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Glasklar

Glasklar

Titel: Glasklar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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seines Hosengürtels. »Jetzt geht die Fantasie aber mit dir durch.« Er machte ein energisches Gesicht, das sich zu einem Lächeln verzog. »Willst du mir ein Motiv andichten? Gustav, jetzt bleib mal auf dem Boden. Du kommst mir wie Alfred Pettrich vor, der eine neue Science-Fiction-Geschichte erfindet.« Brandt schwieg, während Bayreuter spöttisch anfügte: »Jetzt brauchst du mir nur noch zu spekulieren, Werner habe einen UFO -Angriff auf die neue Eisenbahntrasse abwehren wollen. Also bitte, Gustav!«
     
    Linkohr hatte sich den Abschied von Mariella, der jungen Uni-Assistentin, anders vorgestellt. Nach dem Besuch der beiden Streifenbeamten rief er Häberle an und versprach, sich sofort auf den Weg zu machen. Sein Vorschlag, Gunnar Koch solle den Twingo so schnell wie möglich zurückbringen, lehnte sein Chef jedoch mit dem dezenten Hinweis ab, der junge Mann habe wohl noch zu viel Restalkohol im Blut. Linkohr verständigte sich daraufhin mit seiner Freundin, die ihm nahelegte, kurzerhand ein Taxi zu nehmen, für dessen Kosten ihr Bruder Gunnar aufkommen müsse. Mike ging noch kurz unter die Dusche, verabschiedete sich von Mariella mit einer langen und festen Umarmung und nahm ihr das Versprechen ab, das nächste Wochenende bei ihm zu verbringen. Kurz darauf dirigierte er den Taxifahrer über den gesperrten Fahrweg zum Wasserberg hinauf. Zunächst hatte sich der Grieche hinterm Steuer geweigert, in den staubigen Schotterweg abzubiegen, auf dem einige Wanderer unterwegs waren, doch als ihm Linkohr den Dienstausweis vor die Nase hielt und jeden Eid schwor, dass er wirklich von der Kriminalpolizei sei, ließ sich der nur gebrochen Deutsch sprechende Mann überreden.
    Auf der Anhöhe angekommen, gab sich Linkohr auch dem Uniformierten am Absperrband zu erkennen, sodass das Taxi bis zum Albvereinsheim vorfahren durfte. Der Jungkriminalist fingerte einen 50-Euro-Schein aus der Brusttasche, den ihm Mariella zugesteckt hatte, und bezahlte damit die sündhaft teure Fahrt von Echterdingen bis hierher.
    Sofort winkte ihm ein Kollege zu, der ihn, vorbei an den Ausflüglern auf der Terrasse, in den unerträglich heißen Anbau hinüberbrachte.
    »Ja, was?«, hörte er Watzlaff aus dem dunklen Flur frotzeln, »der engagierte junge Kollege taucht auch mal auf. Guten Morgen, Herr Linkohr.«
    Linkohr verzog sein Gesicht zu einem gequälten Lächeln. »Man kann nicht immer auf der Matte stehen«, murmelte er, weil ihm keine adäquate Antwort einfiel. Watzlaff schlug ihm kräftig auf die Schulter und führte ihn in den ersten Raum, in dem Häberle mit einem blassen Endfünfziger saß, der keinen sehr gepflegten Eindruck machte.
    »Ach, der Herr Linkohr«, unterbrach der Kommissar das Gespräch und bot ihm einen freien Platz an. »Welche Freude!« Häberle grinste, ohne eine weitere Bemerkung vom Stapel zu lassen. Das wäre in dieser Situation unpassend gewesen. Stattdessen erklärte er einem blassen Mann, der an der linken Querseite des Tisches saß, wer der Neuankömmling war.
    Nachdem sich auch Watzlaff wieder gesetzt hatte, fuhr der Chefermittler mit der Vernehmung fort. »Sie haben dort oben also gezeltet«, stellte er fest und sah in ein unrasiertes Gesicht, das sich noch immer nicht von Häberles Hinweis erholt hatte, dass vergangene Nacht hier oben jemand ermordet worden sei.
    »Wie ich Ihnen bereits gesagt habe«, bestätigte der Mann. Er sei, so hatte er dem Chefermittler bereits erklärt, schon am Freitagnachmittag angereist, um das sonnige Wochenende auf dem Berg zu genießen. Dass er dies jedoch genauso gut an seinem Wohnort in Schattwald im Tannheimer Tal hätte tun können, wie Häberle einwandte, musste der Angesprochene zwar einräumen, doch begründete er den Ausflug in seine alte Heimat mit dem Sammeln von Fossilien.
    »Dazu ziehen Sie sich in die Einsamkeit zurück?«, hakte Häberle nach.
    »Ich bin ein Naturmensch«, lächelte Volker Lechner für einen Moment. Vor zehn Jahren, so hatte er Häberle zuvor erzählt, habe ihm sein Job als Immobilienmakler keinen Spaß mehr gemacht. Seither lebe er zurückgezogen als Bergbauer allein in einem alten Bauernhaus auf einer Almwiese hoch über Schattwald. Die Frage, ob man davon leben könne, hatte sich Häberle verkniffen, denn angesichts der Maklergebühren, die er jedoch nur vom Hörensagen kannte, dürfte der Mann schon bis zu seinem Lebensende ausgesorgt und seine Schäfchen ins Trockene gebracht haben. »Ja, Naturmensch«, wiederholte Lechner, nachdem der Kommissar

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