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Glasklar

Glasklar

Titel: Glasklar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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lassen.
    »Stimmt, ist mir entgangen«, pflichtete ihm Knappenrot bei. »Jedenfalls hatte er sich jetzt auf dieses Höhlenthema gestürzt und Ängste geschürt, es könnten unterirdische Wasserströme abgeschnitten oder umgeleitet werden. Bis zu dem Punkt, dass irgendwelche Trinkwasserquellen versiegen oder an anderer Stelle plötzliche Wasseraustritte geschehen könnten.«
    »Und das ist völlig aus der Luft gegriffen?«
    »Ich bitt’ Sie, Herr Häberle«, giftete Knappenrot. »Wir haben zig Probebohrungen gemacht, wir haben hydrogeologische Gutachten eingeholt, Experten aus der halben Welt befragt, außerdem hat man längst die Alpen nahezu perforiert, und überall funktioniert die Trinkwasserversorgung noch. Und jetzt wollen wir ein Loch durch diesen Maulwurfshügel, genannt die Schwäbische Alb, bohren – und prompt meinen die Leute, die Welt geht unter.«
    Der Wirt wurde nachdenklich, und Häberle überlegte, wie wohl die ›Naturfreunde‹ als Gesamtinstitution zu diesem Projekt standen.
    »Herr Heidenreich hat also heftig dagegen opponiert«, konstatierte der Kriminalist.
    »Er und ein paar Autonome, wenn ich die mal so nennen darf. Protestler eben. Solche, die gegen jedes und alles sind. Und wenn ich Ihnen mal meinen persönlichen Eindruck vermitteln darf, meinen ganz persönlichen, Herr Häberle, dann kann ich Ihnen sagen, dass ich das Gefühl nicht loswerde, denen ging es nur darum, Einblicke in die Pläne zu kriegen.« Knappenrot steckte seinen Kugelschreiber in die Innentasche seines Jacketts.
    »Und diese Gruppe – es wird sich wahrscheinlich nur um eine Handvoll Leute handeln –, die kann deshalb Ihr Projekt ernsthaft gefährden?«
    »Nein, nicht tatsächlich und nicht ernsthaft, Herr Häberle«, empörte sich Knappenrot, als sei es völlig abwegig, überhaupt auf eine solche Idee zu kommen. Häberle jedoch fragte sich, warum er sich dann so echauffierte. »Aber Sie glauben nicht, wie solche Burschen alles verzögern können, wie sie Sand ins Getriebe streuen. Sie kennen doch unseren Bürokratismus …«
    Der Chefermittler konnte sich dies lebhaft vorstellen. Schließlich hatte er es ständig mit Bürokraten zu tun, die ihm die Ermittlungsarbeit erschwerten. Formulare hier, Formulare da. Stellungnahmen, Berichte, Anträge.
    »Haben Sie Herrn Heidenreich auch mal persönlich kennengelernt?«
    »Einmal, ja. Bei einer öffentlichen Anhörung zur Trassenführung.«
    »Und?«
    »Er hat sich in einer Art und Weise aufgeführt, wie es – na, ich will mal sagen – ziemlich ungewöhnlich ist.«
    »Was heißt das genau?«, bohrte Häberle nach.
    »Er hat sich dauernd zu Wort gemeldet und zu jedem Detail – wirklich zu jedem Detail – Kritik angemeldet und Anträge gestellt. Oder danach gefragt.«
    »Aber nicht unflätig«, wollte Häberle wissen.
    »Was versteht man unter ›unflätig‹?«, echote der Planer. »Herr Heidenreich kam selbst aus einer Behörde. Er kannte die Strukturen und die Mechanismen. Er wusste am besten, womit er etwas am effektivsten blockieren konnte.«
    »Halten Sie es für denkbar, dass die Probleme mit ihm … lassen Sie es mich mal so formulieren … jetzt aus der Welt geschafft sind?« Der Chefermittler behielt sein Gegenüber im Auge.
    »Wie meinen Sie denn das?«, wurde Knappenrot unsicher.
    »Na ja – Heidenreich ist tot, und Sie haben ein Problem weniger.«
    Knappenrots Miene verfinsterte sich zusehends. »Ich glaube, auf dieser Basis brauche ich mich mit Ihnen nicht zu unterhalten.«
    Der Wirt trat nervös von einem Bein aufs andere und wischte verlegen die metallglänzende Unterlage ab.
    »Sie können selbstverständlich auch einen Anwalt hinzuziehen«, konterte Häberle betont locker. Wahrscheinlich kam gleich, was in solchen Fällen häufig kam: dass man entsprechende Beziehungen habe, deretwegen man sich aus der Schusslinie halten könnte.
    Doch Knappenrot hatte sich schnell wieder gefangen. Er lächelte, was seine ausgeprägten Wangenfalten besonders zur Geltung brachte. »Ich hab selbst ein paar Semester Jura studiert und kenne meine und Ihre Rechte und Pflichten«, presste er höflich hervor. »Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Ja, natürlich. Heidenreichs Ableben wird unser Leben erleichtern. Seine Mitläufer – oder soll ich Lakaien sagen? – werden kaum in der Lage sein, gleichwertige Nachfolger zu spielen.«
    »Kennen Sie diese ›Mitläufer‹ denn?«
    »Nein. Einige – oder vielleicht sogar alle – waren zwar bei dieser Anhörung dabei,

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