Glasscherbenviertel - Franken Krimi
nicht mehr umrühren konnte. Fasziniert beobachtete Hackenholt, wie sie den Becher mit ruhiger Hand zum Mund führte und einen großen Schluck trank, ohne dabei einen Tropfen zu verschütten. Anschließend versenkte sie zwei Stück Würfelzucker in ihrem Getränk und stellte es auf Hackenholts Schreibtisch.
»Was ich dir zu sagen habe, haut dich wahrscheinlich um. Ich denke, es ist besser, wenn du dich in weiser Voraussicht hinsetzt.«
Gespannt schenkte Hackenholt sich selbst ebenfalls eine Tasse Kaffee ein, bevor er Platz nahm und seine Kollegin auffordernd anschaute.
»Zwischen deinem Toten in der Denisstraße und meinem in Schwabach besteht ein Zusammenhang.«
»Wie kommst du denn darauf?«, fragte er entgeistert.
»Es gibt übereinstimmende Fingerabdrücke an beiden Tatorten. Deswegen bin ich hergekommen: Ich muss wissen, wo genau ihr sie gefunden habt. Waren sie an einem tatrelevanten Gegenstand oder an etwas Zweitrangigem? Haben wir es mit ein und demselben Täter zu tun, oder gibt es lediglich eine Person, die beide Opfer kannte und sie besucht hat?«
»Letzteres halte ich für ausgeschlossen. Peter Renner war bloß für ein paar Tage in Schwabach. Ich glaube nicht, dass er schon jemals zuvor in Mittelfranken war. Er kannte hier niemanden, und von Köksal Aguzüm hatte er mit Sicherheit noch nie etwas gehört.«
»Von wem?«
»Aguzüm ist unser Tatverdächtiger Nummer eins: der Onkel des Ermordeten. Er ist Prediger in einer türkischen Gemeinde. Wir gehen davon aus, dass er Bülent Alkan umgebracht hat, weil sich sein Neffe seinen und den Weisungen seines Vaters widersetzt hat und mit seiner Freundin abhauen wollte.«
»Welche Abdrücke habt ihr ihm zugeordnet?«
»Diese hier.« Hackenholt legte ihr ein Formblatt vor.
»Das sind nicht die, die übereinstimmen.« Die Hauptkommissarin entnahm ihrem Ordner ein anderes Formular. »Ich rede von denen hier. Wo habt ihr diese Fingerabdrücke gefunden?«
Hackenholt zog sich die Akten heran, schlug die Lichtbildmappe auf und zeigte seiner Kollegin die Fotografien von Bülent Alkans Wohnung. »Nur damit du eine Vorstellung davon bekommst, wie der Tatort ausgesehen hat.«
»Puh! Da hat jemand ganze Arbeit geleistet!« Belzl blähte die Wangen auf. »Aber wo waren jetzt die Abdrücke?«
»In der Küche, im Bad, im Wohnraum.«
»Das kann alles und gar nichts bedeuten, nicht wahr?«, seufzte die Beamtin.
Hackenholt nickte. »Bislang sind wir davon ausgegangen, dass sie von einem Freund stammen. Jemand, der öfter bei Bülent Alkan vorbeigeschaut hat. Seine Freundin hat uns erzählt, dass er Besuch mochte und häufig welchen bekam.«
»Dein Opfer hat aber nicht zufällig im Strichermilieu verkehrt oder etwas mit Drogen zu tun?«
»Warum fragst du nach Drogen?« Hackenholt wurde hellhörig.
»Viele Stricher gehen nur anschaffen, um sich den nächsten Schuss zu finanzieren. Vielleicht hat unser Unbekannter seinen Stoff ja von deinem Toten bezogen? Oder sie haben immer mal wieder gemeinsam konsumiert?«
»Bülent Alkan hat nur hin und wieder etwas geraucht. Das hat ein Zeuge behauptet, und das konnten wir in einer Haarprobe auch nachweisen. Dafür, dass er irgendetwas vercheckt hat, gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Zwar haben wir es anfänglich für möglich gehalten, weil er öfter die Balkanroute in die Türkei gefahren ist, aber der Verdacht hat sich schlussendlich nicht erhärtet.«
»Woher willst du eigentlich so genau wissen, dass Peter Renner hier niemanden außer dir gekannt hat?«
»Weil es bei seinen Anrufen so klang, als ob er völlig auf sich gestellt wäre und meine Hilfe bräuchte. Hätte er in Mittelfranken noch andere Bekannte gehabt, hätte er sich doch auch an sie wenden können.«
»Aber von dir wollte er etwas Dienstliches wissen, das ist etwas anderes.«
»Beschwören kann ich meine Vermutung, dass er mich wegen dem Fall von damals sprechen wollte, natürlich nicht.« Hackenholt schnitt eine Grimasse.
»Welch Glanz in unserer bescheidenen Hütte!«, tönte es plötzlich von der Tür her. Mur stand auf dem Flur und sah neugierig in Hackenholts Zimmer. »Was machst du denn hier, Lisbet? Wilderst du auf fremdem Terrain, weil dir in deinem die Arbeit ausgeht?«
»Komm mal rein, Christine.« Hackenholt winkte die Kollegin zu sich. »Lisbet hat Fingerabdrücke gefunden.«
Mur legte den Kopf schief. »Das soll in unserem Beruf gelegentlich vorkommen. Aber sicher hat nicht Lisbet sie entdeckt, sondern ihre fleißigen Bienchen vom K3, die
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