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Glasscherbenviertel - Franken Krimi

Glasscherbenviertel - Franken Krimi

Titel: Glasscherbenviertel - Franken Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Mohr
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und wieder gesagt, sie soll auf ihr Handy achtgeben und nach jeder SMS und jedem Anruf den Speicher löschen, damit niemand in ihrer Familie merkt, wie oft sie mit Bülent Kontakt hat. Sicher hat ihr Vater oder einer ihrer Brüder es ihr weggenommen. Sie sind dahintergekommen, dass sie mit Bülent weggehen wollte, und deswegen haben sie Bülent …« Der Rest des Satzes ging in lautem Schluchzen unter.
    »Warum durften sich Ihr Bruder und Rojin Barzani nicht treffen?«, fragte Hackenholt, nachdem sich Damla Ünlü wieder ein wenig beruhigt hatte.
    »Rojin ist Jesidin.«
    Hackenholt warf Wünnenberg einen kurzen Blick zu, der ihn mit einem ratlosen Schulterzucken erwiderte. Jesiden waren ihm bislang allenfalls in Karl-May-Büchern begegnet.
    »Ich verstehe nicht«, wandte sich Hackenholt wieder an die junge Frau. »Was bedeutet das?«
    »Wir sind Moslems. Die Barzanis sind Kurden jesidischen Glaubens. Jesiden müssen unter sich bleiben. Als die beiden sich kennenlernten, tolerierten Rojins Eltern die Beziehung nicht. Auch Papa hat sich deshalb öfter mit Onkel Köksal besprochen und Bülent dann befohlen, den Kontakt zu Rojin abzubrechen. Außerdem hat er ihn gezwungen, seine Arbeit aufzugeben, um bei Yilmaz-Logistics anzufangen, damit er möglichst viel unterwegs ist. Papa dachte, Bülent würde Rojin mit der Zeit vergessen, sodass sich das Problem von allein erledigt.«
    »Wir haben versucht, Kontakt mit der Freundin Ihres Bruders aufzunehmen, aber ihre Familie hat uns gesagt, sie wäre in die Türkei zu ihrem Verlobten gereist, um ihn zu heiraten.«
    »Arme Rojin. Da sehen Sie es: Ich liege mit meiner Vermutung goldrichtig. Ihr Vater hat herausbekommen, dass sie sich mit Bülent trifft, hat Bülent deswegen umgebracht und Rojin in die Türkei verheiratet. Falls sie überhaupt noch lebt«, murmelte Damla Ünlü leise, während sie ihren Sohn fest umklammerte. »Es würde mich nicht wundern, wenn er sie ebenfalls getötet hat. Sie hat die Familienehre beschmutzt, indem sie sich dem Willen ihres Vaters und ihrer Brüder widersetzt hat. In sehr gläubigen Familien wie ihrer wird das nicht geduldet.«
    »Lassen Sie uns noch einmal zu der Kündigung in der Spedition Yilmaz zurückkehren. Sie sagten, Ihr Bruder hätte das Beschäftigungsverhältnis von sich aus beendet?«
    »Bülent hat sich dort nie wohlgefühlt. Er wollte hier sein, in der Nähe von Rojin.«
    »Warum hat er dann überhaupt den Arbeitgeber gewechselt?«
    »Papa hat ihn dazu gezwungen.«
    »Womit?«
    »Er hat ihm gedroht, er würde Onkel Köksal sonst bitten, ihn in der Türkei bei seiner Familie unterzubringen.«
    »Halten Sie es für möglich, dass Rojin Barzani und Ihr Bruder gemeinsam in die Türkei gehen wollten?«
    Ohne nachzudenken, schüttelte Damla Ünlü den Kopf. »Beide sind hier in Deutschland geboren – so wie ich auch. Sie kennen die Türkei nur aus dem Urlaub. Das Land ist für uns eine völlig fremde Welt, in der wir nicht leben wollen. Bülent hat es gehasst, wenn er mit dem Lastwagen in die Heimat fahren musste.«
    »Ich habe noch eine andere Frage: Hatte Ihr Bruder jemals etwas mit Drogen zu tun?«
    Sie seufzte. »Er hat manchmal was geraucht.«
    »Aber er hat nicht hin und wieder als Drogenkurier gearbeitet?«
    »Wie kommen Sie denn darauf?«, fragte die junge Frau entsetzt.
    »Die Balkanroute ist eine klassische Schmuggelstrecke.«
    Sie machte eine abwehrende Geste. »Mit so etwas hatte Bülent mit Sicherheit nichts am Hut.«
    »Ihr Bruder hat kurz vor seinem Tod mehr als achtzehntausend Euro von seinem Konto abgehoben. Können Sie sich erklären, wie er zu so viel Geld kam? Als Lastwagenfahrer verdient man eigentlich eher nicht so viel.«
    »Achtzehntausend Euro?«, hauchte Damla Ünlü. »Das kann nicht sein, ich habe ihm doch ständig etwas borgen müssen. Immer war er im Minus.«
    »Kann er irgendetwas verkauft haben, wofür er hohe Beträge bekommen hat?«
    Wieder schüttelte sie nachdrücklich den Kopf. »Er hatte nichts Wertvolles. Alles, was er besaß, war nur billiges Zeug. Onkel Köksal hat unseren Vater andauernd gedrängt, Bülent und mich kurzzuhalten, damit wir bloß nichts Unmoralisches anstellen«, schnaubte sie.
    »Ihr Onkel scheint viel Einfluss auf Ihre Familie zu haben.«
    »Ja, leider. Meine Mutter stammt aus einer wohlhabenden Familie. Sie war für meinen Vater eine gute Partie, obwohl sie die jüngste von vier Töchtern war. Da ihr eigener Vater früh gestorben ist, wurde ihr Bruder das Familienoberhaupt –

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