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Glashaus

Glashaus

Titel: Glashaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gray
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offenbar zu so etwas wie einem Ersatzbüro.
    Er warf zwei Münzen ein, wählte, wartete das Klicken ab mit dem sein Anruf irgendwo von irgendeiner Maschine zu der gewählten Nummer durchgestellt wurde.
    Saschas Stimme, die vom Discolärm verzerrt, kaum zu verstehen war.
    „ Hallo?“
    „ Ich bin’s …“
    Die Erinnerung an ihren Geruch, die ihm vorkam wie ein Teil aus einem anderen Leben.
    „ Was ist, Boyle? Der Laden ist voll – es ist zwölf Uhr nachts.“
    Blackout. Da war nichts in ihm, das er ihr hätte antworten können. Nur eines war da, von dem er sicher war, dass er es brauchte: Er wollte ihre Stimme hören. Jetzt.
    „ Ich bin in der Stadt. Ich weiß nicht … Ich … Ach Scheiße …“
    Ihr Atem im Hörer.
    „ Boyle – WAS ist los?“
    „ Ich weiß es nicht. Ich … wollte Dich nur hören. Tut mir leid, war wohl n Fehler.“
    „ War’s nicht. Wo bist Du? Du klingst so komisch.“
    „ In ner Telefonzelle.“
    Ihr Atem im Hörer machte ihn fast WAHNSINNIG.
    „ Boyle …?“
    KLICK.
    Das Letzte, was er hätte ertragen können, wäre ihr seine Angst einzugestehen.
    Der nächste Anruf.
    „ Stiller.“
    „ Boyle: Pfeifen Sie Haffner zurück. Ich habe eine Spur.“
    Schweigen.
    „ Dieser zweite tote Junge?“
    „ Ja. Ich brauch Bewegungsfreiheit.“
    „ Die kriegen Sie.“
    KLICK.
    Anschließend versuchte Boyle es bei Bellini – erfolglos. Er verließ die Telefonzelle, winkte ein Taxi von der Straße und gab dem Fahrer die Adresse der Eltern des toten Jungen. Den ganzen Weg bis raus in die Vorstadt fragte er sich, was die beiden toten Jungen über ihre Herkunft hinaus gemeinsam haben konnten, das irgendwen auf die Idee brachte sie zu töten? Natürlich nur, falls es sich NICHT DOCH um ein Rassending handelte.

    22 Uhr 55. Stroposkoplicht, Kunstrauch und hämmernde Beats, die Younas nie und nimmer als Musik eingestuft hätte.
    Unsicher sah er sich auf der Suche nach dem Ursprung von Licht und Lärm um. Irgendwo dort musste der Junge mit den rot gefärbten Haaren sein.
    „ Hast Du `ne Kippe?“
    Ein pummeliges Mädchen in einer knallroten Hose, so eng, dass sie die Fettpolster an Hüfte und Bauch zu zwei festen Ringen zusammendrängte. Darüber ein Teil, das bevor es in einen Reißwolf geraten sein musste, vielleicht einmal ein dunkelblaues T–Shirt gewesen sein mochte. Lange blonde Haare angeordnet zu einem wirren Turm.
    „ Ne Kippe? Oder rauchste nicht?“
    Blaugraue, lebhafte Augen bissen sich in Younas Gesicht fest.
    Younas, dem seine Umgebung wie ein Blick in den Wartesaal der Hölle anmutete, schüttelte den Kopf. Plötzlich traf ihn ein harter Stoß. Verwirrt taumelte er ein paar Schritt voran. Stieß an andere Körper. Taumelte weiter. Wurde weggestoßen, traf auf weitere Körper und wurde erneut weiter gestoßen.
    Rotes, blaues, gelbes, grünes Licht, das die Gestalten, der um ihn Stehenden in buntes Rauschen verwandelte. Ein plötzlicher Einfall, der ihn dazu brachte nach Brieftasche und Pistole zu tasten.
    Beides war verschwunden.
    Er war auf den ältesten Trick der Welt hereingefallen: Das pummelige Mädchen zieht seine Aufmerksamkeit auf sich, ihr Partner rempelt ihn an und während er überrascht sein Gleichgewicht wieder zu finden sucht, greift das Mädchen ihm in die Tasche.
    Es wäre lächerlich, hätte sie nicht zusammen mit seiner sowieso leeren Brieftasche nicht auch die Pistole genommen. Younas Geld jedenfalls steckte immer noch in der Manteltasche. Alles, was das pummelige Mädchen und ihr Partner außer der Pistole erbeutet hatten, war eine speckige Brieftasche mit Fotos von Aziza und Sertab und jeder Menge alter Tank-und Aldiquittungen.
    Younas sah sich um.
    Rechts von ihm führte eine breite Treppe auf eine Galerie. In all dem Kunstrauch unmöglich zu sehen, wie es von dort aus weiterging. Und wenn sie doch noch irgendwo hier unten war, fragte er sich während er mühsam die Tanzfläche zu überqueren suchte.
    Nur weil er selbst dazu geneigt hätte nach oben zu verschwinden, hieß das noch lange nicht, dass das Mädchen und ihr Partner dasselbe getan hatten. Trotzdem: Irgendwo musste er beginnen.
    Ein betrunkener Junge in Jeans und schwarzer Lederjacke verschüttete sein Bier über Younas Mantel und begann nach einer Schrecksekunde mit weit aufgerissenem Mund zu lachen.
    Younas drängte weiter. Der lachende Junge war nur noch ein Schemen. Andere Gesichter, andere Körper, andere Augen an denen vorbei er sich zur Treppe schob.
    Der Kunstrauch drohte ihm den Atem zu

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