Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)
will, so sagte er mir, Sie würden mir Ihren Namen nicht versagen.«
Cérizet sah die Wechsel an und sagte: »Aber er ist nicht mehr in Frankfurt ...« »Ich weiß,« erwiderte Barker; »aber zur Zeit des Datums dieser Tratten kann er noch dort gewesen sein ...« »Ich will keine Verantwortung tragen ...« sagte Cérizet. »Dieses Opfer verlange ich nicht von Ihnen; Sie können beauftragt sein, Zahlung in Empfang zu nehmen. Quittieren Sie, und ich übernehme die Einziehung.« »Ich bin erstaunt, daß d'Estourny so viel Mißtrauen gegen mich zeigt,« sagte Cérizet. »In seiner Lage«, erwiderte Barker, »kann man ihm keinen Vorwurf daraus machen, wenn er seine Eier in mehrere Körbe legt.« »Sollten Sie etwa glauben ...?«fragte der kleine Halsabschneider, indem er dem falschen Engländer die Wechselbriefe quittierte und völlig in Ordnung zurückgab. » ... Ich glaube, daß Sie seine Gelder gut verwahren werden,« sagt Barker; »ich bin sogar davon überzeugt! Sie sind schon aufs grüne Tuch der Börse geworfen.« »Ich habe ein Interesse daran ...« »Sie zum Schein zu verlieren,« unterbrach Barker. »Herr ...!« rief Cérizet. »Halt, mein lieber Herr Cérizet,« sagte Barker kühl, indem er Cérizet unterbrach, »Sie würden mir einen Dienst leisten, wenn Sie mir die Einlösung erleichterten. Seien Sie so freundlich und schreiben Sie mir einen Brief, in dem Sie sagen, daß Sie mir diese für Rechnung d'Estournys quittierten Werte übergeben und daß der Gerichtsvollzieher den Inhaber des Briefes als Besitzer dieser drei Tratten ansehen soll.« »Wollen Sie mir Ihre Namen nennen?« »Keinen Namen!« erwiderte der englische Kapitalist. »Schreiben Sie: ›Der Inhaber dieses Briefes und der Werte‹. Sie sollen für diese Gefälligkeit gut bezahlt werden.« »Und wie? ...« fragte Cérizet. »Durch ein einziges Wort. Sie bleiben in Frankreich, nicht wahr?« »Ja.« »Nun, Georg d'Estourny wird niemals nach Frankreich zurückkehren.« »Und weshalb nicht?« »Mehr als fünf Personen, die ich kenne, würden ihn ermorden; und er weiß es.« »Ich wundere mich nicht mehr, daß er Geld von mir verlangt, um eine Ladung für Westindien zu kaufen!« rief Cérizet. »Und er hat mich zum Unglück gezwungen, alles in Staatspapieren anzulegen. Wir sind schon für Differenzen in der Schuld des Hauses du Tillet. Ich lebe von der Hand in den Mund.« »Ziehen Sie den Kopf aus der Schlinge!« »Ach, wenn ich das früher gewußt hätte!« rief Cérizet. »Ich habe mein Glück versäumt ...« »Ein letztes Wort! ...« sagte Barker. »Verschwiegenheit! ... Sie sind dazu imstande; und, was vielleicht weniger ist, Treue! Wir werden uns wiedersehen, und ich werde dafür sorgen, daß Sie Ihr Glück machen.«
Nachdem er in diese Kotseele eine Hoffnung gesenkt hatte, die auf lange hinaus ihre Verschwiegenheit sichern mußte, ging Carlos, immer noch als Barker, zu einem Gerichtsvollzieher, auf den er zählen konnte, und beauftragte ihn, die entscheidenden Urteile gegen Esther zu erwirken. »Man wird zahlen,« sagte er zu dem Gerichtsvollzieher, »es ist eine Ehrensache; wir wollen nur ordnungsgemäß vorgehen.«
Barker ließ Fräulein Esther beim Handelsgericht durch einen Prozeßagenten vertreten, damit die Urteile vollstreckbar wären. Der Gerichtsvollzieher, den man gebeten hatte, höflich vorzugehen, tat die Prozeßakten in seine Mappe und ging selbst in die Rue Taitbout, um das Mobiliar zu pfänden; er wurde von Europa empfangen. Als die Schuldhaft einmal verhängt worden war, stand Esther scheinbar unter dem Druck von dreihundert und einigen tausend Franken unbestreitbarer Schulden.
Carlos stürzte sich dabei nicht in große Erfindungskosten. Dieser Schwank der falschen Schulden wird in Paris sehr oft gespielt. Es gibt dort ›Unter‹-Gobsecks, ›Unter‹-Gigonnets, die gegen eine Provision zu diesem Kalauer bereit sind, denn sie scherzen über diesen ehrlosen Streich. Es ist das eine Erpressung gegen widerspenstige Eltern oder filzige Liebhaber, die angesichts einer brennenden Notwendigkeit oder einer angeblichen Entehrung ›in den sauren Apfel beißen‹. Maxime von Trailles hatte sich dieses Mittels sehr oft bedient, – entnommen ist es dm Komödien des alten Repertoires. Nur hatte Herrera, der die Ehre seines Gewandes und Luciens retten wollte, seine Zuflucht zu einer gefahrlosen Fälschung genommen, die freilich oft genug vorkommt, um eben jetzt die Justiz gegen sie ins Feld zu rufen. Es gibt, so sagt man, in der Umgebung
Weitere Kostenlose Bücher