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Glasklar

Glasklar

Titel: Glasklar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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dass dich meine Kollegen belästigen und dich das fragen.«
    Sie war einen Schritt zurückgewichen, sodass er sie jetzt in ihrer vollen Größe betrachten konnte. Er durfte sie nicht mehr verlieren. Nie mehr.
    Sie sah ihn mit versteinerter Miene an. Doch so, wie sie vor ihm stand, wirkte sie noch immer erotisch und begehrenswert. Vermutlich schwankte sie zwischen Enttäuschung und Unsicherheit. Linkohr fühlte sich wie ein begossener Pudel, wie ein Idiot, der alles vermasselt hatte. Der halben Stunde Raum- und Zeitlosigkeit, des Schwebens und Verrücktseins, war der Sturz ins Bodenlose gefolgt. Er spürte den schalen Geschmack des Alleinseins, des zerstörten Glücks. Was hatte er nur für einen irrsinnigen Job? Aber was war ihm denn anderes übrig geblieben? Dieser Gunnar hatte durch sein Verhalten zumindest den Argwohn der Kollegen aus der Sonderkommission auf sich gezogen. Und er, ein ermittelnder Beamter, hatte schließlich die Pflicht, jede Spur zu verfolgen.
    »Mariella«, versuchte er einzulenken und ging wieder auf sie zu. Dass sie nicht erneut zurückwich und auch seine Umarmung gewähren ließ, nahm er erleichtert zur Kenntnis. »Mariella«, wiederholte er, »das ist weder ein Misstrauen dir noch deinem Bruder gegenüber, sondern nur eine Frage, die du sicher ganz logisch beantworten kannst.« Er hoffte inständig, dass es so sein würde, und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. Endlich lächelte sie wieder. Endlich, nach einer halben Ewigkeit, dachte Linkohr.
    »Natürlich gibt es eine logische Erklärung«, flüsterte Mariella, während aus den beiden herangefahrenen Autos zwei Rentnerehepaare ausstiegen und das Pärchen beäugten.
    Die junge Frau küsste Linkohr auf den Mund. »Jetzt pass mal auf, du großer Kriminalist. Gunnar konnte mein schnuckeliges Auto nicht nehmen, weil ich es dem Mörder ausgeliehen hatte.«
    Linkohr verschlug es für einen Moment die Sprache, was Mariella sofort zu einer weiteren Überraschungsattacke nutzte: »Und heute früh musste ich zuerst das Blut von den Sitzen schrubben, um hierherfahren zu können.« Sie lachte schallend. »Zufrieden?«
    Linkohr drückte sie fest an sich und raunte ihr »Du kleines Biest!« ins Ohr. »Dafür sperr ich dich jetzt ein – bis an dein Lebensende.«
    »Wenn du den Gefängniswärter spielst«, gab sie zurück.
    Sie schlossen sich in die Arme und waren drauf und dran, wieder im Wald zu verschwinden. Ein neuerliches Abenteuer erschien Linkohr, der trotz des Glücksgefühls an seinen Termin in Schwäbisch Gmünd denken musste, nicht mehr angeraten. In einer halben Stunde war er dort mit dem Chef der Steuerfahndung verabredet. Er unternahm noch einmal einen Versuch, von Mariella eine ernsthafte Antwort zu erhalten: »Die Strafe wird aber fürchterlich sein, wenn du mir jetzt nicht sagst, wie das mit dem Auto war«, hauchte er und biss ihr sanft ins rechte Ohrläppchen.
    »Willst du mich foltern?«, fragte sie keck. »Fesseln und an einen Baum binden?«
    »Viel, viel schlimmer«, erwiderte er ruhig, obwohl er wusste, dass er unter Zeitdruck kam.
    »Erzähl mir, was du dir dann ausdenkst.«
    »Das wirst du schon erleben«, sagte er und drückte seine Nasenspitze auf die ihrige. »Also, sag es mir.«
    »Okay«, gab sie nach, »aber deine Gefängniszelle darf ich trotzdem sehen?«
    »Versprochen«, beteuerte Linkohr und malte sich aus, wie er seine Junggesellenbude für ihren ersten Besuch in eine Gefängniszelle verwandeln konnte. Ihm würde da sicher ein besonderer Gag einfallen. Handschellen hatte er schließlich – und die passenden Schlüssel auch. Damit war sichergestellt, dass sie sich nicht, wie man dies gelegentlich von anderen in der Zeitung las, peinlicherweise von der Polizei befreien lassen mussten. »Und wie war es jetzt mit dem Auto?«, blieb er hartnäckig.
    »Gunnars Kiste hat einen Getriebeschaden und mein kleiner Mazda war übers Wochenende in der Werkstatt – kleine Beule im Kotflügel. Ein alter Studienfreund von mir hat sie rausgezogen.«
    »Am Wochenende?«
    »Freundschaftsdienst, mein lieber Mike. Auch so was soll es noch geben. Wer kann sich denn noch die teuren Stundenlöhne in den Werkstätten leisten? Ich als kleine Assistentin an der Uni jedenfalls nicht.« Sie grinste, und Linkohr kam es ein klein wenig überheblich vor. Doch er wollte das Thema nicht vertiefen. Er hatte eine Erklärung bekommen, die er den Kollegen präsentieren konnte. Schlimmstenfalls würden sie Namen und Adresse des Autobastlers wissen

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