Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Glashaus

Titel: Glashaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
Vom Netzwerk:
einziges Horror-Szenario. »Das kann nicht sein. Hanta hat mit denen nichts zu tun. Unmöglich.«
    »Und ich nehme an, den Major Dr. Fiore hältst du für nichts anderes als einen dicken, egozentrischen Psychiater?« Er grinst mich freudlos an. »Hör auf, dir was vorzumachen, Reeve, ich weiß, was dir durch den Kopf geht. Hanta hat wirklich toll an deinem Hirn herumgepfuscht, stimmt’s? Vermutlich hat sie dich sogar dazu gebracht, ihr die Erlaubnis dazu zu geben. Diese Äskulapjünger sind ja scharf darauf bedacht, gewisse Formalitäten einzuhalten. Übrigens sind auch Fiore und Yourdon Kriegsverbrecher. Scheiße noch mal, die meisten Leute hier drinnen haben so widerliche Dinge getan, dass sie das alles vergessen möchten. Kannst du dich noch daran erinnern, warum das hier als experimentelles Gemeinwesen firmiert?«
    »Erinnern?« Die Frage verblüfft mich.
    »Oh. Man hat ja dein Gedächtnis fixiert, versteht sich.« Als er die Konsole ein letztes Mal berührt, läutet sie und leuchtet grün auf. »Wo wären die Diktatoren, wenn sie sich nicht auf unsere Amnesie stützen könnten? Sorg dafür, dass das Kollektiv sein Gedächtnis einbüßt, dann kannst du alles vertuschen. Wer redet heute noch von den Armeniern? « Er tritt einen Schritt zurück. »Hör zu, wir müssen die Konditionierung außer Kraft setzen, die Hanta in dein Implantat eingegeben hat - worin sie auch bestehen mag.«
    Diesmal dreht sich mir wirklich der Magen um. Mir ist übel. Er ist ein Monster und will mich wieder in das Chaos hinunterzerren, in dem ich vorher gesteckt habe. Hanta hat mir den Kopf zurechtgesetzt. Und jetzt, wo ich die Leiter im Schacht hinaufgestiegen bin, weiß ich, dass es keinen Weg nach draußen gibt. Wir sitzen hier fest. Widerstand ist zwecklos. Ich sollte wirklich mein Heil in der Flucht suchen, den Bischof benachrichtigen und die Polizei rufen, damit sie diesen Mann abholt. Aber das wäre gleichzeitig so, als verriete ich mich selbst, stimmt’s? »Hast du Mick umgebracht?«, flüstere ich. »Wie hast du’s geschafft, in diesen Körper zu schlüpfen?«
    »Wirst du dich besser fühlen, wenn ich deine erste Frage bejahe?« Seine Stimme klingt verblüffend sanft. »Oder schlechter?«
    »Ich werde …« Ich hole nochmals tief Luft. »Ich will es einfach wissen.«
    Als der falsche Fiore, Robin , langsam die Glupschaugen zusammenkneift und sie gleich darauf schließt, spanne ich mich an, doch er öffnet die Augen wieder, ehe ich meine fünf Sinne so weit zusammenhabe, dass ich mich bewegen kann. »Nachdem du Fiore getötet hast«, sagt er, »habe ich mich in den Assembler begeben, ein Back-up von mir angelegt und eine Verschmelzung der Körper und eine neuronale Aufspaltung einprogrammiert, sodass ich beim Verlassen des Assemblers in Fiores Haut steckte statt …« Er deutet mit dem Kinn auf mich. »Um dir Zeit zu lassen, den Schlamassel zu beseitigen, habe ich eine zweistündige Verzögerung eingegeben, doch offenbar hattest du in der Zwischenzeit ein Blackout. Als ich im Tor erwachte, musste ich feststellen, dass du den Keller nur teilweise gesäubert hast und danach verschwunden bist, also musste ich die Sache selbst zu Ende bringen. Da der Assembler ein Back-up von Fiore angelegt hatte und ich mir dessen biometrische Merkmale zu eigen machen konnte, gelang es mir, eine Kopie von Fiores Implantat herunterzuladen. Als eine von Fiores Verkörperungen auftauchte, um nach dir zu sehen, hab ich ihr erzählt, du wärst gerade mit unbekanntem Ziel verschwunden. Fiore hat mir geglaubt. Seine diversen Verkörperungen hat er nicht sonderlich gut im Griff.
    Am Sonntagmorgen habe ich Cass im Krankenhaus besucht«, fährt er leise fort. »Wie sich herausstellte, war ich an diesem Morgen nicht ihr erster Besucher. Ich hab zwar niemanden darüber munkeln gehört, aber die Sache war ziemlich schlimm. Ich glaube, Hanta hat sie später vertuscht, doch falls du dich gefragt hast … Ich hab Mick erwischt. Er hatte sich im Keller eines unbewohnten Hauses verkrochen und sich bei irgendwelchen Leuten in der Küche bedient, wenn sie bei der Arbeit waren. Wir sind ein vertrauensseliger Haufen, ist dir das schon aufgefallen? Unsere Hintertüren schließen wir nicht ab.
    Mick hat Cass geknebelt. Und du hast ja die Beinstützen gesehen, die Hanta für Cass angelegt hat. Cass konnte sich nicht wehren. Ich meine, sie hat zwar versucht zu flüchten, ist aber nicht weit gekommen. Mick hat sie nochmals vergewaltigt, Reeve. Und du weißt ja, was ich davon

Weitere Kostenlose Bücher