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Glasklar

Glasklar

Titel: Glasklar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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in einem Supermarkt angeschossen und lebensgefährlich verletzt. Es gab ein Disziplinarverfahren, weil er nicht die nötige Sorgfalt hat walten lassen, heißt es in einer Akte, die man noch gefunden hat.«
    »So!«, staunte Häberle. »Die war also auffindbar?«
    Seine Chefin zuckte mit den Schultern. »Ich kann nur sagen, was mir die LPD mitteilt. Lechner ist dann auf eigenen Wunsch aus dem Polizeidienst ausgeschieden. Mehr findet sich nicht über ihn. Kein Eintrag im Zentralregister.«
    »Da sind zwei ehemalige Polizisten«, resümierte Häberle, »die beide den sicheren Job an den Nagel gehängt haben. Okay, der eine, also Lechner, wohl nicht ganz freiwillig – der andere drei Jahre, nachdem er einen mutmaßlichen Terroristen erschossen hat, der sich als Bruder des Kollegen herausstellte. Dieser hat sich schon 1975 aus dem Polizeidienst verabschiedet. Beide sind aber keine Schulfreunde, sondern haben sich offenbar erst bei der Polizeiausbildung kennengelernt. Und nun treffen sie sich wieder, weil sie beide gegen das Eisenbahnprojekt kämpfen. Ergibt das einen Sinn?«
    Manuela schaute ratlos. »Sie sind doch der große Kombinierer.«
    Häberle grinste. »Wissen Sie«, sagte er, »manchmal behalte ich meine Ideen lieber noch eine Weile für mich.« Weil die Chefin ihren strafenden Blick aufsetzte, merkte er an: »Ich bin zwar lange genug in meinem Job, aber es gibt immer wieder Momente, in denen ich staune, für wie naiv man mich hält.«
    Manuela Maller verkniff sich eine Nachfrage. Doch so richtig zuzuordnen vermochte sie Häberles Bemerkung nicht. Aber sie registrierte sehr wohl die frostig gewordene Atmosphäre.
     
    Sogar Friedrich Kauz war überrascht: »Das ist unglaublich.«
    Michael Rahn, der rechts von Sander saß, bemerkte begeistert: »Das ist spannender als jeder Krimi.«
    »Es kommt noch besser«, fuhr Sander aufgeregt fort. Er versuchte, die innere Unruhe zu unterdrücken. Die Kollegen sollten den Eindruck gewinnen, er habe die Angelegenheit souverän im Griff. »Ich lese weiter«, entschied er.
     
    »›Sie können sich vorstellen, wie sehr mich der Tod meines Bruders geschockt hat. Er hat damals für Ideale gekämpft, die ihm wichtig erschienen. Und ich, das will ich nicht verschweigen, habe aufgrund eigener Erlebnisse gewisse Sympathie für Menschen empfunden, die dieses verlogene System bekämpften. So, wie es mein Bruder Günter getan hat, der unschuldig sein Leben lassen musste. Dass dies mein ›alter Freund‹ Werner Heidenreich zu verantworten hatte, habe ich erst vor zwei Jahren erfahren. Anfangs habe ich Hass gegen ihn verspürt, habe ihm auch den Tod gewünscht – was sich inzwischen erfüllt hat –, doch nachdem ich erfahren habe, dass er sich seit vielen Jahren auf hinterhältige Weise betätigt, hatte ich mir geschworen, ihn eines Tages auffliegen zu lassen. Ein großes Szenario sollte es sein, ein richtiger Skandal. Mit seinem plötzlichen Tod hat er mir diesen letzten Triumph nicht gegönnt. Deshalb habe ich mich entschlossen, all mein Wissen niederzuschreiben. Meine Person spielt dabei keine Rolle.‹«
     
    Sander blickte auf. Doch seine beiden Kollegen erweckten nicht den Anschein, als wollten sie etwas dazu sagen. Er las deshalb weiter:
     
    »›Werner Heidenreich ist Ende 1979 offiziell aus der Polizei ausgeschieden. Seither ist er zwar bei der Steuerfahndung beschäftigt, aber weiterhin heimlich für die Polizei tätig.‹«
     
    »Also doch ein James Bond«, unterbrach Rahn und lachte wieder schallend. Kauz hielt sich zurück.
    Sander sah seinen Kollegen Rahn leicht säuerlich von der Seite an. Und er las weiter:
     
    »›Heidenreich ist für mich der Beweis dafür, mit welchen Methoden der Staatsschutz inzwischen arbeitet. Heidenreich gehört zu einer geheimen, verdeckten Ermittlungsgruppe, die meines Erachtens an die Stasi in der ehemaligen DDR erinnert. Sie schleicht sich in alle gesellschaftlichen Bereiche ein. Von Herrn Heidenreich weiß ich, dass er Kontakte zur Terrororganisation El Kaida unterhält, die ihre Zellen inzwischen in die Kleinstädte verlegt hat. Heidenreich ist es gelungen, in den engeren Kreis um die Neu-Ulmer Terrorzelle einzudringen.‹«
     
    Sander bemerkte aus dem Augenwinkel, wie Kauz skeptisch und ungläubig seinen Kopf langsam hin und her bewegte. Rahn gab sich nachdenklich. Alles klang in den Ohren der beiden sehr abenteuerlich und unausgegoren.
    Sander empfand die Skepsis, die ihm entgegenschlug, als äußerst unangenehm. Trotzdem las er

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