Glasklar
normal. Ja, wirklich, normal.«
Speckinger bereute wieder einmal, das Angebot eines erfrischenden Mineralwassers nicht angenommen zu haben. »Dieser Werner Heidenreich ist ein ehemaliger Schulkamerad von Ihnen?«
»So ist es, ja.«
»Wie eng war Ihr Kontakt zu ihm?«
»Eng überhaupt nicht. Werner hat die Verbindung zu uns nach der Schulentlassung schnell abgebrochen. Erst letztes Jahr ist er plötzlich wieder aufgetaucht.«
»Was heißt das?«
»Bei unseren Klassentreffen.«
»Und sonst?«
Katrin Fellhauer dachte kurz nach. »Sonst war er wohl seit Langem bei dieser Bürgerinitiative gegen den Eisenbahnbau dabei – drüben in Weilheim.«
Der Kriminalist sank innerlich in sich zusammen. Alles längst bekannte Tatsachen, dachte er, um dann doch nachzuhaken: »Und welche Zusammenhänge ergeben sich daraus? Ich meine – zu Ihnen?«
Sie deutete ein Lächeln an. »Ich bin da auch dabei. Seit einem halben Jahr.«
»Ach!« Speckinger staunte. »Durch ihn – oder war das Zufall, dass Sie ihn dort getroffen haben?«
»Sowohl als auch. Ich hab mich von Anfang an gegen einen solchen Eingriff in die Landschaft gewehrt – und als ich dann an einem Treffen dieser Bürgerinitiative teilgenommen habe, hab ich Werner getroffen.«
»Und Sie sind mit ihm klargekommen?«
»Ja, natürlich. Warum sollte ich nicht?« Sie sah den Kriminalisten mit großen Augen an.
17.
Georg Sander fühlte sich ziemlich gestresst, als er gegen die tief stehende Sonne in Richtung Göppingen fuhr. Rechts vor ihm erhob sich der Hohenstaufen, der gerade an so einem Sommerabend besonders majestätisch aus dem hügeligen Voralbgebiet herausragte. Im Geiste malte sich der Lokaljournalist aus, wie die Pressekonferenz wieder in die Länge gezogen werden würde – durch eine lange Vorrede des Oberstaatsanwalts und weitere Bemerkungen des Direktionsleiters. Dabei war jetzt, am Sonntagabend, Eile angesagt, zumal allein schon der Rückweg auf dem noch nicht ausgebauten, ampelbestückten Teilstück der Bundesstraße 10 mindestens 45 Minuten in Anspruch nehmen würde.
Sander hatte ohnehin den Eindruck, dass nur Ausflügler vor ihm hertrödelten, die alle Zeit der Welt hatten. Als er endlich die Kreisstadt erreichte, brauchte er weitere zehn Minuten, bis er das Polizei-Karree erreicht hatte. Er parkte seinen Golf im Halteverbot, meldete sich vor dem großen automatischen Tor an der Sprechanlage und wurde eingelassen.
Die Pressekonferenz fand, wie bei spektakulären Fällen üblich, in einem der Lehrsäle statt. Sander kannte den Weg. Er traf auf altbekannte Gesichter – auf Pressesprecher Uli Stock, der blass und verschwitzt die Journalisten begrüßte, und auf einige Kollegen von den Stuttgarter Medien. In der Mitte des Raums hatte der neue regionale Fernsehsender ›Filstalwelle‹ eine Videokamera aufgebaut. Vorne saßen eine Praktikantin von ›Antenne Stuttgart‹ und eine Redakteurin des Südwestrundfunks.
Sander winkte ihnen freundlich zu und ging zu dem quer stehenden Tisch, an dem sich der Leitende Oberstaatsanwalt Ziegler, der Direktionsleiter Kauderer sowie die Kripochefin Manuela Maller und Pressesprecher Uli Stock niederließen. Häberle war weit und breit nicht zu sehen, stellte Sander einigermaßen enttäuscht fest und nahm in der dritten Reihe Platz. Wie immer war für annähernd 20 Journalisten bestuhlt, obwohl meist ein Bruchteil der Plätze ausgereicht hätte.
Nachdem Uli Stock die Medienvertreter begrüßt hatte, ergriff sogleich der Oberstaatsanwalt das Wort. Es schien so, als sei er aus beschaulicher Sonntagsruhe gerissen worden. Er hatte ein Blatt vor sich liegen, auf dessen Notizen er sich stützte. In kurzen Worten umriss er das Geschehen der vergangenen Nacht, wie es bereits in einer ersten Pressemitteilung per E-Mail dargestellt worden war. Dann endlich war Manuela Maller an der Reihe, die einen Schnellhefter aufschlug. »Ja, auch ich darf Sie begrüßen und danke Ihnen, dass Sie zu dieser ungewöhnlichen Zeit am Sonntag gekommen sind. Weil wir Sie mit aktuellen Erkenntnissen bedienen möchten, haben wir die ersten Ermittlungsergebnisse abgewartet.«
Sander nickte verständnisvoll, wollte damit aber gleichzeitig zum Ausdruck bringen, wie sehr er darauf drängte, dass man endlich das Gespräch auf den Punkt brachte.
»Um es gleich vorwegzunehmen«, machte Maller energisch weiter, »es hat bisher weder eine Festnahme gegeben noch eine heiße Spur zum Täter. Alles, was wir haben, ist die Tatwaffe – ein Küchenmesser
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