Glanz
nicht helfen.
Eines der Felsentiere schoss vor und schnappte mit seinen Vorderbeinen nach meinen nackten Beinen. Unwillkürlich |54| machte ich einen Schritt zurück – und trat ins Leere. Ich überschlug mich in der Luft und sah für einen Moment die Brandung mit erschreckender Klarheit auf mich zurasen. Dann prallte ich mit der Schulter auf dem Wasser auf. Es fühlte sich an wie Beton. Die Wellen schlugen über mir zusammen, und eine Strömung zog mich in die Tiefe. Bald wusste ich nicht mehr, wo oben und unten war. Meine Lungen brannten wie Feuer. Ich ruderte mit Armen und Beinen, doch anstatt mich der Wasseroberfläche zu nähern, sank ich immer tiefer in die Dunkelheit.
|55| 7.
Jemand rüttelte an meiner Schulter. »Anna! Anna, wach auf!«
Es gelang mir nur mit Mühe, die Augen zu öffnen. Ich nahm die Umgebung wie durch einen milchigen Schleier wahr. Ich lag halb auf Erics Bett, mein Kopf auf seinem Bauch. Meine Lungen schmerzten, und ein salziger Geschmack erfüllte meinen Mund. Ich hustete und würgte, sog gierig die kostbare Luft ein.
»Anna, Gott sei Dank!«
Allmählich klärte sich mein Blick. Emilys Gesicht war grau von Sorge und Anstrengung. »Was ist passiert? Ich hatte dich verloren. Ich habe dich überall gesucht, aber du warst weg. Ich dachte schon, du wärst für immer in der Dunkelheit gefangen wie dein Sohn!«
Es dauerte einen Moment, bis ich sprechen konnte. »Es … es war unglaublich, Emily. Ich war da! Ich war wirklich da!«
»Da? Was meinst du mit ›da‹?«
»Ich war in seinem Kopf. In seiner Welt. Es war so real … Hast du mich nicht gesehen?«
»Nein. Ich sah die Ebene, doch plötzlich wurde alles schwarz. Ich hatte keinen Kontakt mehr zu dir. Ich bekam schreckliche Angst. Ich habe versucht, dich zu finden, doch es war, als hättest du plötzlich keine Seele mehr! O Anna, ich habe mir solche Vorwürfe gemacht! Ich hätte nie zulassen dürfen, dass du …«
»Nein, Emily. Du hast nichts falsch gemacht. Im Gegenteil, es war genau richtig!« Ich erzählte ihr in knappen |56| Worten, was ich erlebt hatte. »Du hast recht gehabt, es ist gefährlich. Aber Eric ist irgendwo dort, und ich kann ihn finden. Ich muss!«
»Du … du willst doch nicht etwa noch einmal dorthin?«
»Doch, Emily. Es ist meine einzige Chance, meinen Sohn zurückzuholen! Ich weiß, es ist ein großes Risiko, aber ich würde es mir nie verzeihen, wenn ich nicht alles versucht hätte. Bitte, Emily, ich muss noch mal dorthin zurück!«
Emily sah mich mit ihren sanften, braunen Augen lange an. »Ich habe keine Ahnung, was passiert, wenn dir in jener Welt etwas zustößt! Es … es könnte deine Seele beschädigen, oder deinen Geist.«
»Ich weiß. Aber es ist die einzige Möglichkeit.«
Zu meiner Überraschung protestierte sie nicht. »Also gut. Aber nicht jetzt. Es war sehr anstrengend für mich und für dich sicher auch. Wir sollten nach Hause gehen und uns ausruhen. Morgen treffen wir uns wieder um dieselbe Zeit.« Sie erhob sich.
Ich stand ebenfalls auf. Meine Füße schmerzten, so als sei ich tatsächlich über harten, scharfkantigen Boden gerannt. Ich legte die Arme um Emily und drückte sie an mich. »Danke!«
Sie erwiderte die Umarmung, dann löste sie sich von mir. »Bis morgen.« Sie schwankte leicht, als sie den Raum verließ. Offenbar konnte sie sich kaum noch auf den Beinen halten. Ich blickte ihr einen Moment nach, dann sah ich auf die Uhr. Es war erst kurz vor sieben. Ich konnte nicht länger als dreißig Minuten bewusstlos gewesen sein, doch in Erics Traumwelt war es mir vorgekommen, als seien viele Stunden vergangen.
Ich wusste nicht, was ich denken sollte. Ich war ermutigt |57| und doch voller Sorge. Verwirrt nahm ich ein Taxi nach Hause.
Mein ganzer Körper fühlte sich bleischwer an. Die Füße taten schrecklich weh. Als ich die Schuhe auszog, erwartete ich beinahe, Blut zu sehen, doch äußerlich waren sie unversehrt. Ich aß eine Kleinigkeit, legte mich ins Bett und schlief augenblicklich ein.
Mitten in der Nacht schreckte ich hoch. Finsternis umgab mich, und für einen schrecklichen Moment hatte ich das Gefühl, im Meer zu versinken. Ich wandte den Kopf. Die rote Digitalanzeige meines Weckers strahlte in der Dunkelheit wie ein rettender Leuchtturm. Dennoch beruhigte sich mein Puls nur langsam.
Ich lag in der Dunkelheit und versuchte zu ergründen, weshalb ich aufgewacht war. Ich konnte mich nicht daran erinnern, was ich geträumt hatte, aber ich war sicher, dass es düstere Bilder
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