Glasscherbenviertel - Franken Krimi
bringen, schmetterte sie mit einsilbigen Antworten ab. Schließlich wurde Hackenholt vom Klingeln seines Handys aus seiner Not gerettet. Es war die Hauptkommissarin aus Schwabach.
»Lisbet, es ist gerade ganz ungünstig. Kann ich dich später zurückrufen?«, fragte er dennoch pflichtschuldig.
»Natürlich. Ich wollte dir nur kurz sagen, dass es kein Selbstmord, sondern ein Tötungsdelikt war.«
»Was?«
»Peter Renner hat sich nicht umgebracht. Er wurde ermordet. Der Rechtsmediziner hat Anzeichen dafür gefunden, dass er erst niedergeschlagen und dann unter Wasser gedrückt wurde.«
»Bleibst du bitte mal einen Moment dran?« Hackenholt warf Sophie einen Blick zu, die die Augen verdrehte, aber nickte. Er stand auf und ging raschen Schritts vor die Tür der Arztpraxis. »So, jetzt noch mal. Was genau spricht für ein Gewaltverbrechen? Was ist, wenn er nur baden wollte? Könnt ihr ausschließen, dass er in betrunkenem Zustand gestürzt und mit dem Kopf so unglücklich aufgeschlagen ist, dass er bewusstlos in die Wanne fiel?«
»Mitsamt dem eingeschalteten Rasierapparat? Obwohl er sich noch kein Härchen rasiert hatte? Noch dazu angezogen?«
»Ich weiß, dass es unwahrscheinlich klingt – aber könnt ihr das ausschließen?«
»Ja. Er hat Hämatome am Hinterkopf und vorne an den Schultern, auf Höhe der Schlüsselbeine. Er wurde unter Wasser gedrückt.«
»Gibt es schon einen Verdacht, wer es gewesen sein könnte?«
»Nicht den geringsten. Wie denn auch? Morgen lasse ich erst einmal sein Zimmer von der Spurensicherung durchkämmen, die haben sich bislang nur das Bad vorgenommen. Bloß gut, dass wir den Raum vorläufig versiegelt haben. Ich hatte bereits heute Mittag ein komisches Bauchgefühl. Wäre es nach dem Geschäftsführer vom Hotel gegangen, wäre das Zimmer längst wieder mit neuen Gästen belegt, zum Glück habe ich dagegengehalten.« Sie machte eine Pause, Papier raschelte im Hintergrund. »Da ist noch etwas: Wir haben kein Handy bei ihm gefunden.«
»Das kann nicht sein! Er hat mich doch vorgestern damit angerufen.«
»Möglich, aber heute war nirgendwo eins zu finden.« Belzl ließ sich nichts einreden.
»Woher wusstest du dann, dass ich ihn kenne?«
»Die Dame am Empfang hat mir deine Nachricht von gestern Abend ausgehändigt, und ›Frank Hackenholt‹ ist hier bei uns in Franken ja nicht gerade ein gängiger Name.« Belzl hielt erneut kurz inne, dann fügte sie hinzu: »In seiner Brieftasche war übrigens kein einziger Geldschein. Und auch kein Dienstausweis.«
Der Hauptkommissar schürzte die Lippen.
»Verstehst du nun, was mich heute Mittag schon so stutzig gemacht hat?«
»Verfluchter Mist! Ich hätte mich am Samstagabend doch noch mit ihm treffen sollen. Dann wüsste ich jetzt, was er so Dringendes von mir gewollt hat. Ob er geahnt hat, dass er in Gefahr war?«
»Das ist völliger Blödsinn. Keiner von uns würde argwöhnen, dass uns jemand etwas Böses will. Wir sind Kripobeamte und keine Spielfilmhelden! Im echten Leben passiert so etwas nicht«, bremste Belzl Hackenholt sofort. »Und wer weiß, ob es da nicht bereits zu spät gewesen wäre. Dr. Puellen denkt, dass er irgendwann zwischen Samstagspätnachmittag und Sonntagmorgen gestorben ist.«
Plötzlich erinnerte sich Hackenholt, wo er war. »Lisbet, ich muss Schluss machen. Ich melde mich morgen früh wieder, ja?« Hastig legte er auf und ging zurück in die Arztpraxis.
Sophie saß nicht mehr im Wartezimmer. Die Sprechstundenhilfe bedachte ihn mit einem genervten Blick, als sie ihm mitteilte, dass Handys in der Praxis auszuschalten seien, dann führte sie ihn ins Behandlungszimmer, wo Sophie mit entblößtem Bauch auf einer Liege lag.
»Das nenne ich Timing«, brummte der Arzt, während er kurz aufblickte und Hackenholt musterte. »Ich dachte schon, Sie wollen nicht dabei sein, wenn wir uns Ihr Kind zum ersten Mal anschauen.«
Er wandte sich wieder Sophie zu und verteilte großzügig Ultraschallgel auf ihrem Bauch. Hackenholt trat zu ihr und setzte sich auf einen Stuhl am Kopfteil neben der Liege. Kurze Zeit später wagte er seinen Augen nicht zu trauen, als er auf dem Monitor ein wurmähnliches Etwas erblickte, dessen kleines Herz rasend schnell schlug.
»Von der Größe und Entwicklung Ihres Kindes her wie auch den von Ihnen geschilderten Umständen würde ich sagen, dass Sie sich in der siebten bis achten Schwangerschaftswoche befinden. Für den Embryo ist das ein bedeutender Entwicklungsabschnitt, denn bis zur zehnten
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