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Glasklar

Glasklar

Titel: Glasklar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Luft geblasen, sondern anderswo, dort aber konzentriert. Oder es wird radioaktiver Abfall produziert, der noch in Hunderttausenden von Jahren irgendwo herumliegt. Ist Ihnen das eigentlich bewusst? In vielen Jahren befinden sich irgendwo irgendwelche Castorbehälter. Was glauben Sie denn, wie wir den nachfolgenden Generationen die Information über diese gefährlichen Lagerstätten weitergeben sollen? Auf DVD vielleicht, die nach 20 Jahren schon ihren Geist aufgibt oder für die es gar kein Abspielgerät mehr gibt, weil man längst eine neue Technologie erfunden hat?« Die Aufmerksamkeit nahm wieder zu. »Das Zeug wird noch strahlen, wenn in Mitteleuropa schon zum fünften oder zehnten Mal Zivilisationen untergegangen und wieder neu entstanden sind. Und all die Menschen, sofern es überhaupt noch welche gibt, sollen dann wissen, was da gelagert ist? Meine Herren, ich bitte Sie! Uns ist nicht bekannt, was es mit den ägyptischen Pyramiden wirklich auf sich hat. Und die wurden gerade mal vor lächerlichen vier- bis sechstausend Jahren gebaut.«
    Schloz sah demonstrativ auf seine Armbanduhr. »Seien Sie mir nicht böse«, stoppte er den Wortschwall Lechners. »Aber uns hier sagen Sie damit nichts Neues.«
    Lechner musste sich dies eingestehen, schöpfte daraus aber neue Argumente: »Und warum sorgen wir dann nicht dafür, dass es noch mehr Menschen erfahren? Mehr und mehr und immer mehr? Es muss eine Bewegung draus werden – eine Bewegung ›Rettet den Planeten – unsere einzige Heimat in der Unendlichkeit des Alls‹. Oder wollen Sie, dass Ihre Urenkel und Ururenkel die Wunder der Natur nur noch mithilfe von Filmen oder einer 3-D-Animation am Laptop kennenlernen? Und sie eines Tages sagen werden: Was war mein Urururgroßvater eigentlich für ein Typ, dass er die Zerstörung dieses wunderbaren Planeten nicht verhindert hat?«
    »Ich muss Sie trotzdem bitten, wieder zu unserem Thema zurückzukehren«, blieb Schloz sachlich. »Ich glaube, wir haben Ihre Bedenken zu diesem Projekt …«, er machte eine Kopfbewegung in Richtung Leinwand, »zu diesem Tunnel mitbekommen.«
    Der Strickpulliträger meldete sich bereits wiederholt zu Wort, und gleich, so mutmaßte Schloz, war seine Geduld am Ende. Er nickte ihm deshalb zu. »Jetzt passen Sie mal auf, verehrter Herr Lechner.« Allein schon die Wortwahl verhieß nichts Gutes. »Sie labern uns hier etwas vor, was Sie in politischen Zirkeln vorbringen sollten. Ich – und sicher auch die anderen Herren hier – stimme Ihnen hundertprozentig zu. Da wir aber dieses Projekt genauso wenig verhindern können wie den Ausbau der Bundesstraße 10 – weil alles politisch so gewollt ist –, werden wir uns wohl oder übel damit abfinden müssen. Sie stellen sich doch nicht umsonst hier vor uns hin und versuchen, uns mit einer Sonntagsrede zu einer ablehnenden Stellungnahme zu bewegen. Nein, Herr Lechner, das nehm ich Ihnen nicht ab.«
    Linkohr hatte jetzt zum ersten Mal Blickkontakt mit ihm. Bisher war der Jungkriminalist darauf bedacht gewesen, dies zu vermeiden. Doch nun hatten sich ihre Augen getroffen. Linkohr konzentrierte sich darauf, jetzt nicht wegzusehen. Er wollte nicht den Verlegenen spielen, sondern standhaft bleiben. Dann jedoch erkannte er in Lechners Gesichtszügen etwas Überlegenes, beinahe Überhebliches. Plötzlich schien diesem Mann die verbale Attacke egal zu sein. Und dennoch knüpfte er an dessen Äußerungen an: »Wenn Sie ein paar Hintergründe erfahren wollen«, sagte er schließlich gelassen, aber giftig, und ließ Linkohr nicht mehr aus den Augen, »dann sollten Sie besser den Herrn da drüben fragen.« Alle Blicke waren mit einem Schlag auf Linkohr gerichtet. Sogar der Langhaarige musterte ihn gelangweilt. »Wenn jemand etwas über die Motivation von Herrn Heidenreich wissen müsste – dann er. Der Herr ist nämlich von der Kripo.«
    Linkohr zuckte zusammen.

39.
    Sander hätte liebend gern gewusst, wie vielen Menschen in dieser Straße er bereits aufgefallen war. Immerhin saß er jetzt fast schon drei Stunden in seinem Golf und wartete darauf, dass endlich der Fahrer des Geländewagens auftauchte. Seit die Dunkelheit hereingebrochen war, kämpfte er mit der Müdigkeit. Außerdem war es unerträglich schwül. Er hatte die Zeit genutzt, um sich den Inhalt der Schriftstücke noch einmal in Erinnerung zu rufen und um zu überlegen, was er am morgigen Dienstag tun würde. Er konnte den Inhalt nicht länger für sich behalten. Denn damit war weder seinem

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