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Glashaus

Glashaus

Titel: Glashaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gray
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nehmen.
    Endlich die ersten Treppenstufen.
    Die breite Treppe war bevölkert von lachenden, trinkenden und sich umarmenden Jungen und Mädchen. Plötzlich das sanfte Lächeln eines Mädchens und die großen ungläubig geweiteten Augen des Jungen neben ihr.
    Die Unschuld unter dem Bild dieses Mädchens irritierte ihn.

    23 Uhr 10. Zwei Grüne warteten bei ihrem Streifenwagen als Boyle vor dem Haus des zweiten toten Jungen aus dem Taxi kletterte.
    „ Keiner da.“
    Vom Haus war nicht viel mehr als ein eisernes Tor zu erkennen, das auf einen gewundenen Kiesweg führte.
    „ Die haben `ne Wechselsprechanlage. Die Haushälterin meint ihre Herrschaft sei zu `ner Varnissage im Kunsthaus.“
    „ Vernissage – es heißt Vernissage nicht Varnissage.“
    „ Wegen mir.“
    „ Was is nun? Solln wir reingehen, hier warten oder was?“
    „ Hast Du ihr schon irgendwas gesagt?“
    Der ältere der beiden Beamten schüttelte den Kopf.
    „ Dann übernehme ich das. Ihr bleibt hier. Und bis ich zurück bin kommt mir keiner außer den Eltern durch dieses Tor, verstanden?“
    Der Ältere der beiden schüttelte den Kopf.
    „ Dasselbe hab ich vor zwei Minuten schon von Bulldogge Haffner gehört.“
    In Boyles Augen ein dunkler Schimmer.
    „ Keiner, heißt keiner – kapiert? Wenn Bulldogge Haffner Schwierigkeiten macht, soll er sich bei Stiller beschweren.“
    Abrupt wandte Boyle sich ab und trat ans Tor. Wo er auf die Klinke der Tür drückte und sich den Kiesweg hinunter zum Haus aufmachte.
    „ Arroganter Niggerarsch“, flüsterte der ältere der beiden Beamten.
    „ Was jetzt?“
    „ Funk Bulldogge Haffner an. Sag ihm, dass der Nigger schneller war.“

    Das Haus war ein großer wilhelminischer Kasten, unübersichtlich und kalt und auch noch ganze drei Stockwerke hoch. Die Haushälterin war eine zarte Brünette, keine fünfundzwanzig Jahre alt und trug samstagnachts nach zwölf immer noch eine weiß-blaue Uniform.
    Boyle stellte sich vor.
    „ Was ist denn passiert? Wir hatten noch nie die Polizei im Haus.“
    Boyle teilte ihr mit was geschehen war. Er hasste es, irgendwelchen Leuten mitteilen zu müssen, dass irgendwer, der Teil ihres Lebens gewesen war, tot war. Manchmal sahen sie ihn dann an als sei er selbst ein Mörder.
    „ Ich muss sein Zimmer sehen.“
    Das Mädchen starrte ihn einen Augenblick verwirrt an und trippelte schließlich auf eine breite mit grünlichem Teppich belegte Treppe zu.
    Einen Aufgang und zwei lange, düstere Flure später blieb das Mädchen vor einer Tür stehen.
    „ Hier.“
    Boyle legte die Hand auf die Klinke.
    „ Dürfen Sie das eigentlich? Ich meine einfach so …?“
    „ Ja.“
    Vier Zimmer so clean und aufgeräumt, dass Boyle sich fragte, ob das Mädchen sich nicht geirrt und ihn zur falschen Tür geführt hatte.
    Gleich darauf entdeckte er jedoch ein mit Autogrammen versehenes Metallica–Poster über dem Kamin. Irgendwer hatte es hinter Glas in einen Rahmen gesteckt und wie einen Picasso über dem Kamin aufgehängt. Unmöglich, dass das der Jungte selbst getan haben sollte. Vielleicht waren Poster und Rahmen ein Geschenk seiner Eltern?
    Unwillkürlich kehrte die Erinnerung an den Verschlag in Teddy Amins Wohnung zurück, in den er sich manchmal zurückgezogen hatte, wenn seine Mutter so betrunken war, dass er den Anblick einfach nicht mehr ertragen konnte.
    Die Joints, die sie dort auf dem durchgewetzten Teppich geraucht hatten, die Pin Ups an den Wänden und die wackeligen Stühle und Schränke, unter denen sie in alten Bananenkisten ihre Pornohefte und Automagazine vor Teddys Altem versteckt hatten.
    Dagegen das hier: so aseptisch und unpersönlich wie ein OP-Saal. Entweder war dieser Junge heftig krank oder er hatte irgendwo eine zweite Absteige, in der er nicht nur einfach existierte, sondern wirklich LEBTE.
    Boyle begann dennoch Schubladen und Schränke zu öffnen. Schulzeug, Lehrbücher, Hefter – so ordentlich und sauber, dass Schubladen und Schränke, eher an das Büro eines Buchhalters oder Rechtsanwalts erinnerten. Keine Bilder, keine CDs, keine zerlesenen Playboyhefte, nicht einmal ein Computer, Mp3-Player oder Fernseher.
    Boyle verbrachte über zwanzig Minuten in den Zimmern des toten Jungen, bis er schließlich doch noch über etwas stolperte.

    23 Uhr 01. Die Besitzer der Disco hatten zwei riesige Plastikpalmen neben die grob aus Bambusstangen gezimmerte Bar platziert. Aus den Lautsprechern drang Reggae und die Barfrau trug ein buntes, unter der Brust verknotetes

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