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Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Titel: Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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schlammigen Teich Karpfen, um sie in ein Marmorbecken mit schönem, klarem Wasser zu setzen; man wollte damit einem Verlangen der Frau von Maintenon nachkommen, die sie mit den Brocken der königlichen Tafel speiste, Die Karpfen kamen um. Tiere können ergeben sein, aber der Mensch wird ihnen niemals die Lepra der Schmeichelei mitteilen. Ein Höfling machte eine Bemerkung über diesen stummen Widerstand in Versailles. »Sie sind wie ich,« erwiderte die ungekrönte Königin, »sie sehnen sich nach ihrem dunklen Schlamm zurück.« Dieses Wort enthält die ganze Geschichte Esthers. In einzelnen Augenblicken trieb es das arme Mädchen, durch die prachtvollen Gärten des Klosters zu laufen; sie ging verstört von Baum zu Baum und stürzte sich verzweifelt in die dunklen Winkel und suchte dort – was? Sie wußte es nicht, aber sie erlag dem Dämon, sie kokettierte mit den Bäumen, sie sagte ihnen Worte, die sie niemals aussprach. Bisweilen glitt sie abends wie eine Schlange die Mauern entlang, ohne Schal, mit nackten Schultern. Oft stand sie in der Kapelle während des Amtes da, die Augen aufs Kruzifix geheftet, und jeder bewunderte sie, wenn ihr die Tränen in die Augen traten. Sie aber weinte vor Wut; statt der heiligen Bilder, die sie sehen wollte, erhoben sich die flackernden Nächte, in denen sie die Orgie dirigierte, wie Habeneck im Konservatorium eine Beethovensche Symphonie dirigiert, jene lachenden und schlüpfrigen Nächte, durchschnitten von nervösen Bewegungen, von unerlöschlichem Lachen, mit gelöstem Haar, wütend und brutal vor ihrem Blick, Sie war äußerlich sanft wie eine Jungfrau, die nur durch ihre weibliche Gestalt mit der Erde zusammenhängt; in ihrem Innern wütete eine kaiserliche Messaline. Sie allein wußte um diesen Kampf des Dämons mit dem Engel, Wenn die Oberin sie schalt, weil sie künstlicher frisiert war, als die Regel es wollte, so veränderte sie ihre Frisur mit anbetungswürdigem und schnellem Gehorsam/ sie wäre bereit gewesen, sich das Haar abzuschneiden, wenn die Mutter es ihr befohlen hätte. Dieses Heimweh hatte bei einem Mädchen, das lieber umgekommen wäre als zurückgekehrt in die unreinen Lande, eine rührende Anmut. Sie wurde blaß, verwandelte sich, wurde mager. Die Oberin verkürzte ihren Unterricht und zog das interessante Geschöpf in ihre Nähe, um sie auszufragen, Esther war glücklich; es gefiel ihr unendlich unter ihren Gefährtinnen; sie fühlte sich in keinem lebenswichtigen Teil angegriffen, aber ihre Lebenskraft selber war bedroht. Sie sehnte sich nach nichts zurück; sie wünschte nichts. Die Oberin war erstaunt über die Antworten ihres Zöglings, und sie wußte nicht, was sie von ihm denken sollte, als sie ihn einer verzehrenden Sehnsucht zur Beute fallen sah. Man rief den Arzt, als der Zustand des jungen Mädchens ernst zu werden schien, aber dieser Arzt kannte Esthers Vorleben nicht und konnte sie nicht beargwöhnen: er fand überall Leben, das Leiden war nirgends. Die Krankheit warf alle Hypothesen um. Es blieb noch eine Art und Weise, die Zweifel des Gelehrten, der einem furchtbaren Gedanken nachging, aufzuklären: doch Esther weigerte sich hartnäckig, sich der Untersuchung des Arztes zu unterwerfen. In dieser Gefahr appellierte die Oberin an den Abbé Herrera, Der Spanier kam, sah Esthers verzweifelten Zustand und plauderte einen Augenblick abseits mit dem Arzt. Nach diesem Gespräch erklärte der Mann der Wissenschaft dem Mann des Glaubens, das einzige Mittel sei eine Reise nach Italien. Der Abbé wollte nicht, daß diese Reise vor Esthers Taufe und erster Kommunion stattfände.
    »Wieviel Zeit brauchen Sie noch?« fragte der Arzt. »Einen Monat,« erwiderte die Oberin. »Dann ist sie tot,« versetzte der Doktor. »Ja, aber im Stand der Gnade und als Gerettete,« sagte der Abbé.
    Die Frage der Religion beherrscht in Spanien die Fragen der Politik, des bürgerlichen und physischen Lebens; der Arzt gab also dem Spanier keine Antwort, er wandte sich zu der Oberin,» aber der furchtbare Abbé ergriff ihn am Arm, um ihn zu hindern. »Kein Wort, Herr Doktor!« sagte er.
    Der Arzt warf, obwohl er religiös und monarchisch gesinnt war, einen Blick voll zärtlichen Mitleids auf Esther. Dieses Mädchen war schön wie eine Lilie, die sich auf ihren Stengel neigt. »Wie Gott will, also,« sagte er und ging.
    Noch am Tage dieser Konsultation wurde Esther von ihrem Gönner in den Rocher de Lancale [Fußnote: Ein berühmtes Pariser Restaurant.] geführt, denn der

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