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Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Titel: Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Meurer
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Tränen rannen über ihre Wangen.
    Kühle Hände legten sich auf ihren Rücken und Olympia erwiderte die Umarmung. Etwas daran fühlte sich falsch an. Im ersten Moment konnte sie nicht genau bestimmen, was es war, nur sehr langsam sickerte es in ihren Verstand. Unter ihren Fingern spürte sie kein weiches Fleisch, sondern etwas Hartes wie Holz oder Metall. Olympias Berührung kam auch nicht impulsiv, sondern eher zögernd. Ein leises Rasseln wie von Ketten begleitete jede Bewegung.
    Erschrocken ließ Camilla sie los und entzog sich der Maschinenfrau. Sie vergegenwärtigte sich, dass dieses Wesen eine frühe Form eines Roboters war, aus Holz, Draht, Kettenwerken und Zahnrädern. Obwohl Hoffmann die Beschreibung der Olimpia in seinem Buch vage gehalten hatte, füllte Camillas Fantasie die Lücken auf. Vergleiche zu anderen Büchern drängten sich auf. Sie befand sich inmitten einer finsteren Steampunk -Welt. Schaudernd wich sie zurück. Der Blick, der sie traf, drückte Bedauern aus.
    »Du bist nicht Theresa, oder?«, fragte Camilla vorsichtig, während sie zu Chris zurücktrat.
    »Ja und nein«, antwortete Olympia mit einer Stimme, die Theresas nicht unähnlich war. Sehr leise tönte ein mechanisches Klicken und Klappern darin. Durch den Klang der Worte war sie so abgelenkt von dem Inhalt, dass sie noch einmal nachfragte.
    Olympia hielt die Öllampe etwas niedriger und machte eine einladende Handbewegung. »Lasst uns bitte drinnen weiterreden.«
     
    Das Innenleben des Hauses entsprach Olympias Auftreten. Camilla fand sich neben Chris in einem hübsch eingerichteten Salon wieder, der in seiner Verspieltheit dem Rokoko nachempfunden war. Zierliche Sessel und ein kleines Sofa standen um einen runden Tisch herum, den eine feine Spitzendecke zierte. Einzig ein voluminöser Rosenstrauß fehlte Camilla darauf. An den verblichenen Seidentapeten hingen Blumenminiaturen in ovalen, vergoldeten Holzrahmen. Dazwischen erhob sich eine schlanke Pendeluhr mit einem Ziffernblatt aus bemalter Emaille. Zum ersten Mal konnte Camilla die Zeit ablesen. Tatsächlich war es mitten in der Nacht. Die fein ziselierten Zeiger gingen auf elf Uhr zu.
    Sie betrachtete einige Sekunden lang die kleinen Porzellanfiguren, die auf einem eleganten Sekretär standen. In ihrer Gesamtheit stellten sie eine Jagdszene nach. Einige Männer saßen auf den Rücken ihrer Pferde, während Jagdbegleiter sich um die Hunde kümmerten.
    Eigentlich empfand sie das alles als unerträglichen Kitsch, aber im Umfeld dieses schönen und gepflegten Barockgebäudes passte alles zueinander. Es wirkte wie das Spiegelbild der Besitzerin. Olympia verströmte das Flair lebendiger Geschichte. Sie konnte kaum sagen, ob sie sich von Olympia angezogen oder abgestoßen fühlen sollte. Die Frau war schmerzhaft schön und trat lebendig und warmherzig auf, sodass Camilla bei ihrem Anblick vergaß, was sie war. Die Vorstellung, dass in ihr kein Herz schlug, sondern ein fein verzahntes Räderwerk lief, erschreckte sie. Sie beobachtete die natürlichen Bewegungen und die ausdrucksstarke Mimik. War es nur eine Kopie der menschlichen Natur oder hatten die Seelen Olympia zu einem Lebewesen gemacht? Camilla konnte ihre Blicke kaum von der lebenden Puppe abwenden. Fasziniert sah sie zu, wie Olympia den kleinen Kristallkronleuchter über der Sitzgruppe herabließ und Kerzen entzündete. Winzige Regenbogen huschten über ihr weißes Gewand und die Wände, als sich die Gemmen beim Hinaufziehen bewegten. Camilla betrachtete das Lichtspiel. Schließlich sah sie zu Chris, der überhaupt nicht in das Bild des Raumes passte. Er beobachtete sie anscheinend schon seit einer Weile.
    »Setzt euch bitte.« Olympia wies auf die Sessel.
    Camilla folgte der Aufforderung. Neugier erwachte, schon immer hatte sie wissen wollen, wie tief man in solchen Kissen versank. Ein wenig enttäuscht stellte sie fest, dass sich ein Polsterer dieser Möbelstücke angenommen hatte. Die Federung funktionierte nicht nur gut, sondern war wesentlich fester als jene in Chris’ Sofa. Dennoch war es interessant, sich zu fühlen wie ein Fräulein von damals. Allerdings passten Chris’ Kleider, die er ihr ausgeliehen hatte, die rot-schwarz gestreifte Hose und der weite Wollpulli, nicht hierher. Sie beobachtete aus dem Augenwinkel, wie vorsichtig sich Chris setzte. Er legte sogar den Kettengürtel ab, um den Seidenstoff nicht zu beschädigen.
    Olympia verfolgte jede seiner unsicheren, kleinen Bewegungen mit strengem Blick. Die Art, wie

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