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Glasklar

Glasklar

Titel: Glasklar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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haben aber keinen Ton von sich gegeben.«
    »Wie man so hört, soll sich Heidenreich damit gerühmt haben, im Zusammenhang mit dieser Bahngeschichte etwas herausgefunden zu haben, das sogar – ich zitiere – den Ministerpräsidenten erzittern lassen werde. Können Sie sich vorstellen, was das gewesen sein könnte?«
    Knappenrots Lächeln war verschwunden. »Das den Ministerpräsidenten erzittern ließe?«, wiederholte er ungläubig, und Häberle nickte.
    »Tut mir leid«, sagte der Planer dann. »Woher soll ich wissen, was unseren Ministerpräsidenten zum Zittern bringen könnte?« Die Arroganz war nicht zu überhören.
    »Zum Beispiel, wenn etwas aufgedeckt würde, das sein Wunderprojekt, dieses ›Stuttgart 21‹ samt der Strecke nach Ulm, ins Wanken bringen würde«, gab Häberle zu bedenken.
    »Korruption, oder was?«
    »Das haben Sie gesagt«, konterte der Ermittler sofort. »Es wäre schließlich nicht das erste Mal, dass bei einem Großprojekt solcher Dimensionen kräftig … nachgeholfen wird, um es einmal vorsichtig auszudrücken.«
    »Derlei Dinge entziehen sich meiner Kenntnis«, gab sich Knappenrot zurückhaltend. »Wenn Heidenreich solche Anhaltspunkte gehabt hätte – warum hat er dann die Fakten nicht auf den Tisch gelegt?«
    »Vielleicht wollte er das ja gerade tun, und jemand hat es in letzter Sekunde verhindert.«
    »Mit dem Messer, das meinen Sie doch? Aber dann müsste er auch die Unterlagen dazu beseitigen. Heidenreich wird sein Wissen nicht nur im Kopf gespeichert haben.«
    »Sie sagen es überdeutlich«, triumphierte Häberle. »Genau das überleg ich mir seit heut früh auch.«
    Knappenrot stutzte. »Seit heute früh?«
    Häberle ging nicht darauf ein, sondern wagte einen direkten Vorstoß: »Nur noch eines.« Er schürzte die Lippen zusammen. »Darf ich auch Sie fragen, wo Sie in der Nacht zu gestern waren?«
    Knappenrots Gesichtsfarbe wechselte von Rot auf Weiß. »Sie fragen mich – was?« Er schien innerlich zu kochen und es für eine Zumutung zu halten, eine solche Frage überhaupt gestellt zu bekommen.
    Der Mann hinterm Tresen hielt in seiner Putzerei inne, als erwarte er einen Wutausbruch. Doch Knappenrot hatte sich im Griff, atmete ein paarmal tief durch und sagte ruhig: »Ich war daheim. Bei meiner Frau. Wo sonst?«

34.
    Linkohrs Haare klebten am Kopf. Mariella grinste ihn an, als sie wieder bei ihren Autos standen. Sie zupfte ihr Kleidchen zurecht, an dem sich Rindenfasern und Moos verfangen hatten. »Du bist einfach irre«, strahlte Linkohr und wischte sich mit einem Papiertaschentuch den Schweiß von der Stirn.
    »Das Kompliment gebe ich zurück«, lachte die junge Frau, während sie den ordnungsgemäßen Sitz ihres Kleides ertastete und zwei Fahrzeuge in den Parkplatz einbogen.
    Linkohr hatte bereits auf dem Rückweg zum Auto überlegt, ob er es wagen konnte, jene Frage zu stellen, die ihn seit Stunden quälte. Unter keinen Umständen wollte er die schöne Atmosphäre zerstören oder gar diese traumhafte Beziehung aufs Spiel setzen. Er nahm Mariella noch einmal in den Arm. Noch immer war sie von diesem herben Parfüm umgeben, das seiner Meinung nach gut zu ihr passte.
    »Mariella«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Du weißt, wie sehr ich dich mag.«
    Sie nickte eifrig.
    »Aber …« Er brach ab.
    »Aber was?«, wollte sie wissen und nahm seinen Kopf in beide Hände, um ihm direkt in die Augen sehen zu können.
    »Hab jetzt bitte Verständnis dafür«, begann er erneut. »Ich muss dich das fragen – weil es sonst meine Kollegen tun würden.«
    Ihr fester Griff ließ nach – so, als sei eine unbändige Kraft aus ihr gewichen. Sie äußerte nichts, doch ihr Gesicht verlor diesen spitzbübischen Ausdruck.
    »Es ist …« Er hätte sich am liebsten die Zunge abgebissen, aber für einen Rückzieher war es jetzt zu spät. »Es ist die Frage, warum sich dein Bruder Gunnar gestern mein Auto ausleihen musste … und er nicht deines genommen hat.«
    Mariellas Stimmung drohte zu kippen. Linkohr sah es an ihrem Gesicht, an ihrer Haltung, an ihrer Gestik. »Hast du mich jetzt treffen wollen, um mich das zu fragen?« Es klang enttäuscht und verletzt.
    »Bitte, Mariella«, Linkohrs Kehle war trocken. »Denk doch nicht so etwas. Ich hab seit gestern keine einzige Sekunde gehabt, in der ich nicht an dich gedacht hätte.« Er musste sich eingestehen, dass es wie das hilflose Gestammel eines eifersüchtigen, verängstigten Liebhabers klang. »Aber … aber ich will doch nur vermeiden,

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