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Glanz

Glanz

Titel: Glanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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diesen Leuten unter einer Decke? Das würde jedenfalls einiges erklären.
    Kurzerhand nahm ich das Bild und legte es in eine Schublade des Sideboards. Dann arrangierte ich die übrigen Fotos so, dass die Lücke, die Marias Porträt hinterlassen hatte, geschlossen wurde.
    Noch einmal rief ich bei Emily an. Wieder nur der Anrufbeantworter. Ich überlegte, was Dr. Ignacius wohl mit ihr angestellt hatte. Würde er versuchen, auch ihre Glaubwürdigkeit zu ruinieren? Oder sie einfach verschwinden lassen? Sie war vielleicht in Gefahr! Wenn ich ihr helfen wollte, musste ich Eric finden und in Sicherheit bringen. Ich musste so schnell wie möglich nach Cambridge. Notfalls eben allein.
    Die schnellste Möglichkeit, dorthin zu kommen, war ein früher Flieger. Wenn ich mich beeilte, konnte ich die 6.30 Uhr-Maschine erreichen. Doch dann war ich vor Ort auf Taxis und andere öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Falls ich Eric fand und mit ihm fliehen musste, war das nicht gerade ideal. Also entschied ich mich, mit dem Auto zu fahren.
    Ich besaß keinen eigenen Wagen. Den Buick hatte ich bei unserer Trennung Ralph überlassen. Wenn ich ein Auto benötigte, mietete ich mir eins – das war letztlich billiger.
    Die Mietwagenstation lag ein paar Blocks nördlich von meinem Apartment. Da die Station erst um 7.00 Uhr öffnete, musste ich noch etwas warten. Ich machte mir ein Frühstück aus Rührei und Toast und zwang mich, trotz meines flauen Magens etwas zu essen. Ich würde meine Kräfte noch brauchen. Bevor ich aufbrach, rief ich noch mal bei Emily an, doch wieder erreichte ich nur ihren Anrufbeantworter.
    Ich ging die Strecke zur Mietwagenstation zu Fuß. Der Himmel über New York versprach einen herrlichen, wolkenlosen Tag. Trotz meiner verzweifelten Lage erfasste mich vorsichtiger Optimismus. Es tat gut, unterwegs zu sein, zu handeln, statt nur nervös in der Wohnung herumzulaufen.
    Ein vielstimmiges Krächzen ließ mich aufblicken. Ein großer Krähenschwarm zog über mich hinweg. Der Anblick verursachte mir eine Gänsehaut.
    Ich schüttelte den Kopf. Eric war aufgewacht. Die Odyssee in seinem Kopf war vorbei. Ich musste ihn nur noch nach Hause zurückbringen, dann war dieser Alptraum endlich vorbei.
    Die Frau an der Mietwagenstation kannte mich bereits. Da ich eine regelmäßige Kundin war, gab sie mir einen schicken BMW zu einem Preis, der eigentlich nur für einen kleinen Toyota gegolten hätte. Ich gab an, den Wagen für eine dreitägige Fototour durch Neuengland zu brauchen. Ohne weitere Verzögerung machte ich mich auf den Weg.

39.
    Ich erreichte die Fresh-Pond-Klinik gegen Mittag. Während der Fahrt hatte ich immer wieder Emilys Nummer angerufen und auch versucht, Paul und George zu erreichen – vergeblich. Ich hatte sogar Tante Jos Nummer bei der Auskunft erfragt, doch auch dort war niemand ans Telefon gegangen. Ich begann mich zu fragen, ob die Verschwörer das Handynetz manipulieren konnten und auf diese Weise meine Anrufversuche abblockten.
    Ich erschrak über mich selbst, als mir klar wurde, dass solche Gedanken klare Anzeichen von Paranoia waren. Aber hatte ich nicht allen Grund, mich verfolgt zu fühlen?
    So oder so war ich auf mich allein gestellt.
    Ich parkte den Wagen in einer Seitenstraße und näherte mich dem Klinikgelände zu Fuß. Während der Fahrt hatte ich mir das Hirn darüber zermartert, wie ich vorgehen sollte, um zu Eric zu gelangen. Schließlich war mir nichts Besseres eingefallen, als es mit direkter Konfrontation zu versuchen. Es bestand ja immerhin die vage Hoffnung, dass es eine ganz andere, vielleicht sogar harmlose Erklärung dafür gab, dass ich in New York aufgewacht war. Vielleicht hatte ich mit Dr. Ignacius vereinbart, dass Eric noch ein paar Tage in der Klinik bleiben sollte, war aus irgendeinem Grund zurück nach New York geflogen und hatte dann – möglicherweise infolge einer Nachwirkung der Droge – einen Gedächtnisverlust erlitten. Vielleicht erwartete mich der Doktor längst zurück in der Klinik.
    Doch diese Hoffnung erfüllte sich nicht. Als ich an der Rezeption nach meinem Sohn fragte, teilte mir eine freundliche junge Dame mit, ein Patient namens Eric Demmet sei nicht bekannt. Dr. Ignacius sei zu einer mehrtägigen Reise an die Westküste aufgebrochen und halte am Abend eine Rede auf einem Medizinkongress in San Francisco. Ich bat, mir die Klinik einmal von innen ansehen zu dürfen, doch wie erwartet wurde diese Bitte freundlich, aber bestimmt abgelehnt.
    Ich wusste, dass

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