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Glashaus

Titel: Glashaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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das Back-up wie ein unwiderruflicher Schritt vor, der bedeuten würde, dass ich mich mit meinem neuen Zustand abgefunden habe. Ein Back-up der eigenen Identität lädt einem zusätzliches Gepäck auf, genauso wie das Löschen von Erinnerungen einen von Gepäck befreit. Allerdings scheint es mir in meinem Fall tatsächlich ratsam, sofort ein Back-up anzulegen, wenn ich wieder in meiner Wohnung bin. Wahrscheinlich würde es Kay wehtun, wenn ich jetzt sterben und in den Zustand zurückfallen würde, in dem ich mich vor Beginn unserer Beziehung befand. Und inzwischen liegt es mir am Herzen, ihr nicht wehzutun.
    Vielleicht überlebe ich nur deswegen.
    Nachdem wir die Ruheräume verlassen haben, trennen wir uns mit schüchternem Winken und einem letzten Austausch funkelnder Blicke. Kay muss jetzt zu einer echten Therapiesitzung, und ich versuche mich an einen Tagesplan zu halten, der verlangt, dass ich heute noch mindestens zehn Kilosekunden lese und recherchiere. Wir verabschieden uns nur widerstrebend voneinander, da unsere Gefühle füreinander noch so neu sind. Ich bin mir längst nicht darüber im Klaren, was ich für Kay empfinde, und die Vorstellung, mich dem experimentellen Gemeinwesen anzuschließen, beunruhigt mich. (Wird sie mich überhaupt erkennen? Und ich sie? Werden wir einander in den uns zugewiesenen Gestalten und Rollen, die uns Punkte einbringen sollen, noch irgendetwas bedeuten?) Aber schließlich sind wir beide reife Erwachsene, die unabhängig voneinander ihr Leben führen müssen. Und das bedeutet, dass wir uns auch trennen können, falls wir es so wollen.
    Da ich im Moment nicht scharf auf Gesellschaft bin (abgesehen von Kays natürlich), weise ich die Netzverbindung an, meine Anonymität zu gewährleisten, während ich meine Wohnung ansteuere. Mein Heimweg führt mich durch das Diagramm aus T-Toren, welches das ganze Grüne Labyrinth miteinander verbindet. Ich merke, dass noch andere Menschen unterwegs sind: Durch den Filter meiner Sehnerven erscheinen sie mir als Nebelsäulen, die sich in würdevollem Schweigen vorwärtsbewegen. Ich bin meinerseits nicht sichtbar, denn ihre Netlinks haben mich aus all ihren Sinneswahrnehmungen ausgeblendet.
    Allerdings bedeutet Anonymität noch lange nicht, dass man die Anwesenheit anderer Menschen nicht bemerkt. Also muss man es schaffen, Passanten auszuweichen, selbst wenn man nicht weiß, wer sie sind. Etwa die halbe Strecke habe ich hinter mir, als ich merke, dass eine der Nebelsäulen mir folgt und in der Regel ein oder zwei Tore Abstand hält. Wie interessant! Sofort setzen bei mir Reflexe ein, von deren Existenz ich gar nichts wusste. Allerdings verlassen sie sich eindeutig auf meine Anonymität, und das wiegt sie in falscher Sicherheit. Ich befehle meiner Netzwerkverbindung, die Nebelsäule mit einem knallroten Punkt zu markieren und mir dessen Position fortlaufend zu melden. So etwas kann man durchführen, ohne den Status der Anonymität aufzuheben - es ist bei Such- und Verfolgungsjagden einer der ältesten Tricks. Ich ziehe weiter, peinlich bemüht, mir nicht anmerken zu lassen, dass ich die Beschattung durchschaut habe.
    Anstatt für den Rückweg dieselbe Route wie auf dem Hinweg zu wählen, steuere ich ohne Umwege den Gang an, der zu meiner Wohnung führt. Während die Nebelsäule mir folgt, lasse ich meine linke Hand unauffällig in die große Hüfttasche meines Jacketts gleiten und ertaste mir den Weg durch die darin erfassten T-Tore, bis ich den richtigen Durchlass finde.
    Im Tempel mit den riesigen Skeletten gehe ich gerade durch das von Altären gesäumte Hauptschiff, als mein Schatten sich zum Angriff entschließt. Niemand sonst ist in der Nähe - wahrscheinlich wählt er deshalb diesen Moment. In der Annahme, ich könne ihn nicht sehen, stürmt er auf mich zu, aber die knallrote Markierung verrät ihn. Ein Zählwerk in meinem linken Auge zeigt mir, wie weit er vorgerückt ist. Als er sich wieder bewegt, hebe ich den Anonymitätsschutz auf, wirble herum und bereite mich auf den Angriff vor.
    Er ist ein kleiner, unauffälliger Mann mit nussbrauner Haut, schwarzem Haar, schmalen Augen und drahtiger Statur und trägt ebenso unauffällige Kleidung: einen Kilt und eine Weste. Tatsächlich ist das einzig Bemerkenswerte an ihm sein Schwert. Es ist kein für Duelle vorgesehenes Schwert, sondern eine Drahtklinge aus elektrisch aufgeladenen Mikrofasern, mit der man mühelos durch Panzerglas dringen kann. Bis auf den runden roten Suchsensor, der fast zwei

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