Glasklar
ergänzte: »Unbekannte Flugobjekte. Fliegende Untertassen also.«
»Falsch«, unterbrach Pettrich die Häme des Kriminalisten. »Unbekanntes Flugobjekt ist nicht gleich Fliegende Untertasse. Ein unbekanntes Flugobjekt ist nichts weiter als das, was es bezeichnet: eben ein unbekanntes Flugobjekt. Sonst nichts. Und dass da oben Dinge rumschwirren, die unbekannt sind – zumindest für den Normalbürger –, das dürfte doch unbestritten sein. Denken Sie nur an die Militärs und woran bei denen ständig gebastelt wird.«
Speckinger musste einräumen, dass diese Betrachtungsweise richtig war. »Haben Sie sich denn erkundigt, wozu er das gebraucht hat?«
»Natürlich. Das interessiert mich schließlich auch.«
»Und was hat er gesagt?«
»Dass er ein paar Tage zuvor ein ganzes Geschwader gesehen habe – im Formationsflug auf den Stuttgarter Flughafen zu.«
Speckinger grinste. »Mr. Spock lässt grüßen«, meinte er in Anspielung auf eine Kultfigur aus der legendären Fernsehserie ›Raumschiff Enterprise‹. Allerdings gehörte der Kommissar jener Generation an, die sich eher mit ›Raumschiff Orion‹ identifizierte, jener deutschen Science-Fiction-Fernsehserie, in der Dietmar Schönherr den ›Commander McLane‹ spielte. »Konnten Sie Heidenreich etwas bieten?«, fragte er schließlich.
»Nicht das, was er sich erhofft hatte. Ich hab zwar vieles im Angebot zum Thema UFO s, aber über Sichtungen aus jüngster Zeit war nichts dabei. Außerdem wollte ich mich auf keine Grundsatzdiskussion zu diesem Thema einlassen.«
Der Kriminalist überlegte, wie er die Kurve zum anderen Thema kriegen konnte: »Sie gelten als Eisenbahnfan«, fasste er kurz und knapp zusammen, worauf sofort ein Lächeln über Pettrichs rundes Gesicht huschte.
»Man merkt, dass Sie Kriminalist sind.«
»Hab ich recht? Sie interessieren sich für Raumfahrt und Eisenbahnen – das sind zwar ziemlich unterschiedliche Themenbereiche, aber es ist doch so?«
»Gut recherchiert, Herr Speckinger«, lobte Pettrich, fühlte sich geschmeichelt und rückte seine Brille zurecht. »Aber Sie verfolgen mit dieser Frage doch ein gewisses Ziel.«
»Leider, ja. Offenbar haben Sie dieselben Interessen wie Herr Heidenreich.«
Frau Pettrich wurde plötzlich energisch: »Und was wollen Sie damit sagen?«
»Gar nichts«, beschwichtigte Speckinger, »aber gemeinsame Interessen können doch zu, ja, sagen wir mal, angeregten Gesprächen führen.«
»Wir haben doch schon gesagt, dass Werner nicht sehr zugänglich war«, riss Frau Pettrich das Gespräch wieder an sich.
Speckinger ließ sich davon nicht beeindrucken, sondern wandte sich weiter an ihren Mann: »Wie ist denn Ihre Einstellung zu der Eisenbahngeschichte in Weilheim drüben?«
»Positiv. Absolut positiv. Deshalb hat Werner gleich gar nicht versucht, mich in seine Protestbewegung aufzunehmen. Wir brauchen den Tunnel zur Albhochfläche«, erklärte Pettrich schnell. »Viel zu lange hat man sich nicht um das deutsche Schienennetz gekümmert. Schauen Sie in die Schweiz – dort hat man so gut wie keine Strecken stillgelegt, sondern die Bahn modernisiert. Aber hier …« Pettrich winkte ab. »Vergessen Sie es.«
»Aber, ›Stuttgart 21‹ ist doch ein Schritt zur Modernisierung«, hielt Speckinger diesem Pessimismus entgegen.
»Kommt alles viel zu spät«, ließ sich Pettrich nicht beirren und rutschte nervös auf seinem Sessel hin und her. »Außerdem – so gut diese Modernisierung zwischen Stuttgart und Ulm auch sein mag. Letztlich wird man wieder den Nahverkehr auf der Schiene vernachlässigen. Oder glauben Sie im Ernst, die Bahn-Häuptlinge interessiert dann noch, was in Altbach, Ebersbach, Geislingen oder Lonsee abgeht?«
Speckinger nickte. Wahrscheinlich hatte Pettrich recht. Ihm kam das Lied von der ›Schwäbsche Eisebahn‹ in den Sinn, in dem von Stuttgart, Ulm und Biberach die Rede war – aber auch von den beiden Orten Meckenbeuren und Durlesbach, die den Bahn-Oberen im fernen Berlin gewiss genauso wurscht waren wie Biberach. Heute wurde in großen Magistralen gedacht. Paris-Wien-Budapest – oder noch weiter südostwärts. Schon Napoleon hatte in solchen Dimensionen gedacht, kam es Speckinger in den Sinn. Immerhin hatte er mal irgendwo gelesen, dass die Gemeinde Luizhausen droben auf der Alb exakt der Mittelpunkt zwischen Paris und Wien sein sollte, weshalb dort Napoleon auf dem Weg nach Wien in dem altehrwürdigen Gasthaus ›Löwen-Post‹ genächtigt habe. Der Kommissar spürte, dass er
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