Glasscherbenviertel - Franken Krimi
hast mal wieder nach Häusern gesucht?«
»Nein, das war die Überraschung, die deine lieben Kollegen eigentlich für uns vorbereitet hatten: Sie wollten uns bei der Haussuche unterstützen. Jeder hat in seiner Umgebung nach leer stehenden Objekten gefahndet.«
»Und? Ist etwas Brauchbares dabei?«, fragte er vorsichtig, da er Sophies Tonfall nicht deuten konnte.
»Absolut, wenn man auf Superlative steht: Vom verfallensten Kuhstall aller Zeiten – er ist für schlappe fünfhundert Euro zu haben – bis zum modernsten Niedrigenergiehaus de luxe mit Einliegerwohnung für das Dienstpersonal – den Preis willst du gar nicht wissen – ist jede Höchststufe vertreten.«
Sonntag
Als Hackenholt am Sonntagmorgen aufstand, saß Sophie in eine Decke gehüllt auf dem Sofa im Wohnzimmer. Es war ein Wintertag wie aus dem Bilderbuch: Zum Fenster schien die Sonne herein, Schnee glitzerte auf Bäumen und Zäunen, und im Kachelofen knackte ein Holzscheit.
»Guten Morgen. Du bist schon auf?«
Sophie reagierte nicht. Auf dem Fußboden vor ihr lagen geöffnete Pappschächtelchen, aufgerissene Kunststoffverpackungen und zusammengeknüllte Gebrauchsanweisungen. Auf einem kleinen Hocker lagen aufgereiht neun Schwangerschaftstests. Den zehnten hielt sie in der Hand und starrte gebannt auf das kleine Anzeigefeld.
Hackenholt setzte sich neben sie und küsste sie auf die Augenbraue. Wortlos hielt ihm Sophie den letzten Test hin. In dem kleinen Fenster war ein schwarzes Plus zu sehen.
»Und was bedeutet das?«
Da Sophie noch immer schwieg, nahm er eine der zerknüllten Packungsbeilagen, strich sie auf seinem Knie glatt und überflog den Text neben den Bildern.
»Irgendetwas muss mit den Dingern defekt sein«, murmelte Sophie schließlich. »Sie zeigen alle dasselbe Ergebnis.«
»Heißt das, wir bekommen ein Kind?«
»Aber das muss ein Fehler sein! Das Ergebnis kann einfach nicht stimmen. Vielleicht wurden in der Anweisung versehentlich die Zeichen vertauscht, oder die Tests sind uralt und funktionieren nicht mehr richtig.«
Hackenholt bückte sich, hob eine Verpackung vom Boden auf und suchte nach dem Mindesthaltbarkeitsdatum – es lag zwei Jahre in der Zukunft.
Sophie seufzte. »Oder die Chemikalien reagieren auf die Hormone, die die Pille enthält.«
»Ich denke, das ist ziemlich unwahrscheinlich.«
»Aber –«
»Warum bist du überhaupt so überzeugt, dass das Ergebnis nicht stimmt? Willst du es nicht?« Hackenholt sah sie prüfend an, dann nahm er sie in die Arme und drückte sie an sich. »Ich finde das absolut phantastisch.«
»Aber das war doch nicht geplant.«
»Nun ja, unter Umständen ist gerade das der Grund, warum es passiert ist. Schau dir mal unsere Haussuche an: Die dauert nun schon so lange, und wir werden dabei immer verbissener. Vielleicht sollten wir einfach mal abwarten, was sich uns anbietet. Und deine Schwangerschaft ist das Zeichen dafür.«
»Wie soll das denn bitte funktionieren? Man kann doch nichts finden, wenn man nicht danach sucht.«
»Das sehe ich anders. Manchmal stolpert man über etwas, gerade weil man nicht danach sucht. Nach Svenjas Tod hatte ich mit dem Thema Partnerschaft abgeschlossen – weil es so enorm wehgetan hat, sie zu verlieren. Dann bist du eines schönen Tages in mein Leben gepurzelt. Völlig ungewollt und ungeplant. Das war das Beste, was mir passieren konnte, und wenn wir jetzt ein Kind bekommen, macht das unser Leben perfekt. Ich glaube, insgeheim wollte ich schon immer eine richtige Familie. Ein Kind ist schließlich die schönste Form einer Verbindung zwischen Mann und Frau.«
Sophie sah ihn lange stumm an. »Aber ich fühle nichts.«
»Das wird bestimmt noch kommen, wenn dir nicht mehr ständig übel ist.« Er machte eine Pause und fuhr ihr durch die Haare. »Versprich mir, dass du morgen zum Arzt gehst, ja?«
»Begleitest du mich, wenn ich einen späten Termin ausmache?«
»Natürlich, wenn du möchtest.«
»Und was steht heute auf dem Programm?«
»Es kann sein, dass ich am Abend nach Eichstätt muss.«
»Aber bis dahin hast du frei?«
Hackenholt zögerte kurz. »Gestern hat ein ehemaliger Kollege aus Münster angerufen. Er ist dieses Wochenende überraschend in Nürnberg und will sich mit mir treffen. Ich habe um fünfzehn Uhr an der Krippe auf dem Christkindlesmarkt vorgeschlagen – in der Hoffnung, dass du Zeit hast und mitkommen willst.« Er seufzte. »Eigentlich habe ich überhaupt keine Lust dazu. Peter hat am Telefon irgendetwas von einem Fall von
Weitere Kostenlose Bücher