen, doch mein traumatisiertes Herz hatte eigene Bedürfnisse.
    »Er war ein schwacher Mann«, sagte ich. »In jeder Hinsicht. Er versagte sogar darin, wenigsten so zu tun, als sei er ein normaler Mensch. Somit lag seine Kernkompetenz ohne jeden Zweifel lediglich darin, tote Bräute zu stapeln.« Fahrig deutete ich auf unser stummes Publikum. »Seine Arbeit ist doch zumindest ganz anständig.«
    Alle weiteren Worte gingen in meinen Tränen unter und ich wandte mich schnell ab. Kieran stand auf und zog das Messer aus Sandfords Kopf. Und noch während ich den von meinen Händen entstellten Körper unter mir ansah, konnte ich einfach nicht mehr aufhören zu lachen.

Im Delirium 02: Erhebung ins Halbdunkel

    Schon immer bewunderte ich Männer, die einen starken Körper haben, denn sie strahlen aus, was ich nie sein kann. Sie strotzen meist vor Stärke und somit können sie sich völlig zu Recht auch Mut und eine gewisse Arroganz leisten. Jemand Androgynes, so wie ich, begibt sich jedoch meist lieber in die Nähe von Frauen, um von ihnen als unterhaltsamer Geck angesehen zu werden und zur Not dem weiblichen Seelchen beizustehen, wenn es um nichts als die üblichen Banalitäten der Gesellschaft geht. Mit Sicherheit jedoch fühlen sich sogar die Damen niemals so schutzlos wie ich. Auch wenn sie sich schneller ängstigen als ein Mann, gilt für sie die reelle Chance, dass sie irgendjemand beschützt.
    Also ließ ich es ohne Gegenwehr geschehen, dass der Jäger mich am Arm aus dem Mörderschloss hinausführte. Fort von dem Verlies, das seinerzeit einen Horace Walpole zu allerlei spannendem Geschreibsel hätte verführen können. Ob dieses allerdings unser reales Erlebnis übertroffen hätte, wage ich ernsthaft zu bezweifeln. Über die Schulter trug er Ginivers Leichnam, den Kieran aus dem Ledersack in eine kunstvoll verzierte Wolldecke mit indischen Ornamenten gewickelt hatte. Sie sollte nicht um ihr ordentliches Begräbnis betrogen werden.
    Die Eingangspforte stand einen Spalt offen. Davor vollführte matter Schnee seinen knochentrockenen Tanz. Wir stolperten aus der verdammten Festung und liefen direkt in Eirwyn hinein, die vor der Tür besorgt und zitternd von einem Fuß auf den anderen trat. Kieran zog sie direkt an sich und sie umfasste uns alle mit ihren weißen Armen. Eine Weile schluchzte sie in meinen Mantel.
    »Ich dachte schon, ihr kommt nicht mehr zurück! Ich habe Schreie gehört und … wie seht ihr eigentlich aus?!«
    Anhand meines blutdurchtränkten Hemdes unter dem offenen Mantel geriet sie sogleich in Panik. Sie tatschte wirr an dem besudelten Stoff herum. An ihrer Schläfe haftete etwas vom Blut des Lords von meinem Hemd. Rasch überprüfte sie uns mit hektischen und wenig behutsamen Fingern auf Wunden, doch außer den oberflächlichen Schnitten in meinen Handflächen, dem Bluterguss in meinem Gesicht und einigen aufgeplatzten Striemen an Kierans

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