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Glashaus

Glashaus

Titel: Glashaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gray
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war verwirrt. Musste der Schock über den Tod ihres Jungen sein, dachte Boyle.
    „ Das scheint nur so Frau Stiller. Es gibt keine Klone bei der Polizei. Wir sind keine Monster.“
    Ihr kurzes Auflachen – erschreckend in seiner Hilflosigkeit und Leere.
    „ Ich kenne Sie – Sie sind der von diesem Plakat, nicht? Einer von uns , oder?“
    „ Ja, das auf dem Plakat bin ich.“
    Boyle trat einen Schritt auf Margaret Stiller zu.
    „ Wo ist Ihr Mann?“
    Wieder jenes hilflos-zynische Auflachen.
    „ Jedenfalls immer noch nicht dort, wo er eigentlich hingehört.“
    Boyle, der in Slow-Motion seine Hand hob und ihr entgegenstreckte als wolle er sie streicheln. Margaret Stiller, die entsetzt vor Boyles Berührung zurückwich als übertrage sie eine furchtbare Krankheit.
    „ Sie sind verwirrt. Der Schock. Besser wir rufen einen Arzt.“
    Erstaunlich wie klar ihre Augen plötzlich wieder wirkten.
    „ Schock - worüber? Über den Tod meines Sohnes? Der ist schon vor langer Zeit gestorben, glauben Sie mir, Kommissar Boyle. Das was da draußen im Straßendreck liegt hat mit meinem kleinen Jungen schon lange nichts mehr zu tun. Das war nur noch ein bösartiges wildes Tier.“
    In ihren Augen nichts als grünlich braune Verachtung.
    Türenklappen.
    Das Dinnerjackett in Begleitung eines großen gut aussehenden Mannes mit dunklen Haaren und fein geschnittenem Gesicht.
    „ Bringen Sie sie raus.“
    Boyle, der dem Dinnerjackett dabei zusah, wie es sich Margaret Stiller näherte und ihr sanft die Arme um die Schultern legte. Ein Blick voller Abscheu und Entsetzen auf Dinnerjackett, Boyle und den Mann im Anzug, der nur Stiller selbst sein konnte. Dann ließ sie sich wie ein folgsames moosgrünes Hündchen von Dinnerjackett aus dem Zimmer führen.
    Hinter den Scheiben der hohen Fenster rollte der silbergraue Leichenwagen eben die Straße herab Richtung Kreuzung.
    „ Boyle.“
    Keine Frage – eine Feststellung. Carl Stiller schien es nicht für notwendig zu halten, sich seinem Mitarbeiter vorzustellen.
    „ Tut mir leid was Ihrem Sohn passiert ist. Wir werden selbstverständlich alles tun um den Täter zu fassen.“
    Stiller ignorierte Boyles ausgestreckte Hand.
    „ Bemühen Sie sich nicht. Ich hab das alles heute schon ein paar Mal zu oft gehört.“
    Boyles Blick, der einige Male über Stillers fein gezeichnetes Gesicht strich, ohne dabei mehr als nur still verbissene Entschlossenheit zu finden.
    Diese Frau passte nicht zu ihm dachte Boyle. Stillers bestimmendstes Merkmal war paradoxerweise dessen Ambivalenz. Dieser Typ konnte alles sein, vom Ausputzer eines Drogenbosses über den Polizeipräsidenten bis hin zu Banker, Anwalt, oder Politiker, bloß Straßenkehrer oder Müllmann - das nun gerade nicht.
    „ Sie sind wahrscheinlich ein Dieb, Boyle. Ganz sicher aber sind Sie korrupt.“
    Wildes Ziehen in der Magengegend. Gefolgt von so etwas wie einer Explosion in Boyles Kleinhirn.
    „ Sie haben Teddy Amin oder irgendeinem anderen Gangster den Tipp mit dem getürkten Koksdeal zwischen der Drogenfahndung und diesem Amerikaner gegeben. Wie viel ist dabei für Sie raus gesprungen? Die Hälfte von allem? Wie viel macht das - knappe vierhunderttausend?“
    „ Das ist lächerlich.“
    Stiller, dessen Gesicht keine zwanzig Zentimeter von dem Boyles entfernt war.
    „ IZ 451309.“
    Boyle erstarrte. Auch wenn es nicht länger als den Bruchteil einer Sekunde dauerte - Stiller konnte es unmöglich entgangen sein.
    „ Erinnern Sie sich? Das ist die Nummer Ihres Chiffrekontos bei der Credit Suisse in Lausanne.“
    „ Was soll das?“
    Stiller trat einen Schritt zurück. Boyles Augen entging keine noch so winzige Regung in Stillers Gesicht.
    „ In ungefähr einer Viertelstunde werden sie meinen Sohn aus dem Leichenwagen laden und in der Pathologie auf einen Blechtisch packen. Aber Sie haben keine Ahnung wie sich das anfühlt, oder Boyle?“
    Boyle schwieg.
    „ Vielleicht habe ich nie wirklich an den Schmus von der Gerechtigkeit für alle geglaubt. Aber immerhin glaubte ich bis gestern, dass es wesentlich belanglosere Ideale als diese gibt. Wissen Sie was ich getan habe, nachdem sich der erste Schock gelegt hatte? Ich bin ich in mein Arbeitszimmer gegangen, habe eine Flasche geköpft und genau das getan, was ich vor zwanzig Jahren auf der Juristenfakultät mal gelernt habe: Ich habe mir ein Bild von den Fakten gemacht, die Gesetze geprüft und ein Urteil gefällt.“
    Boyle hatte in fünfzehn Jahren Polizeidienst viele furchtbare Dinge

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