Glasscherbenviertel - Franken Krimi
aufgebrochen?«
»Am 17. November.«
»Und wann ist sie in der Türkei angekommen?«
»Das weiß ich nicht. Wir haben seither nichts mehr von ihr gehört.«
»Ihre Tochter fährt in die Türkei, und Sie erhalten weder einen Anruf noch eine E-Mail oder eine Karte, dass sie gut angekommen ist?«
Der Vater blickte Hackenholt ausdruckslos an.
»Hat sie denn ihr Handy nicht mitgenommen?«
»Nein, sie soll sich ganz auf die Familie konzentrieren. Außerdem gibt es dort keinen Empfang.«
»Warum befindet sich Ihre Tochter in der Türkei?«
»Sie wird einen Cousin heiraten.«
»Aber nicht zufällig Bülent Alkan?«, fragte Hackenholt.
Das Gesicht des Vaters wurde hart. »Den kenne ich nicht.«
»Wir dachten, Ihre Tochter wäre mit ihm verlobt?«
Azad Barzani schüttelte stumm den Kopf. Irgendetwas hielt Hackenholt davon ab, ihm von Bülent Alkans Tod zu erzählen. Eine innere Stimme sagte ihm, dass er die Tochter womöglich in Schwierigkeiten brachte, wenn er von ihren häufigen Anrufen auf dessen Handy berichtete. Stattdessen fragte er, wo Rojin gearbeitet hatte.
»Meine Tochter hat sich um die Kinder meiner jüngsten Schwester gekümmert, seit sie mit der Schule fertig war.«
Sofort nachdem sie das Haus der Barzanis verlassen hatten, zückte Hackenholt sein Handy und rief Stellfeldt im Büro an.
»Haben wir einen direkten Draht zu einem Kollegen in der Türkei?«
»Nicht, dass ich wüsste«, brummte Stellfeldt. »Warum?«
»Weil Rojin Barzani am 17. November von einem Freund der Familie mit dem Auto in die Türkei gebracht wurde. Behauptet zumindest ihr Vater.«
Stellfeldt stieß einen leisen Pfiff aus. »Was für ein Zufall, dass sie ausgerechnet am Tag, nachdem Bülent Alkan zum letzten Mal lebend gesehen wurde, verreist ist.«
»Eben. Das riecht mir ein bisschen zu sehr nach einem Braten. Ich denke, wir sollten uns die beiden Familien genauer anschauen.«
»Schon, allerdings gibt es dabei ein Problem: Ich kann von der Familie Alkan niemanden erreichen. Weder im Geschäft noch unter der Privatnummer geht jemand ran, und am Handy ist die Mailbox eingeschaltet.«
»Okay, dann übernehmen wir das und fahren von hier aus gleich weiter nach Lauf«, entschied Hackenholt.
Doch auch er sollte zunächst nicht mehr Erfolg haben. In der Richard-Wagner-Straße öffnete niemand, und die Schneiderei im EWS war ebenfalls verwaist. An der Innenseite der Glastür prangte ein Zettel: »Wegen Todesfall geschlossen.«
»Und jetzt?«, fragte Wünnenberg.
»Soweit ich mich erinnere, hat die Nachbarin gesagt, dass Damla Ünlü gleich nebenan bei einem Friseur arbeitet. Lass uns mal schauen, ob wenigstens sie da ist.«
Gemeinsam gingen sie die Ladenpassage ab, aber nachdem sie dort keinen Salon fanden, verließen sie das Gebäude und wandten sich nach links in Richtung Stadtzentrum. Bereits nach wenigen Schritten standen sie vor dem gesuchten Laden. Als Hackenholt die Tür öffnete, schlug ihm sofort eine feuchtwarme Wolke des unverkennbaren Geruchs nach Shampoo und Haarspray entgegen, die von lauten, das Summen der Haartrockner übertönenden Stimmen begleitet wurde. Die beiden Beamten gingen zur Empfangstheke und fragten nach Bülent Alkans Schwester.
»Haben Sie einen Termin?«, fragte die Blondine hinter dem Tresen, während sie Hackenholts Frisur musterte.
Er verneinte.
»Dann wird es –«
»Wir sind von der Kripo und müssen dringend mit Frau Ünlü sprechen.«
»Ach so. Tut mir leid, aber Damla hat sich für den Rest der Woche krankgemeldet.«
»Wissen Sie, wo wir sie antreffen können?«
Die Frau zuckte mit den Schultern. »Zu Hause, nehme ich an. Oder bei ihren Eltern.«
Hackenholt bedankte sich mit einem Nicken und verließ das Geschäft. Auf dem Bürgersteig rief er erneut in der Dienststelle an und bat Saskia Baumann, Damla Ünlüs genaue Anschrift aus den Akten herauszusuchen. Er selbst konnte sich nur noch daran erinnern, dass sie bei ihrer gestrigen Vernehmung eine Adresse in Hersbruck angegeben hatte.
Die junge Frau wohnte im dritten Stock eines großen Mehrfamilienhauses. Hackenholt klingelte, aber auch hier öffnete niemand die Tür. Als die Beamten jedoch zu ihrem Wagen zurückgingen, fuhr schnittig ein knallroter Smart vor, aus dem Damla Ünlü mit einem kleinen Jungen stieg.
»Das nenn ich mal Glück«, murmelte Wünnenberg.
Der Gesichtsausdruck der jungen Frau drückte hingegen das genaue Gegenteil aus, als sie die beiden Kripobeamten entdeckte.
»Was wollen Sie hier?«
»Wir haben
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